Blitzschutzanlagen müssen nur dann auf den aktuellen Stand der Normung gebracht werden, wenn dies durch Gesetze oder Verordnungen ausdrücklich vorgeschrieben wird. Dies kann beispielsweise für Gebäude mit explosionsgefährlichen Stoffen oder für Krankenhäuser etc. sein.
Die VDE-Justiziarin, Frau Dr. Beate Mand, im Januar 2005 dazu:
Häufig wird z.B. bei Änderungen bestehender Blitzschutzanlagen die Frage gestellt, ob die zu einem bestimmten Zeitpunkt erstellten Blitzschutzanlagen, errichtet nach dem damaligen Normenstand, entsprechend der aktuellen Normen angepasst werden müssen.
Die allgemeine Antwort lautet: Es kann keine generelle Empfehlung ausgesprochen werden, wie mit bestehenden Blitzschutzanlagen zu verfahren ist. Es ist immer eine Einzelfallprüfung durch die beteiligten Parteien durchzuführen.
Technische Normen sind keine Rechtsnormen. Als privater Verein kann der VDE nicht allgemeinverbindliches Recht setzen. Das Rechtsetzungsmonopol liegt nach der Verfassung beim Staat.
Technische Normen können aber im Verhältnis von Vertragspartnern zueinander dadurch rechtsverbindlich werden, dass ihre Geltung wirksam vereinbart wurde. Ebenso können sie durch rechtskräftiges Urteil unter Prozessparteien rechtliche Maßgeblichkeit erlangen, so etwa, wenn das Gericht im Haftpflichtprozess die Sorgfaltspflichten bei der Herstellung oder Verwendung von Blitzschutzanlagen nach bestimmten VDE-Vorschriften bemisst. Aber auch hier handelt es sich nur um eine auf den konkreten Fall bezogene Rechtsgeltung inter partes.
Speziell sicherheitstechnischen Normen kommt aufgrund ihrer eigenen Schutzfunktion jedoch ein normativer Charakter zu. Sie dienen dem Schutz von Leben, Gesundheit, Sachgütern und Umwelt. Wer die einschlägigen technischen Normen befolgt, erfüllt deshalb in aller Regel die ihm zum Schutz fremder Rechtsgüter und Rechte obliegende Verkehrspflichten, kann also im Falle eines dennoch eintretenden Schadens nur schwer haftbar gemacht werden. Insbesondere bei Änderung dieser "Regeln der Technik" bleibt es aber immer einer Einzelfallbewertung vorbehalten, ob tatsächlich in ausrechendem Maße alles Zumutbare zum Schutz von Leben, Gesundheit, Sachgütern und Umwelt getan wurde. Mit der Problematik verbunden sind darüber hinaus auch versicherungsrechtliche Fragestellungen. Auch hier kommt es auf die einzelne Vertragsgestaltung an, bspw. welche konkreten Verpflichtungen der Versicherungsnehmer im Hinblick auf brandtechnische Sorgfaltsmaßnahmen übernommen hat.
Zur Gültigkeit von VDE-Vornormen gibt es eine separate Stellungnahme. Auch dort wird unterstrichen, dass VDE-Normen kein Recht setzten, allerdings „Sollsätze“ aufstellen, unter welchen Voraussetzungen Blitzschutzanlagen dem Stand der Technik entsprechen. Bei Fragen, wann ein Hersteller einer solchen Anlage seine Verpflichtungen aus einem Werkvertrag erfüllt hat, kann man nur auf den Zeitpunkt abstellen, zu dem die Werkleistung erbracht und abgenommen wurde. Spätere Änderungen können sich bei dieser Bewertung nicht auswirken.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine generelle Erklärung des VDE nicht möglich ist, eine Haftung des Eigentümers sei ausgeschlossen, wenn man eine Blitzschutzanlage nach zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden Normen errichtet, sich diese Normen zu einem späteren Zeitpunkt aber ändern. Umgekehrt kann nicht generell erklärt werden, für den Hauseigentümer besteht eine generelle Pflicht, Blitzschutzanlagen immer den neuesten Normen anzupassen. Die Beantwortung dieser und der damit im Zusammenhang stehender versicherungsrechtlicher oder haftungsrechtlicher Fragen bedarf immer einer Bewertung des Einzelfalles und kann vom VDE nicht vorgenommen werden.