Ärzte im Flur
spotmatikphoto / Fotolia
07.10.2020 Fachinformation

Europäische Verordnung über Medizinprodukte (MDR)

Die europäische Medizinprodukteverordnung (MDR) löst die Medizinprodukterichtlinie und die Richtlinie über aktive implantierbare Medizinprodukte ab. Die MDR wurde am 25. Mai 2017 veröffentlicht. Der Übergangszeitraum dauerte ursprünglich 3 Jahre. Im Zuge der Corona-Pandemie hat die EU-Kommission diesen Übergangszeitraum um ein Jahr verlängert. Geltungsbeginn der MDR ist somit der 26. Mai 2021.

Die Auswirkungen der MDR auf die gesamte Medizintechnikbranche und damit auch auf die Qualität der medizinischen Versorgung werden seit geraumer Zeit von den Fachkreisen intensiv diskutiert. Fakt ist: die regulatorischen Anforderungen an das Inverkehrbringen von Medizinprodukten sind erheblich gestiegen und waren nie höher. Hinzu kommen Defizite bei der praktischen Umsetzbarkeit, denn die MDR stellt nicht nur hohe, sondern auch stark auslegungsbedürftige Anforderungen.  

Harmonisierte Normen helfen bei der Umsetzung der Anforderungen und lösen bei entsprechender Anwendung eine Konformitätsvermutung aus. Allerdings gibt es derzeit noch keine, mit den Anforderungen der MDR harmonisierten, europäischen Normen. Gegenwärtig ist unklar, ob und ggf. wann die vorhandenen Normen durch die EU-Kommission harmonisiert werden. 

Weiterhin fehlen noch seitens der EU-Kommission vorgesehene gemeinsamen Spezifikationen, die Teilfragen des Inverkehrbringens bestimmter Produktgruppen regeln sollen. Darüber hinaus ist mit weiteren Leitfäden der europäischen Koordinierungsgruppe für Medizinprodukte (MDCG) zu rechnen, die bestimmte, häufig unklare Aspekte mit weiteren Details ausfüllen werden. Auch die Notifizierung der Benannten Stellen nach MDR geht nur schleppend voran, so dass hier qualitativ und quantitativ ein Flaschenhals entstanden ist. Es fehlen zudem noch eine Reihe von Vorgaben und Datenbankdiensten in Zusammenhang mit der Registrierung und Nachverfolgung von Medizinprodukten. 

Die o. g. Aspekte sowie die schiere Fülle an Gesetzen, Regeln und Empfehlungen haben zur Folge, dass die einschlägigen Fachkreise um Begriffsauslegungen, Definitionen und Abgrenzungen ringen. Dies stellt eine Innovationshürde dar, denn Regulierung sollte präzise sein. Für viele, vor allem kleinere Unternehmen wird es sehr herausfordernd sein, den entstehenden Dokumentationsaufwand praktisch umzusetzen und letztlich über die Produkte am Markt zu refinanzieren. Daher muss davon ausgegangen werden, dass eine Reihe von Medizinprodukten und Medizintechnikunternehmen den Markt verlassen werden. 

Inwieweit das seitens der EU intendierte Ziel, die Patientensicherheit durch Einführung der MDR zu erhöhen, auf diese Weise erreicht werden kann, bleibt abzuwarten. Erreichen medizintechnische Innovationen die Patienten nicht mehr, da deren Inverkehrbringen finanziell nicht mehr darstellbar ist, wird die Qualität der medizinischen Versorgung nicht höher.

Sie finden einen aktuellen Überblick über die Änderungen, die mit der Einführung der MDR verbunden sind, in unserem Fachbeitrag: "Die EU Medizinprodukteverordnung (MDR): Was ändert sich?". 

Kontakt
Dr. Cord Schlötelburg