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10.01.2002 Frankfurt

Erasmus Kittler 1852-1929 - Pionier der modernen Elektrotechnik

1882 war ein bedeutendes Jahr für die Elektrifizierung: Thomas Alva Edison errichtete in New York das erste öffentliche Elektrizitätswerk und in Deutschland wurde der erste Lehrstuhl für Elektrotechnik in Darmstadt gegründet. Berufen wurde Erasmus Kittler. 1888 wurde unter seiner Projektleitung das erste Elektrizitätswerk in der südhessichen Residenzstadt errichtet. Kittlers Geburtstag jährt sich 2002 zum 150. Male.

Vom Kabinettstückchen zur Elektrifizierung

Als 1780 Luigi Galvani präparierte Froschschenkel mit elektrischen Funken bewegte, war Elektrizität eine geheimnisvolle und mysteriöse Naturerscheinung. Namhafte Erfinder bahnten den Weg für die sinnvolle Nutzung der Naturerscheinung Elektrizität und nahmen ihr das Image des skurrilen Kabinettstückchens. Werner von Siemens entdeckte 1866 das elektro-dynamische Prinzip. Thomas Alva Edison entwickelte ein elektrisches Beleuchtungssystem. Der Maschinenbauingenieur Emil Rathenau erkannte das unternehmerische Potential von Edisons System und gründete zwei Jahre später die Deutsche Edison Gesellschaft, aus der später die AEG hervorging.

Vor über 120 Jahren war die Öffentlichkeit von den Entwicklungen der Elektrotechnik im doppelten Sinne elektrifiziert: Die Verbrennungswärme von Kohle oder die Kraft des Wassers konnte in andere Energieformen umgewandelt und durch Drähte transportiert werden. Einfache Elektromotoren halfen den Menschen bei ihrer Arbeit und letztendlich vertrieb das elektrische Licht die Dunkelheit aus Theatern, von öffentlichen Plätzen und schließlich auch aus ganzen Städten. In diesem Aufbruch der Elektrotechnik nahm Darmstadt bald eine Führungsrolle ein. Sie wurde geprägt von einer Persönlichkeit, deren Geburtstag sich am 25. Juni zum 150. Male jährte: Erasmus Kittler.

Der Sohn eines Schneidermeisters

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Geboren am 25.6.1852 in Schwabach bei Nürnberg war Erasmus Kittler das siebte Kind des Schneidermeisters Philipp Michael Kittler und seiner Frau Dorothea. Er besuchte die Gemeindeschule und später dann das Schullehrerseminar zu Schwabach. Die Abgangsprüfung legte er 1871 ab. Er studierte in München und Würzburg Chemie, Mathematik und Physik und absolvierte die beiden letztgenannten Fächer 1879 mit dem Staatsexamen. Ab 1879 war Kittler Assistent am physikalischen Institut der Technischen Hochschule in München bei Professor von Beetz. Er promovierte 1880 und habilitierte sich ein Jahr später. 1881 war er als Privatdozent für Physik tätig. Am12. April 1882 heiratete er Karoline Hüttinger aus Schwabach. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor.

Kittler wurde 1882 als stellvertretender Vorsitzender der wissenschaftlichen Prüfungskommission der internationalen elektrotechnischen Ausstellung in München gewählt. Hier lernte er den Physikprofessor Dorn von der damaligen TH Darmstadt kennen. Diese Bekanntschaft hatte Folgen für die Elektrotechnik und für die Entwicklung des Hochschulortes Darmstadt.

Eine Hochschule am Scheideweg

Am 10. Oktober 1877 wurde die "Großherzoglich Polytechnische Schule" in "Großherzoglich Hessische Technische Hochschule" zu Darmstadt umbenannt. Für ordentliche Studenten wurde nun das Reifezeugnis eines Gymnasiums oder einer Realschule erster Ordnung gefordert. Außerordentliche Studenten hatten demgegenüber den Nachweis der zum Verständnis notwendigen Vorkenntnisse zu erbringen.

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Großherzoglich Hessische Technische Hochschule zu Darmstadt, 1908

Nur fünf Jahre später befand sich die junge Hochschule in einer ernsten Krise. Gerade einmal 137 Studierende zählte damals die Darmstädter Hochschule, was bei den Budgetberatungen verschiedene Abgeordnete für die Auflösung der Hochschule plädieren ließ. Oberbürgermeister Albrecht Ohly und Staatsminister von Starck setzten sich für den Erhalt der Hochschule ein. In dieser Situation unterbreiteten die Professoren Dorn und Staedel dem Staatsminister den gewagten Vorschlag, zu den bestehenden fünf Abteilungen noch eine zusätzliche sechste Abteilung für Elektrotechnik anzugliedern.

Ihr Vorschlag hatte etwas Visionäres und brachte den Zeitgeist großer Weltausstellungen nach Darmstadt. Es waren die internationalen elektrotechnischen Ausstellungen in Paris (1881) und eben diejenige in München, die der Welt die aussichtsreichen Entwicklungen dieser Wissenschaft ins Bewußtsein führten. Zu den innovativen Entdeckungen zählte z. B. das elektro-dynamische Prinzip, die elektrische Kraftübertragung und die Beleuchtung. Trotz des Debakels mit der Studentenzahl in Darmstadt sprachen diese Entwicklungen für einen eigenen Lehrstuhl der Elektrotechnik. Der Staatsminister unterstützte die Idee der Professoren und so erhielt die Technische Hochschule 1882 den ersten Lehrstuhl für Elektrotechnik im Deutschen Reich. Im gleichen Jahr wurde in New York das erste öffentliche Elektrizitätswerk überhaupt durch Thomas Alva Edison in Betrieb genommen. In Darmstadt wurden die Aufwendungen für die Einrichtung des Lehrstuhls von der Stadt in den Anfangsjahren mit getragen.

Der Physiker Dorn schlug Kittler für den neu zu gründenden Lehrstuhl der Elektrotechnik in Darmstadt vor. Aufgrund seiner Tätigkeit wurde Kittler als ordentlicher Professor an den neu geschaffenen Lehrstuhl für Elektrotechnik nach Darmstadt berufen. Im Herbst 1882 trat er sein neues Amt an und begann im darauffolgenden Januar mit den ersten Vorlesungen.

Pionierleistungen für die Elektrotechnik

In der Aufbauphase hielt Kittler allgemein verständliche Vorträge und führte so die Zuhörer leichter in das neue Wissensgebiet ein. Die Vorträge wurden anfangs von nur vier Studenten besucht, der Hörsaal war aber bald gut gefüllt. Die interessierten Kreise der Bevölkerung lernten durch Kittlers Vortragsstil eine neue Wissenschaft und ihre atemberaubenden Perspektiven kennen. Kittler legte dabei seinen Schwerpunkt auf die wissenschaftlichen Grundlagen der Elektrotechnik, auf elektrische Maschinen und Arbeitsübertragung und auf elektrische Beleuchtung. Kittler gewann seine Zuhörer und Schüler durch fesselnde Vorträge, die das Wesentliche vom Unwichtigen trennten.

Zur Behebung des mangelnden Praxisbezuges in der Ausbildung setze Kittler sich für die Einrichtung eines Labors ein. Trotz des Geldmangels gelang es ihm im Sommer 1883 die ersten Laborübungen anzubieten. Ohne jedes Vorbild richtete Kittler ein elektrotechnisches Laboratorium ein, dessen Nutzung er mit den Vorlesungen und einer eigenen Abschlußprüfung zu einem vierjährigen Studiengang der Elektrotechnik kombinierte. Der Studiengang, das Institut und die Laboratorien sind Pionierleistungen Kittlers in der Elektrotechnik, die bald zum Leitbild aller technischer Hochschulen wurden.

Zu den bekanntesten Veröffentlichungen Kittlers zählt sein "Handbuch der Elektrotechnik" aus dem Jahre 1886, das lange Zeit als Standardwerk diente. Der Studiengang erhielt in den Folgejahren eine immer zweckmäßigere Gestaltung. Nach dem die Konstruktionsübungen um die Laboratoriumsübungen ergänzt wurden, erhielten die jungen Semester auch bald die Möglichkeit zu einem physikalischen Praktikum und zu dynamometrischen Versuchen und solchen an Dampfkesseln. Schon früh erkannte Kittler die Bedeutung des Wechselstroms, dem er ab 1888 eine eigene Vorlesung widmete. So wurde die Ausbildung immer wieder den Bedürfnissen der Praxis angepasst.

Magnetwirkung für die Hochschule

Das mustergültige Institut lockte immer mehr Studenten in die Hörsäle und Laboratorien. Zählte die elektrotechnische Abteilung im Jahr ihrer Gründung gerade mal vier Studenten, so waren es 1892/93 bereits 150. Von 1899 bis 1904 waren jeweils mehr als 600 Studierende in der Elektrotechnik eingeschrieben. Der überwiegende Anteil der Studenten kam aus dem Ausland, insbesondere aus Osteuropa.

Von dieser Magnetwirkung der Elektrotechnik profitierte die junge Hochschule: Schon 1892-95 wurde ein Neubau der gesamten Hochschule notwendig. Der Großherzog Ludwig IV. stellte ein günstig gelegenes Gelände zur Verfügung. Stadt und Großherzogtum investieren insgesamt 2.629.000 Mark. Die Neubauten umfassten ein Hauptgebäude für Vorlesungen, zeichnerische Übungen, Bibliothek und Verwaltung und verschiedene Neubauten für spezielle Institute, darunter das für Elektrotechnik. Letzteres mußte aufgrund des starken Studentenandranges in den Folgejahren mehrfach erweitert und umgebaut werden.

Der Ingenieur Kittler

Allein zwischen Dezember 1888 und Mai 1889 war Kittler mit 34 Elektrifizierungsprojekten für Industrie und Kommunen befaßt. Kittler sichtete und prüfte die Angebote, die nach der Ausschreibung der Projekte bei seinen Auftraggebern eingingen. Dabei gab er Empfehlungen ab, überließ die endgültige Entscheidung aber stets seinen Kunden. War aber der ausgehandelte Preis in seinen Augen zu hoch, bemühte sich Kittler meist erfolgreich um niedrigere Einkaufspreise.

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Konzeptionelles Denken zeichnete Kittler bei der Gestaltung der elektrischen Anlagen aus. Er behielt dabei das Gesamtsystem und das Zusammenwirken der Einzelkomponenten im Blick. Bei dem spezifischen Know-how über die Leistungsfähigkeit der Einzelkomponente war das Wissen des Herstellers natürlich größer. Kittler schickte demzufolge auch die entsprechenden Anfragen zu den Anbietern, wenn Detailfragen zum Leistungsprofil der Komponenten aufkamen. Seine Planungsmaxime war stets der möglichst unkomplizierte Aufbau einer Anlage. Den unterschiedlichen Lichtbedarf in Abhängigkeit von der Tageszeit löste er bevorzugt durch Maschinen unterschiedlicher Leistung und umging den Parallelbetrieb mehrerer Dynamomaschinen.

Das "Darmstädter Modell"

Allein zwischen Dezember 1888 und Mai 1889 war Kittler mit 34 Elektrifizierungsprojekten für Industrie und Kommunen befaßt. Kittler sichtete und prüfte die Angebote, die nach der Ausschreibung der Projekte bei seinen Auftraggebern eingingen. Dabei gab er Empfehlungen ab, überließ die endgültige Entscheidung aber stets seinen Kunden. War aber der ausgehandelte Preis in seinen Augen zu hoch, bemühte sich Kittler meist erfolgreich um niedrigere Einkaufspreise.

Konzeptionelles Denken zeichnete Kittler bei der Gestaltung der elektrischen Anlagen aus. Er behielt dabei das Gesamtsystem und das Zusammenwirken der Einzelkomponenten im Blick. Bei dem spezifischen Know-how über die Leistungsfähigkeit der Einzelkomponente war das Wissen des Herstellers natürlich größer. Kittler schickte demzufolge auch die entsprechenden Anfragen zu den Anbietern, wenn Detailfragen zum Leistungsprofil der Komponenten aufkamen. Seine Planungsmaxime war stets der möglichst unkomplizierte Aufbau einer Anlage. Den unterschiedlichen Lichtbedarf in Abhängigkeit von der Tageszeit löste er bevorzugt durch Maschinen unterschiedlicher Leistung und umging den Parallelbetrieb mehrerer Dynamomaschinen.

Das "Darmstädter Modell"

Mit dem Begriff des "Darmstädter Modells" hat Wolfgang König, Berliner TU-Professor für Technikgeschichte, die Leistungen Erasmus Kittlers als Hochschullehrer und Elektrifizierungsberater umschrieben (Technikgeschichte Band 54, Heft 1, 1987, VDI Verlag). Durch die Berufung Kittlers nach Darmstadt und seine Pionierleistungen war die Technische Hochschule in Darmstadt mit Elektrotechnik als eigener Fachabteilung den Technischen Hochschulen anderer Städte weit voraus. Erst 1895 fand sich in Karlsruhe die zweite Technische Hochschule, welche der Elektrotechnik eine eigenständige Abteilung zugestand. Dies erschien damals aber nicht weiter verwunderlich, da führende Köpfe der Zeit (darunter Werner von Siemens) die Elektrotechnik als reine Hilfswissenschaft bzw. Zusatzdisziplin für andere Studiengänge betrachteten. Insbesondere einer Abtrennung der Elektrotechnik vom Maschinenbau wurde heftig widersprochen.

Kennzeichnend für das "Darmstädter Modell" waren der Praxisbezug der Lehre. Kittlers Erfahrungen außerhalb der Hochschule als Projektleiter, Gutachter und Berater für unterschiedlichste Elektrizitätsprojekte fanden Eingang in die Darmstädter Elektrotechnikausbildung. An den Elektrifizierungsprojekten Kittlers arbeiteten Studenten höherer Semester und Assistenten mit. Das Ergebnis war ein Technologietransfer durch Personen, der einen permanenten Austausch zwischen Industrie und Hochschule sicherstellte.

Entsprechend dieser Schule waren die Darmstädter Absolventen bestens für die Aufgaben der Industrie gerüstet. Die Projektarbeit Kittlers betraf Bereiche, die in der Folgezeit außerordentliche Zuwachsraten verzeichneten. Um die Jahrhundertwende waren die meisten der ausgebildeten Elektroingenieure mit der Projektarbeit für elektrische Anlagen beschäftigt. Sie taten das als sogenannte "Zivilingenieure", die in Ingenieurbüros beratend tätig waren. Weitere Arbeitsfelder fanden sie als Beschäftigte der aufstrebenden elektrotechnischen Industrie oder als Angestellte in Betreiber- und Überwachungsfunktion innerhalb der Anlagen selbst.

Das "Darmstädter Modell" der praxisorientierten Ausbildung und die langjährige Alleinstellung der damaligen TH Darmstadt in der Elektrotechnik sicherte den Absolventen den Eingang in die leitenden Positionen der aufstrebenden Elektroindustrie. Der Werdegang der Schüler Kittlers macht das deutlich.

Die Schüler Kittlers

Die Schüler von Erasmus Kitller in der Elektrotechnik und schrieben ein bedeutendes Stück Technikgeschichte. So gelang es dem aus Petersburg stammenden Michael von Dolivo Dobrowolsky, Kittlers Inhalte mit seinen eigenen Erfindungen und Entwicklungen in die Praxis umzusetzen. Es sind die Jahre, in denen Wechselstrom und Gleichstrom noch miteinander um die beste Verteilungsform der elektrischen Energie konkurrierten. Dolivo Dobrowolsky machte dem Wechselstrom den Weg frei: Als Chefelektriker bei AEG in Berlin gelang ihm 1889 die Erfindung des Drehstrommotors.

Als weiterer Schüler Kittlers entwickelte Waldemar Petersen die nach ihm benannte Petersenspule. Diese erste Erdschlußlöschspule erhöhte die Betriebssicherheit der Energieversorgung. 1911 trat Petersen eine außerordentliche Professur für Hochspannungstechnik an. In dieser Disziplin wurde Darmstadt zum führenden Lehrstuhl. Bei der AEG in Berlin wurde er 1926 als technischer Generaldirektor in den Vorstand berufen.

Die Elektrifizierung

Auch wenn das elektrische Licht vom Preis nicht mit der Gasbeleuchtung konkurrieren konnte, lagen seine Vorteile auf der Hand: Die Luft blieb unverbraucht, denn keinerlei Sauerstoff wurde verbrannt, weder Ruß noch Abgase belasten die Umgebung. Ein Brand- und Explosionsrisiko wie beim Gaslicht war auszuschließen. Das teurere elektrische Licht verdrängte das Gaslicht zunächst aus den Repräsentationsbauten und von öffentlichen Plätzen. Schließlich verschwand das Gaslicht aus ganzen Kommunen. Elektrisches Licht wurde zu einem Symbol für den Fortschritt in Städten und Gemeinden.

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In Darmstadt war Kittler als Kenner der Materie bei allen Fragen der Elektrifizierung sehr geschätzt. Trotzdem sahen die Stadtoberen im elektrischen Strom einen Konkurrenten für das von der Stadt produzierte Gas. Da sie einem Privatunternehmen zuvorkommen wollten, stimmten sie einer Finanzierung einer "Centrallichtanlage" unter der Bedingung zu, daß der Großherzogliche Hof mit dem Hoftheater als Stromabnehmer auftrat. So entwarf Kittler für das Darmstädter Theater die Beleuchtungsanlage und leitete dann den Bau der "Centralstation für elektrische Beleuchtung". Der Stadtverordnetenbeschluss sah die Errichtung einer städtischen "Centrallichtanlage von circa 3.000 sechzehnkerzigen Glühlampen" vor und bewilligte einen Kredit von 400.000 Mark. Das erste Elektrizitätswerk in Darmstadt wurde 1888 in Betrieb genommen. Aber auch in Bremen, Düsseldorf, Mainz, Budapest, Danzig und Worms war Kittler an der die Errichtung größerer Elektrizitätswerke maßgeblich beteiligt.

Kittler übernahm das Amt des Vizepräsidenten bei der internationalen elektrotechnischen Ausstellung in Wien im Jahre 1883. Die entsprechende Ausstellung in Frankfurt am Main 1891 begleitete er als Präsident der Jury. Kittlers Tätigkeit in anderen Städten und bei internationalen Ausstellungen hinderte ihn aber nicht daran, Verantwortung für die Belange der Stadt Darmstadt und des Großherzogtums zu übernehmen. So wurde Kittler 1898 Geheimrat und Berater des Finanzministeriums in elektrotechnischen Angelegenheiten. Ein Jahr später ernannte der Großherzog Kittler zum Mitglied der ersten Hessischen Ständekammer auf Lebenszeit.

Kittler hielt Darmstadt die Treue, auch wenn ihm immer wieder leitende Positionen in führenden Elektrizitätsgesellschaften wie z. B. in der AEG angetragen wurden. Auch die Berufungen an andere Hochschulen schlug er aus. 1915 legte er sein Amt nieder und bekam aus diesem Grunde den Titel eines Doktor-Ingenieurs ehrenhalber verliehen. Kittler starb am 14.03.1929 in seiner Wahlheimat.

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Innovation und Qualität aus Tradition

Praxisnähe in der Forschung hat seit Kittlers Zeiten Tradition am Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik (ETiT) der TU Darmstadt. Kittler hat die Forschung und seine Lehre immer wieder kritisch überprüft und konsequent an die Bedürfnisse der Praxis angepasst. Hier hat das Motto des Fachbereichs "Innovation und Qualität aus Tradition" seinen Ursprung.

Die Aufbruchsituation der Elektrotechnik im 19. Jahrhundert findet heute ihre Entsprechung in bahnbrechenden Entwicklungen der Elektronik und Informationstechnik: Stand vor 100 Jahren die Versorgung mit elektrischer Energie und Licht im Vordergrund, arbeiten die Forscherinnen und Forscher heute daran, Information und Rechnerleistung überall verfügbar zu machen. Die Mikroelektronik ermöglicht die vollständiger Systems auf einem einzigen Chip und optimierte Rechnerarchitekturen steigern die Rechenleistung moderner Prozessoren um jährlich etwa 60 %.

 
Dr. Jürgen Kreuzig zum 150. Geburtstag des Elektrotechnik-Pioniers Erasmus Kittler
Technische Universität Darmstadt 10/2002

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