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VDE
12.04.2024 Anwendungsregel

Technische Anschlussregeln Niederspannung (VDE-AR-N 4100)

Für Planung, Errichtung und Betrieb sowie Anschluss von elektrischen Anlagen an das Niederspannungsnetz hat VDE FNN technische Anforderungen entwickelt. Sie machen die Netze fit für das Klimaschutznetz 2030.

Das Wichtigste in Kürze

VDE FNN definiert mit den „Technischen Regeln für den Anschluss von Kundenanlagen an das Niederspannungsnetz und deren Betrieb (TAR Niederspannung)“ (VDE-AR-N 4100) den nationalen Standard für den Netzanschluss von Kundenanlagen in der Niederspannung.

Die TAR Niederspannung gilt für Bezugsanlagen sowie in Verbindung mit „Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz – Technische Mindestanforderungen für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“ (VDE-AR-N 4105), ebenfalls für Erzeugungsanlagen.

Die TAR Niederspannung wird rollierend überarbeitet. Derzeit sind folgende Arbeitsstände der TAR Niederspannung zu berücksichtigen:


Nutzen und Verbesserung

Die TAR Niederspannung bietet ein einheitliches und harmonisiertes Regelwerk für diese Spannungsebene. Folgende Themengebiete sind aktuell enthalten und in Überarbeitung:

Aktuell enthalten

In Überarbeitung

Allgemeine Grundsätze des Netzanschlusses

Netzrückwirkungen

Ausgestaltung des Netzanschlusses

Mehrere Netzanschlüsse in einem Gebäude und auf einem Grundstück

Ausgestaltung des Hauptstromversorgungssystems

Halbindirekte Messungen

Zählerplätze und Zählerschränke

Erfassung von Messwerten im Vorzählerbereich

Stromkreisverteiler

Anmelde- und zustimmungspflichtige Vorgänge beim Netzanschluss

Steuerung und Datenübertragung, Kommunikationseinrichtungen

Einführung digitaler Netzanschlussprozess

Betrieb der Kundenanlage

Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen 

Auswahl von Schutzmaßnahmen

Anforderungen an Anschlussschränke im Freien

Vorübergehend angeschlossene Anlagen

Die TAR Niederspannung wird durch folgende VDE FNN Hinweise und Infopapiere ergänzt:

Zielgruppen

Die TAR Niederspannung dient gleichermaßen dem Netzbetreiber wie dem Errichter als Planungsunterlage und Entscheidungshilfe. Außerdem erhält der Betreiber wichtige Informationen zum Betrieb solcher Anlagen.

  • Netzbetreiber
  • Errichter/Planer
  • Elektrohandwerk
  • Hersteller

Die TAR Niederspannung ist die Basis für die Technischen Anschlussbedingungen (TAB) Niederspannung der Netzbetreiber. Der (Verteil-) Netzbetreiber ergänzt die Technischen Anschlussregeln um seine netzspezifischen Anforderungen und veröffentlicht diese dann als TAB Niederspannung auf seiner Website. Die TAB des (Verteil-) Netzbetreibers gelten zusammen mit Paragraf 19 EnWG [2] „Technische Vorschriften“ und sind somit Bestandteil von Netzanschlussverträgen und Anschlussnutzungsverhältnissen.


FAQ

Die TAR Niederspannung fasst die technischen Anforderungen zusammen, die bei der Planung, bei der Errichtung, beim Anschluss und beim Betrieb von elektrischen Anlagen an das Niederspannungsnetz des Netzbetreibers zu beachten sind. Um weitergehende Hilfestellung bei der Nutzung der Anwendungsregeln zu geben, veröffentlichen wir an dieser Stelle einen Teil der uns erreichenden Fragen nach Abschnittsnummern der TAR Niederspannung geordnet als FAQ.

10.6 Besondere Anforderungen an den Betrieb von Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge - Blindleistung

Erfordert die Installation einer Ladeeinrichtung mit 11 kW Bemessungswirkleistung die Zustimmung des Netzbetreibers?

Erfordert die Installation einer Ladeeinrichtung mit 11 kW Bemessungswirkleistung die Zustimmung des Netzbetreibers?

Antwort:

Im Abschnitt 4.1 steht: Wenn die Summen-Bemessungsscheinleistung aller Ladeeinrichtungen in einer Kundenanlage 12 kVA überschreitet, sind diese zustimmungspflichtig.

Bei der Ermittlung der Summen-Bemessungsscheinleistung sind bestehende Ladeeinrichtungen mit einzubeziehen.

Aus dem Abschnitt 10.6.3 lassen sich folgende ergänzende Aussagen ableiten:

  • Bei der Bemessungsleistung Pn ist ein cos φ von ≥ 0,95 einzuhalten.
  • Bei kleineren Leistungen als der Bemessungsleistung (oberhalb von 5 % Pn) ist ein cos φ ≥ 0,90 einzuhalten.
  • Hieraus ergibt sich, dass eine Ladeeinrichtung mit 11 kW Bemessungswirkleistung eine Bemessungsscheinleistung von 12 kVA in der Praxis nicht überschreitet und somit nicht zustimmungspflichtig ist.
  • Die Summenbemessungsscheinleistung am Netzanschlusspunkt/Kundenanlage ist für die Beurteilung, ob eine Zustimmung des Netzbetreibers erforderlich ist, entscheidend. Eine einzelne Ladeeinrichtung mit einer Bemessungsleistung von 11 kW am Netzanschlusspunkt ist anmelde- aber nicht zustimmungspflichtig.

Fazit: Die Installation einer ersten Ladeeinrichtung mit maximal 11 kW Bemessungswirkleistung erfordert keine Zustimmung des Netzbetreibers, sofern die im Netzanschlussvertrag vereinbarte gleichzeitig benötigte Leistung nicht überschritten wird.

11.1 Auswahl von Schutzmaßnahmen - Allgemeines

Kann für neu zu errichtende Gebäude unabhängig vom Netzsystem eine zum Fundamenterder nach DIN 18014-2014-03 alternative Erdungsanlage errichtet werden?

Kann für neu zu errichtende Gebäude unabhängig vom Netzsystem eine zum Fundamenterder nach DIN 18014-2014-03 alternative Erdungsanlage errichtet werden?

Antwort:

Grundsätzlich sind gemäß Abschnitt 11.1 Fundamenterder nach DIN 18014 zu errichten. Von der Anforderung zur Errichtung eines Fundamenterders nach VDE-AR-N 4100:2019-04, Abschnitt 11 kann in begründeten Einzelfällen abgewichen werden, wenn dies zwischen Netzbetreiber und Anschlussnehmer, z. B. unter Verweis auf DIN 18015-1:2020-05, Abschnitt 7, vereinbart wird. Die abweichende Lösung muss – insbesondere im Hinblick auf Erdfühligkeit, Korrosionsbeständigkeit, thermische Beanspruchung und mechanische Festigkeit – gleichwertig sowie für die Erreichung der Schutzziele und Funktionen geeignet sein.

Der Normentwurf E DIN 18014:2021-01 beschreibt gleichwertige Ausführungen von Erdungsanlagen mit Erdern ausgeführt als Ringerder, Vertikalerder, Fundamenterder oder als Kombination dieser Erder.

Die VDE FNN Info "Erdungsanlagen von Gebäuden bieten Sicherheit und Kundennutzen" erläutert die Funktion und Installation von Erdungsanlagen.

11.2.1 Überspannungsschutz – Allgemeines

Wann und wie ist der Überspannungsschutz bei Stromkreisen zur Versorgung von Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge auszuführen?

Wann und wie ist der Überspannungsschutz bei Stromkreisen zur Versorgung von Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge auszuführen?

Antwort:

Zur Bestimmung der Notwendigkeit von Maßnahmen zum Überspannungsschutz ist grundsätzlich zu prüfen, ob Kriterien nach DIN VDE 0100-443, Abschnitt 443.4 – z. B. Gewerbe- und Industrieaktivitäten - erfüllt werden. Falls mindestens eines der Kriterien nach Abschnitt 443.4 zutrifft, ist Überspannungsschutz am Speisepunkt der elektrischen Anlage zu errichten.

Bei der Auswahl und Errichtung der Überspannungs-Schutzreinrichtungen sind die Anforderungen von DIN VDE 0100-534 zu erfüllen.

Bei der Notwendigkeit von Überspannungsschutz in Stromkreisen zur Versorgung von Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge nach DIN VDE 0100-722 können folgende Fälle unterschieden werden:

Fall 1: Ladeeinrichtungen im privaten / nicht-öffentlichen Bereich – bei Gebäuden ohne äußerem Blitzschutzsystem – Bild 1

  • Ist im Gebäude kein Überspannungsschutz vorhanden, dann muss bei Errichtung eines neuen Stromkreises für eine Ladeeinrichtung mindestens ein SPD Typ 2 am Speisepunkt der Anlage errichtet werden.
  • Es wird ein zusätzlicher Überspannungsschutz an der Ladeeinrichtung zum Schutz der Ladeeinrichtung und des Elektrofahrzeuges bei Leitungslängen > 10 Meter empfohlen. (Fall 1.1 und 1.2). Abweichend kann bei einer durchgehenden Schirmung*) der Leitung zur Ladeeinrichtung (z.B. geschirmte Leitungsverlegung oder Schirmwirkung von Gebäuden in Stahlbetonbauweise z.B. in Tiefgaragen), auf den empfohlenen zusätzlichen Überspannungsschutz verzichtet werden.  Dies erfolgt in einer dokumentierten Absprache zwischen Auftraggeber / Betreiber und Planer (Fall 1.3).

*) Vorgaben zur Leitungs- und Raumschirmung siehe DIN EN 62305-4:

  • Kabelschirme beidseitig großflächig an Potentialausgleich anschließen;
  • Kabelschirm mindestes 6mm² Kupfer
  • Geschirmte Leitung mit einer empfohlenen Überdeckung des Kabelschirms von mindestens 85% - siehe Datenblatt

Fall 2: Ladeeinrichtungen im privaten / nicht-öffentlichen Bereich – bei Gebäuden mit äußerem Blitzschutzsystem – Bild 2

  • Bei Gebäuden mit äußerem Blitzschutzsystem ist ein SPD Typ 1 am Speisepunkt erforderlich.
  • Zusätzlicher Überspannungsschutz an der Ladeeinrichtung ist notwendig bei einer Leitungslänge von mehr als 10 Meter zwischen dem installierten Überspannungsschutz und der Ladestation -falls keine durchgehende Schirmung*) vorhanden ist.
  • Bei der Auswahl des zusätzlichen Überspannungsschutzes ist auch die Einhaltung des Trennungsabstandes zwischen Blitzschutzanlage und Ladeeinrichtung und Ladestromkreis zu berücksichtigen.
  • Bei Fragen zu möglicherweise notwendigen zusätzlichen Maßnahmen, z.B. einem äußeren Blitzschutzsystem der Ladeeinrichtung, ist eine Blitzschutzfachkraft zu konsultieren.

*) Vorgaben zur Leitungs- und Raumschirmung siehe DIN EN 62305 -3 und -4:

  • Kabelschirme beidseitig großflächig an Potentialausgleich anschließen;
  • Kabelschirm mindestes 6mm² Cu, falls keine Blitzteilströme über Schirm zu erwarten sind;
  • Kabelschirm mindestens 16mm² Cu, falls Blitzteilströme über Schirm zu erwarten sind;
  • Geschirmte Leitung mit einer empfohlenen Überdeckung des Kabelschirms von mindestens 85% - siehe Datenblatt

Fall 3: Öffentlich zugängliche Ladeeinrichtungen – Bild 3

Bei öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen sind Maßnahmen zum Überspannungsschutz vorzusehen, da diese entsprechend VDE 0100-443, Abschnitt 443.4 öffentliche Einrichtungen darstellen. Dies wird durch den Hinweis in VDE 0100-722, Abschnitt 722.443.4 nochmals verdeutlicht: „Ein öffentlich zugänglicher Anschlusspunkt wird als Teil einer öffentlichen Einrichtung erachtet und muss daher bei transienten Überspannungen geschützt sein.“

Bei öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen, die an ein Gebäude mit Überspannungsschutz nach DIN VDE 0100-443 angeschlossen sind, ist die Forderung von DIN VDE 0100-722 durch den Überspannungsschutz im Gebäude bereits erfüllt. Es sind die Hinweise zu den Fällen 1 und 2 zu beachten.

Bei öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen, die direkt an das öffentlichen Niederspannungsnetz angeschlossen sind, ist Überspannungsschutz an oder in der Ladestation nach DIN IEC/TS 61439-7 (VDE V 0660-600-7)) vorzusehen – – siehe auch VDE-AR-N 4100, Abschnitt 12.

12 Zusätzliche Anforderungen an Anschlussschränke im Freien

Wie ist Überspannungsschutz bei Zähleranschlussschränken außerhalb eines Gebäudes auszuführen?

Wie ist Überspannungsschutz bei Zähleranschlussschränken außerhalb eines Gebäudes auszuführen?

Antwort:

Die nach DIN VDE 0100-443 geforderte Maßnahme zum Schutz bei transienten Überspannungen, die über das Stromversorgungsnetz übertragen werden, muss durch die Errichtung von Überspannungsschutz nach DIN VDE 0100-534 Abschnitt 534.4.1 umgesetzt werden. Nach 534.4.1 müssen Überspannungs-Schutzeinrichtungen (Surge Protective Device, SPD) so nah wie möglich am Speisepunkt der Anlage errichtet werden. Diese Anforderung ist bei Zähleranschlussschränken im Freien durch eine Überspannungs-Schutzeinrichtungen Typ 2 im Stromkreisverteiler innerhalb des Gebäudes (siehe Bild 1: Beispiel für Überspannungs-Schutzeinrichtung (Surge Protective Device, SPD) im Stromkreisverteiler innerhalb des Gebäudes bei Zähleranschlussschrank außerhalb eines Gebäudes) erfüllt.

Wird ein Betriebsmittel eines intelligenten Messsystems im Zähleranschlussschrank im Freien installiert, empfiehlt sich der zusätzliche Einsatz von Überspannungs-Schutzeinrichtungen (siehe Bild 2: Beispiel für Überspannungs-Schutzeinrichtung (Surge Protective Device, SPD) im Hauptstromversorgungssystem bei Zähleranschlussschrank außerhalb eines Gebäudes). In diesem Fall müssen die Überspannungs-Schutzeinrichtungen zusätzlich die Anforderungen nach Absatz 11.2 der VDE-AR-N 4100 erfüllen. Bei der Umsetzung der Schutzmaßnahme sind darüber hinaus die Entfernung des Zähleranschlussschrankes zum Gebäude und das Vorhandensein einer äußeren Blitzschutzanlage am Gebäude zu berücksichtigen. Zu beachten ist, dass eine zusätzliche Erdungsverbindung von der Überspannungs-Schutzeinrichtung im Zähleranschlussschrank zur Haupterdungsschiene im Gebäude herzustellen ist.

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