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10.11.2016

Aus der Ferne

Angebote für berufsbegleitende Fernweiterbildung gibt es zuhauf. Private Bildungseinrichtungen bieten diverse Lehrgänge, teilweise sogar Bachelorstudiengänge an. Wer seinen Fern-Master in Elektrotechnik machen möchte, kann dies jedoch nur an einigen wenigen Fachhochschulen tun – und an der Universität Duisburg-Essen.

Teilzeitfernweiterbildung. Hinter dem Bandwurmwort mit Zungenbrecherqualitäten verbirgt sich nicht nur ein Trend, sondern ein wachsender Markt – und eine Chance für jeden einzelnen Teilnehmer. So kann die Weiterbildung zur Sicherung des Arbeitsplatzes beitragen, neue berufliche Wege eröffnen oder zuweilen eine geistig anspruchsvolle Abwechslung zum beruflichen Alltag bieten. Die Vorteile einer solchen Fernweiterbildung im Vergleich zu einer Abendschule oder anderen Präsenzangeboten liegen auf der Hand. Sie bietet flexible und individuelle Zeiteinteilung und die Möglichkeit, von zu Hause oder unterwegs zu lernen und zu arbeiten.
Mittlerweile gibt es auch unzählige Angebote für Elektrotechniker – und solche, die es werden wollen –, sich aus der Ferne aus- und weiterbilden zu lassen. Auf diesem Wege können Interessierte nicht nur ihren Bachelor oder Master in Elektrotechnik machen, sondern sich auch als „Staatlich geprüfter Techniker der Elektrotechnik“ oder als „Geprüfter Industriemeister, Fachrichtung Elektrotechnik (IHK)“ ausbilden lassen. Daneben gibt es weitere Abschlüsse, wie „Elektrotechnik für Ingenieure“, für die die Absolventen bei erfolgreich bestandener Prüfung entsprechende institutsinterne Zertifikate bekommen. Der Markt ist schwer überschaubar – und extrem umkämpft. Gerade private Anbieter wie die Studiengemeinschaft Darmstadt oder die Fernschule ILS investieren Unsummen ins Marketing, sei es mit Anzeigen, mit Plakaten oder auch mit Direktmarketing:
Wer sich einmal dort für ein Angebot interessiert hat, wird im Anschluss häufig mit Mailings regelrecht bombardiert.

Gefragt sind Motivation und Willenskraft


Über die Güte des Weiterbildungsangebotes sagt dies freilich wenig aus. Aber immerhin sind die Kurse und Fernstudiengänge durch die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) in Köln geprüft, ein gewisses Niveau ist also sichergestellt. Die Bewertungen von Teilnehmern auf diversen Portalen (zum Beispiel Fernstudiumcheck.de) sind ebenfalls mehrheitlich positiv. „Wir begrüßen Fernlehre als Ergänzung zu den ‚normalen‘ Studienangeboten der Elektrotechnik und Informationstechnik“, sagt daher auch Dr. Michael Schanz, Arbeitsmarktexperte im VDE und Leiter des VDE-Ausschusses Studium, Beruf und Gesellschaft. Schließlich gebe es einen hohen und wachsenden Bedarf an qualifizierten Elektrotechnikern. Und zudem könne man bei anderen Aus- und Weiterbildungsangeboten genauso wenig vorab garantieren, dass diese von hervorragender Qualität seien. „Auch nicht jeder Professor an der Universität ist der geborene Lehrer“, weiß Schanz. Da helfe nur ein ganz genaues Prüfen des jeweiligen Angebots.


Für den VDE sind insbesondere die Fern-Masterstudiengänge ein Gewinn. Dies gilt nicht nur aus Sicht der Arbeitgeber, die händeringend hochqualifizierte Mitarbeiter suchen, sondern auch aus Sicht der Arbeitnehmer bzw. der Studierenden. Denn im Gegensatz zu den Absolventen von Bachelorstudiengängen haben die bereits studienerfahrenen Masterstudierenden den Vorteil, dass sie eher einschätzen können, worauf sie sich einlassen. Im Vergleich zu einem Präsenzstudium ist ein berufsbegleitendes Studium oftmals zeitlich gestreckt (meist von vier auf sechs Semester), der Inhalt aber bleibt unter dem Strich der Gleiche. Und dieser muss – neben der normalen Arbeit – gepaukt werden. „Dafür braucht man schon eine gehörige Portion Motivation und Willenskraft“, berichtet Schanz – der auf sein Elektrotechnikstudium damals selbst berufsbegleitend noch einen Abschluss als Wirtschaftsingenieur angehängt hat und daher genau weiß, wovon er spricht.
Die Möglichkeiten für einen Fern-Master in Elektrotechnik sind allerdings begrenzt. Mit Bedauern nahm der VDE zur Kenntnis, dass die FernUniversität in Hagen den Studiengang Elektrotechnik aus hausinternen Gründen in Kürze auslaufen
lassen wird und keine Studierenden mehr annimmt. Für Ersatz sorgte jedoch die Universität Duisburg-Essen, die ihr Studienangebot im April 2014 um den „Universitären Master-Fernstudiengang Elektrotechnik und Informationstechnik“ (kurz: Online-Master EIT) erweiterte und zwar mit vier modernen Vertiefungsrichtungen: Automatisierungstechnik, Digitale Kommunikationssysteme, Hochfrequenzsysteme und Intelligente Energienetze.

Vertiefungsrichtungen erweitern das Angebot.

Der Fernstudiengang ist an den normalen Präsenzstudiengang angelehnt, die Klausuren finden am Campus zusammen mit den Präsenzstudierenden statt. Inhalt und Niveau der Kurse sind folglich gleichwertig zum Präsenzstudium, nur dass die Studierenden sich all das eben weitgehend alleine beibringen müssen. Was dank einer modernen und multimedialen Form der Lehre aber möglich ist: „Die Studentinnen und Studenten bekommen keine starren Lehrbriefe, das Material ist online aufbereitet und bietet vielfältige Möglichkeiten zu einem organisierten, strukturierten sowie individualisierten Selbststudium“, so Prof. Dr. Daniel Erni von der Uni Duisburg-Essen. Und dank der Lernplattform Moodle kann man nicht nur überall und jederzeit lernen, sondern sich auch mit Kommilitonen vernetzen, sodass man letztlich doch nicht ganz alleine studiert.
Neben der Uni Duisburg-Essen können Interessierte auch an einzelnen Fachhochschulen berufsbegleitende Fern-Masterstudiengänge belegen – jeweils mit unterschiedlichen Schwerpunkten. So bieten die Hochschulen Darmstadt und Aschaffenburg im Verbund einen Elektrotechnik- Fern-Master mit den Vertiefungsrichtungen Automatisierungstechnik, Mikroelektronik und Energietechnik an. Die Fachhochschule im thüringischen Schmalkalden hat einen Master in „Elektrotechnik und Management“ im Programm. Qualifikationsziele sind hier nicht nur die Vertiefung der Fähigkeiten im Fach Elektrotechnik (inklusive einer Spezialisierung in den Bereichen Automatisierungstechnik, Elektronik oder Energietechnik), sondern zudem der Aufbau von betriebswirtschaftlichem und rechtlichem Wissen. Dagegen setzt die Hochschule Anhalt/Köthen bei ihrem Fern-Master „Elektro- und Informationstechnik“ neben der Automatisierungstechnik zusätzlich auf Kommunikationstechnik und die Entwicklung eingebetteter Mikrocontroller-Systeme (Embedded Systems). Abgesehen von den unterschiedlichen Schwerpunkten dürften auch die Kosten für manch einen Weiterbildungswilligen ein Auswahlkriterium sein. Denn diese schwanken gewaltig. Spitzenreiter sind hier die neuen Angebote der Technischen Hochschulen in Ingolstadt und Zwickau: Beim dortigen Masterstudiengang Elektromobilität kostet ein einziges Semester bereits stolze 4725 Euro. Dabei unberücksichtigt sind die hinzukommenden Reise-, Unterkunfts- und Verpflegungskosten. Denn ganz ohne Präsenzzeiten kommt kein Fernstudium aus. Je nach Wohnort können daher noch zusätzliche Kosten in erheblicher Höhe auf die Studierenden hinzukommen.

Autor: Autor: MARTIN SCHMITZ-KUHL ist freier Journalist und Autor in Frankfurt am Main sowie Redakteur beim VDE dialog.

Artikel aus dem VDE dialog 04/2016

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