Bei diesem Thema gibt es häufig Verunsicherung. Es wird nicht korrekt zwischen Verpflichtung und Umsetzung unterschieden. Erschwerend kommt hinzu, dass in den verschiedenen Bereichen für dieselbe technische Maßnahme unterschiedliche Begriffe verwendet werden.
Zunächst ist festzustellen, dass die Anwendung der Normen von Gesetzes wegen nicht immer verpflichtend ist. Bei den hier betrachteten Fragestellungen geht es um die Sicherheit der Anlagen und um den Schutz der Personen und Gebäude. Sollte es zu einem Schaden kommen z.B. nach einem Blitzeinschlag in eine Antenne, so wird bei Personenschaden die Staatsanwaltschaft, bei Sachschaden die Sachversicherung genau untersuchen, ob die einschlägigen Sicherheitsmaßnahmen vorhanden und in Betrieb waren. Wurden bei der Errichtung der Anlage die VDE-Normen eingehalten, wird unterstellt, dass alle üblichen technischen Maßnahmen umgesetzt wurden, und der Eigentümer, Errichter oder Betreiber werden nicht weiter belangt. Wurden hingegen die Normen nicht oder nur unvollständig berücksichtigt, muss der Errichter, ggf. der Eigentümer oder Betreiber, nachweisen, dass er andere Maßnahmen gewählt und umgesetzt hat, um das gewünschte Schutzziel zu erreichen. Kurz: Es liegt im eigenen Interesse, die Vorgaben der VDE-Normen zu berücksichtigen.
Beim Blitzschutz hingegen gibt es in einigen Fällen die Verpflichtung, eine Blitzschutzanlage zu errichten, z.B. bei Gebäuden mit großen Personenansammlungen (Versammlungsstätten), Gebäude mit Personen, die im Falle eines Brandes Unterstützung benötigen (Kindergarten, Schule, Krankenhaus). Diese Verpflichtung wird von den Behörden z.B. in der Baugenehmigung ausgesprochen. Auch kann seitens der Sachversicherer eine Blitzschutzanlage gefordert werden. Kommt der Versicherungsnehmer dieser Forderung nicht nach, verliert er den Versicherungsschutz. Aber auch hier gilt: In der Regel ist es dem Errichter freigestellt, ob er die entsprechenden VDE-Normen zum Blitzschutz anwendet.
Kommen wir zur Unterscheidung, in welchen Fällen die Normen zum Blitzschutz bzw. die zur Antennenerdung anzuwenden sind, und die ist ganz einfach: Blitzschutz bezieht sich immer auf Gebäude oder ähnliche Objekte. Wird eine Antenne auf einem Gebäude mit Blitzschutzanlage errichtet, dann sind sowohl die Blitzschutznormen VDE 0185-305 als auch die Antennenerrichtungsnormen VDE 0855 anzuwenden. In allen anderen Fällen sind die Normen zur Antennenerriichtung VDE 0855 maßgeblich. Dabei wird übrigens zwischen Empfangsanlagen (VDE 0855-1) und Sende-/Empfangsanlagen (VDE 0855-300) unterschieden.
Leider gibt es auch Verwirrung durch unterschiedliche Bedeutung von Begriffen. Der technische Sachverhalt in beiden Normenbereichen ist aber derselbe: Antennen müssen immer in den Potentialausgleich einbezogen werden, und die bei einem Einschlag in die Antenne auftretenden Blitzströme müssen sicher in die Erde abgeleitet werden. Der Unterschied der beiden Maßnahmen zeigt sich in der Praxis im Leitungsquerschnitt: Leitungen, die Blitzströme führen, sind "dick" - hier spricht man auch vom Blitzschutzpotentialausgleich -, Leitungen für den Potentialausgleich sind "dünn". Typische Querschnitte für blitzstromdurchflossene Kupferleiter sind 50 mm² (VDE 0185-305-3) bzw. 16 mm² (VDE 0855-1), bei Potentialausgleich 6 mm², teilweise 16 mm² (VDE 0185-305-3) bzw. 4 mm² (VDE 0855-1).
Die technischen Maßnahmen sind in den Normen im Detail beschrieben. Ich möchte nur zwei Punkte hervorheben:
Wurde eine Antenne so installiert, dass ein Blitz direkt einschlagen kann, dann muss man mit Blitzströmen auf dem Antennenkabel rechnen. Aus Blitzschutzsicht sollte diese Situation vermieden werden, indem die Antenne - z.B. eine SAT-Schüssel - in einem geschützten Bereich an der Gebäudewand oder im Garten installiert wird. Dieser geschützte Bereich kann auch durch eine Fangstange hergestellt werden, die mit isolierenden Abstandhaltern am Antennenmast befestigt wird und diesen leicht überragt. Die Erdung der Blitzströme erfolgt dann über eine "Erdungsleitung", die mit der Fangstange verbunden ist. Der Mast selbst wird an den Potentialausgleich angeschlossen. Diese beiden Leitungen dürfen im Dachbereich natürlich nicht miteinander verbunden werden.In der Antennennorm wird beschrieben, dass alle metallenen Teile der Antennenanlage in den Potentialausgleich einbezogen werden müssen. So sind z.B. bei einer SAT-Anlage der Mast, die SAT-Antenne und die Schirme der Antennenkabel (!) miteinander zu verbinden.
Weitere Diskussionen treten immer dann auf, wenn bestehende Anlagen umgerüstet oder erweitert werden sollen. Hier stellt sich die Frage, für welche Teile der Anlage die aktuellen Normen anzuwenden sind. Eine besondere Vorgehensweise ist notwendig bei der Planung von Antennenanlagen auf Gebäuden ohne Blitzschutzanlage, wenn üblicherweise diese Gebäude von Amts wegen über eine Blitzschutzanlage verfügen müssten. Zu diesem gesamten Fragenkomplex entstand in Zusammenarbeit mit den Mobilfunkunternehmen in Deutschland ein 7-seitiges Merkblatt, das unter www.vde.com/blitzschutzfunksysteme heruntergeladen werden kann.