VDE Tec Summit 2020: Rising Future
Hannibal / VDE
08.06.2020 Kurzinformation

Resiliente Netze - Workshop auf dem VDE Tec Summit 2020

VDE Expertendiskussion zu kritischen Abhängigkeiten zwischen Energie- und Kommunikations-netzen

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ITG Geschäftsstelle

Beim VDE TecSummit 2020 in Berlin diskutierten etwa 60 Fachleute engagiert mit Thomas Aundrup (Westnetz), Andreas Breuer (innogy SE, ehemals Mitglied des ETG-Vorstands), Andrzej Cwik (450connect), Peter Fleischmann (Deutsche Telekom - PASM) und Sigurd Schuster (Nokia Germany, Mitglied des ITG-Vorstands) über Risiken, die sich aus der zunehmenden gegenseitigen Abhängigkeit zwischen elektrischen Energieversorgungs- und Telekommunikationsnetzen ergeben. Bekanntlich werden im Zuge der Energiewende zur elektrischen Energieversorgung zunehmend erneuerbare Energien eingesetzt, einhergehend mit einer umfangreichen Dezentralisierung der Energieerzeugung. Dafür muss in den Stromnetzen wesentlich stärker und feingranularer gesteuert werden, was eine auch bei großflächigen Stromausfällen (Schwarzfall) zuverlässige flächendeckende Kommunikation bis in die Niederspannungsebene  voraussetzt. Die heutigen öffentlichen Kommunikations-netze sind jedoch in der Fläche zwingend auf die kontinuierliche Stromversorgung durch das öffentliche Stromnetz angewiesen, da die Netzknoten im Teilnehmeranschluss sowohl im Festnetz wie im Mobilfunk keine oder nur kleine Pufferbatterien aufweisen.

Angesichts dieser Entwicklung stellt sich die Frage, wie resilient unsere Netze sind, oder ob es nach einem großflächigen und länger anhaltenden Blackout zu einem „Dead Lock“ kommen kann, bei dem die Energieversorgung mangels verfügbarer flächendeckender Datenkommunikation nicht oder nur sehr langsam wieder hochgefahren werden kann.

Wie sich in der Diskussion herausstellte, sind technische Lösungen durchaus verfügbar:

  • in den Kommunikationsnetzen verfügen die Netzknoten ab der Aggregationsebene aufwärts regelmäßig über Systeme zur Notstromversorgung. Bestimmte Organisationen der kritischen Infrastruktur, z.B. Polizei oder Feuerwehren, sind über Leitungen angeschlossen, die auch bei Stromausfall weiterhin funktionieren
  • für die Kommunikation der Energieversorger ist ein spezielles 450 MHz-Funknetz mit der bewährten LTE-Technik und bedarfsgerecht dimensionierter Notstromversorgung sinnvoll
  • eine bedarfsgerechte Kombination von Kommunikationslösungen ist zweckmäßig, denn auch ein 450 MHz Netz wird Lücken aufweisen, z.B. können nicht alle Kellerräume funktechnisch erreicht werden, und Windkraftanlagen sind in der Regel weit von bestehenden Aggregationsknoten der Kommunikationsnetze entfernt.

Es liegt also nicht an fehlender Technik, die zunehmenden Risiken beherrschbar zu machen. Zum Nulltarif ist die Risiko-Vorsorge allerdings nicht zu haben.

Nötig sind daher, da waren sich die Fachleute in der Diskussion einig:

  • ein zielorientiertes und strukturiertes gemeinsames Vorgehen der Beteiligten aus der Energie- und der Kommunikationsbranche
  • die gemeinsame Betrachtung der künftigen Anforderungen der Energiewirtschaft an die Kommunikationstechnik im Regelbetrieb und im Schwarzfall zur Sicherstellung von Synergieeffekten
  • ein klug gesetzter regulatorischer Rahmen dazu
  • und darauf aufbauend die entsprechende Weiterentwicklung von Normen, Netztechnik und Betriebskonzepten.

Ganz allgemein bedarf es einer Stärkung des Bewusstseins bei allen Akteuren, einschließlich der Konsumenten, dass zuverlässige Stromnetze mit dem Fortschreiten der Energiewende keine Selbstverständlichkeit sind, sondern weiterhin eine solide Ingenieursleistung voraussetzen, und dass Risikovorsorge zwangsläufig auch ihren Preis hat.

Der VDE wird das Thema durch seine Fachgesellschaften ETG und ITG weiter vorantreiben, damit unsere Strom- und Kommunikationsnetze auch in Zukunft verlässliche Infrastrukturen für unser Land bleiben.