Die Pelton-Turbine ähnelt von allen Turbinenarten am stärksten dem klassischen Wasserrad. Diese Turbine wird bevorzugt in Kraftwerken mit großen Fallhöhen und geringen Durchflüssen eingesetzt.
Ein Peltonrad hat je nach Größe 20 bis 40 becherförmige Schaufeln, auf die der Wasserstrahl aus einer oder mehreren regelbaren Düsen mit sehr hohem Druck trifft. Der Strahl wird dabei so gelenkt, dass er seine Energie fast vollständig an die Turbine abgibt. Der Wirkungsgrad einer Pelton-Turbine liegt zwischen 85 und 90 %. Bei einer Fallhöhe von 1.000 m schießt beispielsweise der Wasserstrahl mit einer Geschwindigkeit von rund 500 km/h aus der Düse, bevor er auf die Becher trifft.
Viele der Wasserkraftanlagen übernehmen mit ihren Einrichtungen auch noch zahlreiche Zusatz- bzw. Mehrzweckaufgaben im Bereich der Wasserbewirtschaftung, wie z.B. Hochwasserschutz, Gewässerregulierung, Sicherstellung der Schifffahrt oder Schaffung von Freizeit- und Erholungsraum.
Neben den klassischen Formen der Wasserkraftnutzung im Binnenland existieren noch einige Sonderformen, insbesondere im maritimen Bereich. Hier werden vor allem die Gezeiten (s. Kasten), die Meeresströmung mittels unter Wasser installierter Propeller und die Wellenenergie mit unterschiedlichen, zum großen Teil noch nicht serienreifen Techniken genutzt. Viele dieser Nutzungsarten und der zugehörenden Techniken befinden sich augenblicklich mehr oder minder im Entwicklungsstadium, da die hier einzusetzenden Anlagenkomponenten besonderen Anforderungen vor allem durch das Salzwasser stand halten müssen. Hinzu kommt vielfach die noch nicht abschließend gelöste Frage der Energieableitung über weite Distanzen hin zu den Verbrauchsstätten. Mittel- bis langfristig wird diese Nutzungsform sicherlich an manchen Orten eine gewisse Rolle spielen können.
Das Gezeitenkraftwerk Rance
Dieses Kraftwerk nutzt seit 1966 das Mündungsbecken des Flusses Rance vor St. Malo (Normandie, Frankreich) an der Kanalküste mit 22 km² Oberfläche und 20 km Länge. Zwischen den Meeresspiegellagen ? 0 m ü. NN und 13,5 m ü. NN kann hier ein Volumen von 184 hm3 bei einem Durchfluss von bis zu 18.000 m³/s genutzt werden. Hierzu wurde ein 750 m langer Damm mit Schleuse, Krafthaus und Wehranlage errichtet. Im Krafthaus sind 24 Kaplan-Rohrturbinen von je 10 MW installierter Leistung angeordnet, die je nach Fließrichtung des Wassers infolge der Tide Strom - im Mittel ca. 550 GWh pro Jahr - erzeugen.
Struktur der Wasserkraft
Derzeit erzeugen in Deutschland etwa 6.000 bis 7.000 Wasserkraftanlagen unterschiedlicher Größe Strom. Dabei wird die Mehrzahl der kleineren Wasserkraftanlagen von Privatpersonen betrieben, zahlreiche Anlagen befinden sich aber auch schon immer im Besitz der größeren Energieversorgungsunternehmen (EVU). Die größeren Anlagen gehören überwiegend EVU sowie Industrieunternehmen und sind meist ein wichtiger Baustein in deren Erzeugungsportfolio. Diese knapp 100 Anlagen mit einer installierten Leistung über 10 MW erzeugen dabei etwa 2/3 der gesamten mittleren Stromerzeugung aus Wasserkraft [1].
Aufgrund der notwendigen physikalischen Randbedingungen hängt das nutzbare Potenzial der Wasserkraft vor allem von den geografischen Gegebenheiten ab. Aus diesem Grund sind mehr als drei Viertel des Potenzials in Bayern (ca. 57 %) und Baden-Württemberg (ca. 25 %) verfügbar, der Norden der Bundesrepublik Deutschland zeichnet sich hingegen kaum durch Möglichkeiten der Stromerzeugung aus Wasserkraft aus [2].
Insgesamt werden in Deutschland derzeit rund 3/4 des technisch nutzbaren Wasserkraftpotenzials zur Stromerzeugung herangezogen. Mit knapp 5.000 MW installierter Leistung in Lauf- und Speicherwasserkraftanlagen wurden im Jahre 2006 ca. 21,6 TWh erzeugt. Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtbruttostromerzeugung von 3,5 % [3]. Damit ist die Wasserkraft die zweitwichtigste erneuerbare Energiequelle nach der Windkraft. Das derzeit noch nicht genutzte Wasserkraftpotenzial wird einerseits an bereits vorhandenen Wasserkraftanlagenstandorten aufgrund des notwendigen hohen Investitionspotenziales erst im Zuge von größeren Modernisierungsmaßnahmen erschließbar sein. Andererseits sind einige mögliche Standorte von Wasserkraftanlagen heute gesellschaftspolitisch nicht genehmigungsfähig, so dass dieses Potenzial derzeit nicht genutzt werden kann.
Aktuelle und künftige Entwicklung
Neben dem Erhalt der zum Teil über 100 Jahre alten Wasserkraftanlagen und damit auch deren Erzeugungspotenzial besteht in Deutschland nur noch eine begrenzte Möglichkeit, die Nutzung der Wasserkraft auszubauen. So wären einerseits im Rahmen von Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen vor allem bei größeren Anlagen eine zusätzliche Leistung von ca. 400-500 MW bzw. eine weitere Stromerzeugung in Höhe von etwa 2,2-2,7 TWh/a erschließbar [1]. Andererseits stehen bisher nicht genutzte Standorte in ähnlichem Umfang theoretisch zur Verfügung, deren Nutzung ernsthaft in Erwägung gezogen werden könnte. Das langfristige Potenzial der Wasserkraft wird bei rund 24 TWh/a gesehen [1].
Das bisherige Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus dem Jahre 2000 und dessen zum 01.08.2004 vorgenommene Novelle fördert auch die Wasserkraft. Hierbei wurde und wird jedoch vor allem die sogenannte kleinere Wasserkraft mit einer installierten Leistung bis zu 5 MW durch eine erhöhte Vergütung unterstützt.
Mit der EEG-Novelle 2004 haben auch Ausbauprojekte bei der größeren Wasserkraft, die bis Ende 2012 realisiert werden, mit einer erhöhten Vergütung in engen Grenzen Berücksichtigung gefunden. Allerdings wird der damit erhoffte Ausbau so nur sehr begrenzt erreicht werden können, denn die Planungs- und Genehmigungsverfahren dauern bei größeren Projekten vielfach länger als fünf Jahre - es werden also bis 2012 nur bereits sehr weit vorangetriebene Bauvorhaben realisiert werden können.
Bei dem größten dieser Projekte handelt es sich um den Neubau der Wasserkraftanlage Rheinfelden am Hochrhein zwischen Bodensee und Basel, der bis 2011 abgeschlossen sein soll. Durch den Neubau wird die bisherige Anlage aus dem Jahre 1898 ersetzt, so dass durch dieses Kraftwerk künftig die vierfache Strommenge (600.000 kWh/Jahr) erzeugt und damit weit über 500.000 Personen versorgt werden können.
Darüber hinaus werden jedes Jahr zahlreiche kleinere Anlagen erneuert und deren Arbeitsvermögen erhöht. Dadurch wächst die durch Wasserkraft erzeugte Strommenge in Deutschland alljährlich.
Quellennachweis
[1] Heimerl, S.; Giesecke, J.: Wasserkraftanteil an der elektrischen Stromerzeugung in
Deutschland 2003. In: Wasserwirtschaft 94 (2004), Heft 10, Seite 28-40
[2] Giesecke, J.; Mosonyi, E.: Wasserkraftanlagen - Planung, Bau und Betrieb.
4. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York: Springer-Verlag, 2005
[3] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.):
Entwicklung der erneuerbaren Energien im Jahr 2006 in Deutschland; Stand: 21.02.2007