Smart Grid
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20.05.2019 Veranstaltungsrückblick

Microgrids, Sektorenkopplung und Digitalisierung – Energiesysteme der Zukunft

Die Fragen, wie wir künftig Energie erzeugen, effizient verteilen und verwalten werden und welche Rolle die Digitalisierung dabei spielt, standen beim DKE Innovation Campus 2019 im Mittelpunkt. Über 300 Experten und Teilnehmer präsentierten und diskutierten Ideen, Herausforderungen und Lösungsansätze für die Energiesysteme der Zukunft.

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Digitalisierung als Chance

In einem Punkt sind sich die Experten einig: Klimakrise und Digitalisierung werden unser Leben in Zukunft verändern. Jeden Tag kommen neue Technologien auf den Markt, die Geräte und Prozesse per Internet verknüpfen. Laut Referent Karl-Heinz Land sind Online- und Offline-Realität bereits jetzt untrennbar miteinander verbunden. Alles, was digitalisiert, vernetzt und automatisiert werden könne, werde auch digitalisiert, vernetzt und automatisiert. Die viel diskutierte Digitale Transformation werde nicht kommen, sondern sei schon längst da. Doch sollte diese nicht als Gefahr, sondern vor allem als Chance wahrgenommen werden, unser Leben zu verbessern und schließlich sogar die komplette Klimakatastrophe zu verhindern.

Auch als Chance sieht Darius Chaman Ara die Digitalisierung. Er bezieht sich dabei allerdings auf ein ganz spezielles Thema. Mit einer neu entwickelten App, die er auf dem Innovation Campus vorstellte, werden Stromkosten für Verbraucher transparenter gemacht. Echtzeitdaten ermöglichen dabei eine Vielzahl von Funktionen. Eine Idee ist es zum Beispiel die bisher üblichen Notfallknöpfe im Bereich Altenpflege zu ersetzen. Anhand der Daten zum Stromverbrauch kann länger andauernde Inaktivität im Haushalt automatisch festgestellt werden. Viele weitere Anwendungen sind denkbar und seien bereits in Planung und Entwicklung.

Herausforderungen neuer Energienetze

Gemäß dem Motto des DKE Innovation Campus 2019 „All Electric Society – Transformation der Energiewelt“ standen neben der Digitalisierung vor allem Energiethemen im Mittelpunkt der Veranstaltung. Dabei befassten sich die Experten mit der Frage, wie die Energiesysteme der Zukunft aussehen könnten und vor welchen Herausforderungen wir jetzt, aber auch in den nächsten Jahren stehen werden.

Als eine vielversprechende Zukunftslösung gelten zellulare Energiesysteme. Über diese Microgrids sprach auch Dr. Michael Stadler. Er hält die Sektorenkopplung dabei für besonders wichtig und beschränkt sich deshalb bei seiner Arbeit nicht alleine auf den Strom, sondern befasst sich mit Strom-Wärme-Kälte-Microgrids. Diese werden, so Stadler, schon jetzt immer beliebter, auch bei großen Firmen, die die dezentrale Energieversorgung für sich entdeckten. Um ein effizientes System zu erhalten, sei aber die Standardisierung der Planungsprozesse dieser Systeme unbedingt notwendig. Auch der Zugriff auf Echtzeitdaten müsse besser geregelt und für Verbraucher möglich gemacht werden. Stadler arbeitet mit seinem Team bereits jetzt an einer Softwarelösung zur Planung zellularer Energiesysteme. Die Vision: Jeder soll in der Lage sein, sich mit dem Smartphone sein eigenes Microgrid zu planen.

Netztransparenz und neue Sicherheitskonzepte

Die Frage, welche Voraussetzungen für ein „Energy Ecosystem“ der Zukunft nötig sind, diskutierten Michael Häcker, Steffen Fries, Peter Kellendonk, Detlef Schumann und Andreas Ulbig. Die Experten stimmten überein, dass mehr Daten für eine Planung von Netzen und den anschließenden Betrieb benötigt werden. Ulbig erklärte, dass viele Verteilernetze in Deutschland im Moment noch eine „Black Box“ seien, die keine Sensoren enthielten und dadurch keine Daten liefern würden. Mehr Messungen, Analysen und damit Daten böten zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten und Einsparpotenziale. Smart Meter ermöglichten außerdem einen besseren Einblick in den Netzbetrieb, der präzisere Prognosen zuließe und die Planung von Zukunftsszenarien erlaubte. Netztransparenz und mehr Kosteneffizenz seien das Ziel.

Bei künftigen Energienetzen, die auf viele Daten zugreifen, spielt das Thema Cyber Security eine wichtige Rolle. Dieses stand unter anderem im Mittelpunkt des Vortrags von Steffen Fries. Sein Fazit: „Sicherheitskonzepte müssen kontinuierlich an die aktuelle Bedrohungslage angepasst werden.“ Mit den anderen Experten der Session war er sich einig, dass für die Energiesysteme der Zukunft insgesamt neue Lösungsansätze gefunden werden müssen, die auch neue Akteure und veränderte Hierarchien berücksichtigten. Dazu gehören unter anderem branchenübergreifende Standards.

Mehr Akzeptanz gefordert

Den Abschluss des DKE Innovation Campus 2019 bildeten Präsentationen und eine spannende Diskussion zu den Hindernissen der Energiewende. Referent Jens Mühlhaus sieht das größte Problem aktuell in der Politik und beim Widerstand der Bürger. Insgesamt fehle noch der Grundkonsens in der Gesellschaft für erneuerbare Energien. Vorteile wie niedrige Kosten und neu geschaffene Arbeitsplätze müssen stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden.

Die Teilnehmer der Abschlussdiskussion Roland Bent, Ansgar Hinz, Jens Mühlhaus, Dr. Michael Stadler und Detlef Schumann forderten unter anderem neue Geschäftsmodelle, um die Energiewende umzusetzen. Auch sie waren der Meinung, dass das Akzeptanzproblem in der Gesellschaft gelöst werden müsse. Mühlaus glaubte aber auch, dass sich der äußere Druck in den nächsten Jahren verstärken und immer mehr Menschen eine schnelle Wende hin zu erneuerbaren Energien fordern werden. Der Innovation Campus zeigte einige Ideen auf, wie diese letztlich zum Erfolg geführt werden kann und wie wir mithilfe neuer Technologien jetzt schon auf dem richtigen Weg sind.

Einen ausführlichen Nachbericht zum DKE Innovation Campus 2019 mit Fotos und Videos finden Sie auf der Veranstaltungswebsite.

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15.02.2024 TOP

Die Energiewende ist eine Generationenaufgabe: Bis 2050 soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung auf mindestens 80 Prozent steigen. Das bringt nie dagewesene Herausforderungen mit sich – aber auch einzigartige Chancen. Die Normen und Standards, die der VDE entwickelt, sind dafür Wegbereiter. Sie spielen bei allen wichtigen Zukunftsthemen eine Rolle: vom Internet of Energy (IoE) bis zur Cyber Security, bei Power2X und E-Mobility, bei Microgrids und in Smart Markets.

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