Karrierehauptstadt Berlin - Elektropolis der Moderne
SDTB, Historisches Archiv / AEG-Archiv
20.01.2016 Pressemitteilung

Karrierehauptstadt Berlin - Elektropolis der Moderne

Die „Elektropolis“ drückte die Faszination einer vollelektrifizierten Welt aus. Ende der 1920er-Jahre verortete der Schriftsteller Otfried von Hanstein seinen Zukunftsroman die „Stadt der technischen Wunder“ allerdings nicht in Berlin, sondern in der australischen Wüste. Rückblickend beschreibt seine Vision die Entwicklung Berlins zu einer weltweit führenden Metropole der Elektroindustrie.
Zeugnisse der „Elektropolis“ gibt es über ganz Berlin verteilt: Besonders eindrucksvolle Hinterlassenschaften sind die einstigen Fabriken der „Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft“ (AEG) im Stadtteil Schöneweide. Sie warten nicht nur auf ihre Aufnahme in das Welterbe der UNESCO, sondern gelten schon heute als Labor und Schaufenster für eine intelligente Stadt („Smart City“) der Zukunft. In das einstige AEG-Kabelwerk ist 2009 die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) eingezogen.
Im Umfeld haben sich Unternehmen der Hochtechnologie und Kreativwirtschaft angesiedelt. Langfristige Prognosen sehen Chancen für 10.000 neue Arbeitsplätze. Heute ist Schöneweide wieder ein Ort des Aufbruchs, ein Zukunftsort. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts galt die Elektrizität noch als eine wissenschaftliche Spielerei, 100 Jahre später war sie Motor der Industrialisierung und verhalf Berlin zum Aufstieg zu einer Industriemetropole von internationalem Rang. Konzerne wie Siemens und die AEG schickten sich an, nahezu alles zu elektrifizieren, was sich elektrifizieren ließ. Trotz aller Rückschläge infolge des Ersten Weltkriegs blieb die wirtschaftliche Dominanz der elektrotechnischen Industrie unangefochten.
Erst der Zweite Weltkrieg und seine Folgen setzten der Berliner Industrie schwer zu. Nach dem Mauerbau 1961 musste die Ost-Berliner Industrie unter den erschwerten Bedingungen einer Planwirtschaft den Wiederaufbau leisten. Heute ist die Berliner Elektroindustrie, gemessen an ihren 25.000 Beschäftigten, wieder stärkste Industriebranche der Stadt.

Berlin: wissensgetriebener Industriestandort

Berlin verdankt seinen Aufbruch in das Industriezeitalter einer ganzen Reihe von Faktoren, die, in heutigem Licht betrachtet, vertraut klingen. Nach 1871 erhielt die junge Hauptstadt des Deutschen Reiches entscheidende Impulse: Die Infrastruktur wurde massiv ausgebaut, ebenso die Bildungslandschaft. Das rohstoffarme Deutschland setzte auf Innovationen. Elektrotechnik und Chemie – typische Branchen einer Wissensgesellschaft – ließen die Relevanz der Wissenschaft für die Industrieproduktion offenkundig werden. In den Jahren nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden in Berlin zahlreiche Zukunftsstrategien entwickelt.
Sie alle sehen die Potenziale der Stadt in Wissenschaft, Bildung und Kultur. Ein 2010 ins Leben gerufener Steuerkreis Industriepolitik hat sich beispielsweise zum Ziel gesetzt, „Berlin als einen wissensgetriebenen Industriestandort auszubauen, der in enger Kooperation mit Berlins einzigartiger Wissenslandschaft Lösungen für Zukunftsfragen entwickelt.“

Smart City mit weltweiter Strahlkraft

Die Voraussetzungen dafür sind gut: Berlin hat sieben Universitäten, 40 private und staatliche Hochschulen, mehr als 70 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Berlin ist boomende Gründermetropole mit über 1200 Start-ups. Hinzu kommt eine Vielzahl technologieorientierter Unternehmen. Berlin zieht, wie schon zu früheren Zeiten, junge, kreative Menschen an. Zudem verfügt die Stadt wie keine andere Metropole in Europa über ein großes innerstädtisches Flächenpotenzial. In engem Zusammenwirken von Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft entstehen dort neue Wirtschaftszentren: Zukunftsorte. Sie sind Basis und Motor des künftigen Wirtschaftswachstums der deutschen Hauptstadt. Mehr noch: Sie sollen dazu beitragen, dass sich Berlin zu einer „Smart City“ mit weltweiter Strahlkraft entwickeln kann. Die Zukunftsorte sind politisch initiiert, sorgfältig und langfristig geplant. Im Idealfall verfügen sie über eine Wertschöpfungskette, die von Hochschulen bzw. wissenschaftlichen Einrichtungen über Gründer- und Technologiezentren bis zur Bereitstellung von Flächen zur Ansiedlung von Produktionsbetrieben reicht. Insgesamt zehn Zukunftsorte sind bisher benannt worden. Ungeachtet ihres unterschiedlichen Entwicklungsstandes vereinen sie heute schon die Kompetenz von acht Hochschulen und Universitäten. Hinzu kommen 58 universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, elf Gründerzentren und fast 1700 Hochtechnologieunternehmen. Zusammengenommen entspricht das Europas größtem Wissenschafts- und Technologiepark.
Einen Zukunftsort aufzubauen, erfordert viel Geduld und kostet Geld. Wie sehr sich die Investitionen allerdings lohnen, zeigt das Beispiel Berlin Adlershof. Deutschlands größter Wissenschafts- und Technologiepark ist 1991 aus Instituten der einstigen Akademie der Wissenschaften der DDR hervorgegangen. Heute sind auf einem Areal von 4,2 km² über 1000 Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit mehr als 16.000 Mitarbeitern und 6500 Studierenden ansässig. In der Aufbauphase von 1991 bis 2005 sind in Adlershof rund 1,4 Milliarden Euro investiert worden, von 2006 bis heute weitere rund 800 Millionen Euro. In den ersten 14 Jahren stammte das Geld zu 80 Prozent aus den unterschiedlichsten öffentlichen Quellen, seither sind es mehrheitlich private Investitionen. Der Technologiepark konzentriert sich auf Zukunftstechnologien wie zum Beispiel Photonik und Optik, Material- und Mikrosystemtechnologie, Biotechnologie und Umwelt, Photovoltaik und erneuerbare Energien. Das Konzept ist erfolgreich: Auf jeden in Adlershof geschaffenen Arbeitsplatz kommt ein weiterer in der deutschen Hauptstadt.

Autor:
Peter Strunk
leitet die Öffentlichkeitsarbeit der Wista-Management GmbH, der Betreibergesellschaft des Wissenschafts- und Technologieparks Berlin Adlershof.

Aus dem VDE dialog 01/2016

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