Diskussionsrunde beim parlamentarischen Abend

Um die dezentrale Gestaltung der Energiewende ging es beim parlamentarischen Abend der VDE-Landesvertretung Bayern mit der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag.

| Rainer Speh
13.03.2017

Energiewende – dezentral gewinnt!

Alle wollen die Energiewende, aber keiner die Stromleitung vor Ort, wie die andauernde Diskussion zwischen Bund und Ländern zeigt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien erfordert aber im jetzigen Ansatz eine Neustrukturierung der Energienetze und damit vor allem den Zubau von Stromübertragungsleitungen. Unter dem Titel „Dezentrale Gestaltung der Energiewende“ fand genau zu diesem Thema Anfang März 2017 ein parlamentarischer Abend der VDE-Landesvertretung Bayern mit der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag statt.

„90 Prozent der regenerativen Energien werden auf der Mittel- und Niederspannungsebene eingespeist.“ So brachte es Dr. Gerhard Kleineidam, Leiter des Feldlabors der Energiewende der Universität Bayreuth auf den Punkt. In seinem Vortrag schilderte er die Energiewende aus Sicht von Stadtwerken im ländlichen Raum. In deren Netzgebiet ist eine große Anzahl regenerativer Erzeugungsanlagen installiert. Neben den damit verbundenen Herausforderungen, sprach er auch regulatorische Hemmnisse an. Diese verhindern den Aufbau zukunftsweisender Konzepte. Ein Beispiel: Beim Einspeichern von Windenergie in einen Batteriespeicher wird die EEG-Umlage fällig. Der Strom aus dem Speicher kann hinterher jedoch nicht mehr als Strom aus regenerativen Energien verkauft werden. Damit das Konzept des zellularen Ansatzes – Ausgleich der Lastflüsse auf einer möglichst niedrigen Ebene – gelingen könne, müssten laut Kleineidam die gesetzlichen Rahmenbedingungen grundlegend überarbeiten werden. Dabei gelte es, den Verdichtungsgrad und der Energiebedarf der Regionen zu berücksichtigen.

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VDE Landesvertretung Bayern

Zellularer Ansatz für die Energiewende „von unten“

Mit dem zellularen Ansatzes präsentieren Energieexperten des VDE in einer Studie Möglichkeiten zur Reduzierung des Netzausbaus bei einer zunehmend dezentral organisierten Energie-Infrastruktur: Die Großverteilerinfrastruktur muss dazu mit einer Energiewende „von unten“ ergänzt werden. Konkret heißt das: Die Erzeugung und der Verbrauch von Energie werden auf der niedrigsten Ebene in „Energiezellen“ ausbalanciert. Hier wird Energie erzeugt und direkt wieder verbraucht, ohne übergeordnete Netzebenen in Anspruch zu nehmen. Denn die effizienteste Lösung ist es, den Strom dort zu verbrauchen, wo er erzeugt wird: auf der lokalen Versorgungsebene.

„Durch den Zubau von Photovoltaik-, Windkraft- und anderen regenerativen Erzeugungsanlagen gibt es in Deutschland mittlerweile mehr als 1,6 Millionen Kraftwerke. Jeder Ansatz diese zentral steuern zu wollen, ist aufgrund der großen Anzahl und deren stark unterschiedlicher Eigenschaften von vornherein zum Scheitern verurteilt. Hier bietet der zellulare Ansatz eine Lösung“, erläuterte Prof. Rainer Speh, Chief Technology Officer (CTO) bei Siemens und ehemaliger Präsident der Energietechnischen Gesellschaft (ETG) im VDE. Auch wirtschaftlich biete das Konzept attraktive Perspektiven, besonders mit Blick auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Märkte. Durch klar definierte Schnittstellen der Energiezellen können der Betrieb der Energiezellen, aber auch die Auswahl der Technik und deren Installation durch neue Dienstleister oder auch Investoren am Markt angeboten werden. Zudem können Privatpersonen ihren Energiespeicher als Puffer vermarkten, wenn sie dies möchten.

Im Rahmen des parlamentarischen Abends übergab die VDE-Landesvertretung Bayern die Karte des deutschen Höchstspannungsnetzes des Forums Netztechnik Netzbetrieb (FNN) an Gudrun Brendel-Fischer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag. Ebenso wie die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag halten die VDE-Energieexperten das Aufspalten Deutschlands in verschiedene Strompreiszonen nicht für sinnvoll. Deswegen will der VDE die wichtigsten Hürden auflisten, die die dezentrale Gestaltung der Energiewende behindern und in einem Roundtable mit dem bayerischen Wirtschaftsministerium bewerten.