von Anika Dettmann
Der International Management Cup als Simulationsspiel für strategisches Management aufgebaut und basiert auf einer Software, die beim bekannten Technologiekonzern Siemens zur Ausbildung zukünftiger Führungskräfte genutzt wird.
Indem Entscheidungen in Bezug auf Produktion, Human Resources, Marketing, Forschung und Entwicklung sowie Einkauf und Verkauf getroffen werden müssen und Einfluss auf das Simulationsergebnis haben, deckt das Programm alle Felder ab, die zur Führung eines Unternehmens beachtet werden müssen. So führt jedes Team sein eigenes virtuelles Unternehmen und versucht sich durch die richtigen Entscheidungen in den o.g. Bereichen auf seinem zugewiesenen Markt mit seinem Produkt durchzusetzen und gegen die Konkurrenz abzuheben. Einer der Hauptindikatoren für den Erfolg eines Unternehmens ist der durch die Simulation ermittelte Aktienpreis.
Dieses Jahr nahmen insgesamt 24 Teams aus Rumänien, Slowenien, Israel, Großbritannien, Österreich, Polen und Deutschland teil, sodass für den International Management Cup 2018 vier Märkte erstellt wurden. Es gab eigene Märkte für Polen, Slowenien und Rumänien sowie einen gemischten Markt für die Teams aus Israel, Österreich, Deutschland und Großbritannien. Alle Teams stellen Hersteller von Kopiergeräten dar und müssen im Entscheidungsprozess u.a. Aspekte des Product-Life-Cycles, der Produktivität, Personalkompetenz, Corporate Identity und des Aktionärswertes beachten.
Denn jedes Unternehmen möchte seinen Kopierer herstellen und verkaufen um möglichst hohe Einnahmen im simulierten Jahr zu erzielen und den Markt bedienen zu können. Wenn man z.B. sein Produkt für einen günstigen Preis anbietet ist das grundsätzlich gut für die Verkaufszahlen. Allerdings nur, wenn man über entsprechende Investitionen in Werbung die Kunden auch darüber informiert, dass ein solches Angebot existiert. Außerdem muss man vorher überlegen, welche Absatzzahlen realistisch sind, denn besonders in der ersten Entscheidungsphase hat man keine Informationen darüber, in welche Richtung die anderen Teams denken. Verrechnet man sich beim Einkauf der Einzelteile, welche für die Produktion der Kopierer benötigt wird, ist entweder zu wenig vorhanden, so dass die Produktion leer läuft, oder zu viel, was am Ende des simulierten Jahres Lagerkosten nach sich zieht. Ebenso gilt es für die fertigen Kopierer: Kann man nicht alle verkaufen, so steigen wieder die Lagerkosten, verkauft man aber alle vorhandenen Produkte so sinkt die Kundenzufriedenheit, da man nicht mehr alle seiner potentiellen Kunden beliefern konnte. Ganz abgesehen von dem Punkt, dass man damit Marktanteile an seine Konkurrenz verschenkt, die noch Produkte auf Lager hat und somit weiter liefern kann. Denn die Nachfrage des Marktes muss bedient werden, und die Kunden kaufen zur Not auch zu einem deutlich höheren Preis.
So gibt es im Simulationsprogramm viele verschiedene Stellschrauben, mit denen man andere Faktoren beeinflussen kann. Ausgaben für Forschung und Entwicklung, um das Produkt technologisch weiterzuentwickeln und sich über diesen Punkt von der Konkurrenz abzusetzen, oder Wartungskosten der Maschinen, um die Produktivität hoch zu halten, sowie Investitionen in Umweltfaktoren oder Erneuerung der Produktionslinien, um keine Strafgebühren an das Umweltministerium bezahlen zu müssen – im Hintergrund passiert sehr viel. Ein Handbuch klärt hierfür vorab darüber auf, wie die einzelnen Faktoren ineinander greifen und was es alles grundsätzlich zu beachten gibt. Über kurzfristige Änderungen wie z.B. in Abwesenheitszeiten der Mitarbeiter, Kosten für die eingekauften Einzelteile, Prognosen über die Nachfrage im kommenden Jahr und schwankende Transportkosten für die Belieferung des Marktes, gibt der jährliche Newsletter Aufschluss, den jedes Team spezifisch für seinen Markt zu Beginn der neuen Entscheidungsrunde erhält. Dazu kommt ein ausführlicher Marktbericht über das vergangene Jahr, in dem u.a. Einkommen und Ausgaben, Lagerbestände, aktuelle Personalzahlen (Kündigungen und Abwesenheits- sowie Urlaubszeiten), Übersicht über die Produktionsreihen und deren Kosten und Produktivität, Aktienpreis und Anzahl der Aktionäre im Detail aufgelistet sind. Einer der wichtigsten Bereiche im Marktbericht: Die Übersicht über einige wenige Entscheidungen, welche die konkurrierenden Unternehmen getroffen haben. Hier werden z.B. Ausgaben für Werbung, Anzahl des Verkaufs- und Produktionspersonals, Anzahl der verkauften Produkte sowie deren Preis, vorhandene Produktionslinien, Kundenzufriedenheit, Corporate Identity und Technologiewerte der Produkte gegenübergestellt. All dies im Vergleich zu sehen kann maßgeblich die Entscheidungen für die nächste Runde beeinflussen.
Jedes Team muss dynamisch und überlegt auf die vorhandenen Informationen reagieren und kann durch die Simulation auch Theorien einfach spielerisch austesten. Die „richtigen“ Entscheidungen als solches gibt es nicht, denn jeder Markt entwickelt sich anders aufgrund der Variabilität der Teilnehmer. Herr Heinz-Joachim Fischer, der bei Siemens für die Simulation zuständig ist und von dieser Seite her den Wettbewerb betreut, hat dabei schon viele unterschiedliche Strategien gesehen. Er stand während des Wettbewerbs jederzeit für Fragen zur Verfügung und hat bei der Finalrunde in Wien die Beeinflussung der Faktoren untereinander an realen Beispielen gut greifbar erklärt, was das ganze sehr viel anschaulicher gemacht hat. Er ist außerdem am Ende jeder Entscheidungsrunde die Marktübersicht mit den Teams gemeinsam durchgegangen und hat die Werte kommentiert und auch ein paar Tipps gegeben. Woran es z.B. liegen könnte, dass ein Unternehmen trotz des günstigen Preises wenig Produkte verkauft hat oder was ein Unternehmen noch ändern muss um nicht in der nächsten Runde durch Bankrott auszuscheiden. Auch das einzige deutsche Team von der VDE Hochschulgruppe der TU Ilmenau durfte am Finale teilnehmen und sich mit den anderen drei Teams aus Polen, Slowenien und Rumänien über die Thematik austauschen. In der Finalrunde wurden die Unternehmen resettet und nach fünf simulierten Geschäftjahren erneut ein Sieger anhand des Aktienwertes bestimmt. Anspruchsvoller wurde das ganze durch die optionale Einführung eines neuen Produktes und durch weitere Optionen und Einflüsse, die es in der Vorrunde noch nicht gab. Am Ende gewann schließlich das polnische Team knapp vor den Teilnehmern der TU Ilmenau.
Durch den International Management Cup bietet Eurel jungen elektrotechnischen Ingenieuren eine gute Möglichkeit, in die komplexe Welt des Management einzusteigen und sich selbst weiter auszuprobieren. Mit etwas Vorbereitung und wenig zeitlichem Aufwand war es spielerisch möglich, verschiedene Preis- und Marketingstrategien auszutesten und die Dynamik von Märkten live mitzuerleben. Auch das Projektmanagement spielt während des Wettbewerbs eine große Rolle. Die Masse an verfügbaren Informationen und einzustellenden Parametern sollte in Aufgabenbereiche unterteilt und an verschiedene Teammitglieder aufgeteilt werden. Außerdem müssen die verschiedenen Meinungen der einzelnen Mitglieder für die endgültigen Entscheidungen des folgenden simulierten Jahres berücksichtigt werden. Kompromissfindung und Diskussionsrunden sind daher ebenso wichtig im Entscheidungsprozess wie die sachlichen Informationen.
Durch kostenlose Wettbewerbe wie diese können Mitglieder von Eurel-Verbänden wie z.B. des VDE in Deutschland ihr interdisziplinäres Denken austesten und weiterentwickeln. Gefördert werden hierdurch nicht nur Kompetenzen in strategischem Management und Unternehmensplanung sondern auch komplexe Entscheidungsfindung in unsicheren Situationen und das Erkennen und gezielte Lösen von Problemen. Der International Management Cup eignet sich für jeden, der sich mit unternehmerischem Denken auseinandersetzen und interdisziplinär weiterbilden möchte. Durch den Schritt-für-Schritt Aufbau des Wettbewerbs sind die Teilnehmer nicht überfordert und werden langsam an die Problematik herangeführt. So werden neue Funktionen nur nach und nach eingeführt und auch die im Laufe des Wettbewerbs freigeschaltete Planungssoftware nimmt einem viele Berechnungen ab. Der IMC ist explizit darauf ausgelegt, dass Teilnehmer ohne Vorkenntnisse in Management-Themen daran teilnehmen und wird voraussichtlich auch im nächsten Jahr wieder von EUREL ausgerichtet werden.
Anika Dettmann studiert im Masterstudiengang Biomedizinische Technik an der Technischen Universität Ilmenau.