Schwerte. Ganz weiß und blau und vor allem strahlend hell sei es plötzlich gewesen, berichten alle übereinstimmend. Und dann das Krachen. Dass der Blitz den Vater und die fünf Jungs nicht direkt getroffen haben kann, wurde später auf der Intensivstation des Evangelischen Krankenhauses festgestellt. Doch wie nah mag es wohl eingeschlagen haben?
Eigentlich sollte es am Donnerstag ein ganz gemütlicher Abend im Wald werden. Vater Klaus Neumayer, Industriemeister aus Schwerte, war mit seinen Söhnen Stephan (14) und Andy (17), ihren Cousins Dennis (17) und Jasko (17) und Freund Dino (14) zum Eggelager oben im Wald bei Hagen-Breckerfeld gefahren. Als es am Spätnachmittag zu tröpfeln begann, krochen die Jungs unter die große Plane, um nicht nass zu werden.
"Wie hoch sind wohl die Chancen, dass hier der Blitz einschlägt", hatte einer noch gefrotzelt, als es zum ersten Mal mächtig krachte. "Das muss ganz nah gewesen sein", sagt einer, "denn es donnerte gleichzeitig mit der Helligkeit." Vater Neumayer, der noch draußen stand, sei "schnell wie der Blitz" ebenfalls unter der Plane gewesen. Draußen brach das Unwetter richtig los, doch drinnen machte man es sich noch bequem. Andy wollte mit einer Hand am Rand noch einen kleinen Graben schaufeln und Klaus Neumayer mit erhobenem Arm das Wasser von der Plane drücken, als es zum zweiten Mal einschlug.
"Ich spürte einen starken Schmerz vom Arm bis runter ins Bein", berichtet Andy. Dino hörte die anderen schreien und sah sie "alle so komisch zittern", Jasko hatte "ein Kribbeln im Bein wie 1000 Bienen", und Stephan nahm "einen hellen Streifen" wahr und dann kam der Blackout. Alle schrien und rannten durcheinander, doch Dennis konnte mit verkrampften Beinen kaum aufstehen und stürzte beim Weglaufen. Vater Neumayer hatte es zwar am schlimmsten erwischt mit einer kurzfristigen Lähmung in Arm und Bein, aber er behielt die Übersicht, scheuchte die Jungs ins nahe Auto und startete durch nach Schwerte.
Dort bestand Mutter Renate Neumayer, nachdem die durchgeweichten Sechs die Kleider gewechselt hatten, erst einmal auf einem Krankenhausbesuch. Und auch dort reagierten die Ärzte vorsichtig. Obwohl keiner der Beteiligten Verbrennungen oder sonstige Blitzmale aufwies, wurden alle für eine Nacht in die Intensivstation gesteckt. Denn ein Gewitter hält machmal noch andere Entladungen als den unmittelbaren Einschlag bereit. Neben der Schockbehandlung wurden EKGs geschrieben, Blutdruck und Herzrhythmus überwacht und Herzenzyme untersucht. Glücklicherweise blieben keine Spuren, nur der Vater musste gestern noch ein Langzeit-EKG mit sich herumtragen. Und natürlich steckte der Schreck noch allen in den Knochen.
Quelle: Westfälische Rundschau, 13.08.2004
ABB-Kommentar: Für den Menschen ist nicht nur der direkte Blitzeinschlag gefährlich, sondern auch die Schritt- und Berührungsspannung.