Damit die Transformation von Big Health Data in Smart Health Data gelingt, müssen einige Voraussetzungen geschaffen werden: Die elektronische Patientenakte (EPA) als eine der wichtigsten Datenquellen sollte auf strukturierten maschinenlesbaren Daten basieren und so eine hohe Datenqualität bieten. Weitere Daten aus den unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitssektors müssen zusammengeführt werden, ohne dass Daten verloren gehen oder die Integration zu aufwendig wird. Der Fortschritt bei der Rechenleistung, den Internetbandbreiten und den Datenspeichern muss die notwendige technische Unterstützung bieten. Und Konzepte wie künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen, die mittlerweile weit über das experimentelle Versuchsstadium hinaus gehen, ermöglichen erst Zukunftstrends wie kognitive Systeme, Clinical Decision Support Systeme und prädiktives Modelling [1]. Wie bewältigen internationale Gesundheitsmärkte die Herausforderungen der Digitalisierung in der Medizin? Und wie lassen sich mit Smart Health Data Prozesse im Gesundheitssektor effizienter und wirtschaftlicher gestalten? Ein Blick in die USA, nach Großbritannien und Deutschland gibt Antworten.
Digitalisierung in der Medizin – der internationale Ansatz
Netzwerke aus Kliniken und Forschungsinstitutionen arbeiten in den USA zusammen
Im größten Gesundheitsmarkt der Welt, den USA, gibt es zahlreiche Netzwerke aus Kliniken und Forschungsinstitutionen. Diese führen Datenanalyse, Maschinelles Lernen und Medizinische Informatik zusammen. Ein Beispiel ist die Pittsburgh Health Data Alliance [2], bestehend aus der Carnegie Mellon University, der University of Pittsburgh und dem University of Pittsburgh Medical Center. Das Konsortium analysiert Gesundheitsdaten aus der EPA, der diagnostischen Bildgebung, den Genomprofilen, den Versicherungsdaten und den Daten von Wearables. Mit den Analyseergebnissen lassen sich individuelle Gesundheitsrisiken bewerten und auf den einzelnen Patienten zugeschnittenen Therapieempfehlungen erstellen. Langfristig soll ein automatisiertes System für die Diagnoseerstellung geschaffen werden, das die Gesundheitsdaten eines Patienten mit der verfügbaren medizinischen Literatur abgleicht. Das Indianapolis Network for Patient Care (INPC) wurde bereits 1995 mit dem Ziel gegründet, Ärzte vor Ort mit den notwenigen Daten für die Krankheitsdiagnose und die Behandlung von Patienten zu versorgen. Inzwischen hat das Netzwerk klinische Daten und Versicherungsdaten von 17 Millionen Patienten gesammelt [3]. Auf Basis dieser Daten hat das Regenstrief Institute in Indianapolis in einer Partnerschaft mit dem Pharmakonzern Merck über fünf Jahre zahlreiche Big-Data-Projekte durchgeführt [4].
In Großbritannien kooperieren Staat, Industrie und Kliniken
In Großbritannien verfolgt der National Health Service (NHS) eine Strategie zur digitalen Transformation. Trotz der Investitionssumme von über 4 Milliarden britischen Pfund [5] befassten sich einige Projekte in den über 200 NHS Trusts in Zusammenarbeit mit der Industrie damit, Lösungen zu etablieren, welche die Kosten des Transformationsprozesses senken können. So hatte die Zusammenarbeit zwischen dem Royal Cornwall Hospital Trust und der Hitachi Data Systems das Ziel, eine private Cloud für die steigende Menge an Patientendaten einzuführen [6]. Die Cloud sollte auch Probleme in den angeschlossenen Krankenhäusern lösen, etwa die aufwendige Verwaltung einzelner IT-Systeme und veralteter Technologien. Der Royal Free Trust arbeitete im Bereich der künstlichen Intelligenz über fünf Jahre mit DeepMind zusammen [7]. Das Unternehmen erhielt hierdurch Zugriff auf 1,6 Millionen Patientenberichte und konnte so das Diagnosespektrum der App „Streams“ erweitern. Durch ein stark zunehmendes Patientenaufkommen in den Notaufnahmen von Kliniken steigt auch in Deutschland das Interesse an möglichen technischen Lösungen. Wie sich das Problem mit technischen Lösungen angehen lässt, zeigt die Wrightington, Wigan and Leigh (WWL) NHS Foundation: Durch den Einsatz der Big-Data-Analysesoftware Qlik ließ sich die Wartezeit in der Notaufnahme um 30 Minuten reduzieren [8].
Industrie, Klinik und Wissenschaft ziehen in Deutschland an einem Strang
In Deutschland steht das Projekt „Klinische Datenintelligenz“ [9] mit Partnern aus den Bereichen Industrie, Klinik und Wissenschaft exemplarisch für die Umsetzung eines Big-Health-Data-Ansatzes. Das Konsortium entwickelt ein Integrated Learning and Decision System (ILDS). Darin verschmelzen alle patientenspezifischen Daten und sogar Behandlungsempfehlungen werden – unter Abwägung der verschiedenen Optionen – möglich.
Aus den Projekten in Deutschland, Großbritannien und den USA leitet sich die Erkenntnis ab, dass weder die Industrie noch die Wissenschaft Digitalisierungsprojekte in der Medizin alleine stemmen kann. Für eine erfolgreiche und wirtschaftliche Digitalisierung in der Medizin sind Kooperationen der Schlüssel zum Erfolg.
[1] Deloitte 2015 „Next-generation ‚smart‘ Medtech devices – Preparing for an increasingly intelligent future“
[2] www.cmu.edu/news/stories/archives/2015/march/health-data-alliance.html
[3] www.regenstrief.org/resources/regenstrief-data-core
[4] Jain et al. 2014 JAMA 311 (21): 2172-2172
[5] www.scmagazineuk.com/4bn-investment-for-nhs-digital-transformation/article/531430
[6] www.mynewsdesk.com/hitachi-data-systems-emea/pressreleases/royal-cornwall-hospital-trust-implements-new-private-cloud-solution-with-hitachi-data-systems-1314876
[7] www.digitalhealth.net/2016/11/google-deepmind-and-royal-free-in-five-year-deal
[8] www.information-age.com/data-analytics-ae-crisis-nhs-trusts-123462565
[9] www.klinische-datenintelligenz.de