Der in unmittelbarer Nachbarschaft des Stuttgarter Fernsehturms Jahre errichtete Fernmeldeturm ersetzte einen technisch veralteten Vorgängerbau aus den 1950er Jahren und ist damit ein gutes Beispiel für die Modernisierung der Fernmeldeanlagen seit den 1970er Jahren.
Beschreibung
erbaut: 1970-72
Planung / Entwurf: Leonhardt, Andrä & Partner
Ausführung: Siemens-Bauunion GmbH, Wayss & Freytag AG
Der in Stahlbetonbauweise errichtete Fernmeldeturm auf dem Frauenkopf ersetzte einen Vorgängerbau aus dem Jahre 1954, der zunächst im Richtfunkverkehr der Deutschen Bundespost, seit 1960 dann auch im Funkverkehr des ersten Mobilfunknetzes, des »A-Netzes«, eingesetzt wurde. Da dieser Turm den zunehmenden Anforderungen nicht mehr gewachsen war, wurde ein Neubau geplant. Die Planungs- und Entwurfsarbeiten übernahm das von Fritz Leonhardt, dem »Vater« des Stuttgarter Fernsehturms, gegründete Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä & Partner. Der Entwurf orientierte sich an den Konstruktionsprinzipien des Typenturms »FMT 3«. Die standardisierten Entwürfe für die Fernmelde-»Typentürme« waren in den 1950er Jahren unter der Regie des damaligen Bundespostministeriums definiert worden.
Beim Entwurf des Fernmeldeturms waren verschiedene Vorgaben zu berücksichtigen. Er sollte dem nur 1,5 km entfernten Stuttgarter Fernsehturm, dem Wahrzeichen der Stadt, nicht den Rang ablaufen. Zudem war dem Nutzungskonzept der Deutschen Bundespost Rechnung zu tragen. Dieses sah einen Betriebsraum, drei große Plattformen für die Aufstellung von Richtfunkantennen sowie die Anbringung einer großen Fernsehantenne vor. Der Fernmeldeturm wurde daher so geplant, dass der große Betriebsraum mit den Plattformen unmittelbar über den Baumkronen liegt.
Der Turm ruht auf einem 10,50 m tiefen Fundament mit einem Durchmesser von 23,95 m. Darauf erhebt sich der 142,50 m hohe Turmschaft mit kreisförmigem Durchmesser, der sich von 12,20 m auf 6,40 m verjüngt. In rund 34 m Höhe ist der Betriebsraum angeordnet. Seine Bodenplatte ist als Kreisringrippenplatte ausgebildet, die sich auf eine darunter liegende Kegelstumpf-Schale abstützt. Diese Kegelstumpf-Schale ist lediglich über eine kleine, ringsum laufende Nut ohne Anschlussbewehrung am Schaft abgestützt. Das Dach des einstöckigen Betriebsgeschosses fungiert gleichzeitig als Antennenträger. Die beiden anderen Antennenträger-Plattformen, ebenfalls als dünne Kegelstumpf-Schalen ausgeführt, wurden in rund 45 m und 53 m Höhe angebracht. Auf die Spitze des Turmschafts ist die 49,90 m hohe Antenne aufgesetzt. Am Fuß des Turms befindet sich ein Dienstgebäude.
Nach Fertigstellung wurden über den Fernmeldeturm die Sendungen des Zweiten Deutschen Fernsehens und des Dritten Programms des Süddeutschen Rundfunks ausgestrahlt, während für das Erste Deutsche Fernsehen der Fernsehturm zuständig war. Von der Bundespost wurde außerdem ein UKW-Sender für das Programm des American Forces Network (AFN) betrieben.
Eigentümer und Betreiber des Fernmeldeturms ist die Deutsche Funkturm GmbH, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG. Der Fernmeldeturm dient heute im Wesentlichen der Ausstrahlung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen. Seit 2006 werden von hier aus auch die digitalen Fernsehprogramme (DVB-T) verbreitet. Dazu wurde mit Hilfe eines Hubschraubers die Antennenspitze ausgetauscht. Da zur Ausstrahlung von Fernsehprogrammen im DVB-T-Standard vom Stuttgarter Fernsehturm aus dort ebenfalls ein aufwändiger Austausch der Fernsehantenne notwendig gewesen wäre, verlagerte der Südwestrundfunk (SWR) die Ausstrahlung seiner Sendungen ebenfalls zum Standort Frauenkopf. Außerdem ist der Fernmeldeturm in das Richtfunk- und Mobilfunknetz sowie in den mobilen UKW-Funkdienst der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, den so genannten »BOS-Funk«, eingebunden.
Informationsstand: 31.12.2014
Schlagworte: Sendeanlagen; Informations- und Kommunikationstechnik (IKT); Nachrichten- und Kommunikationstechnik; Fernseh- / Fernmeldetürme
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Quelle(n)
- Jörg Schlaich / Matthias Schüller, Ingenieurbauführer Baden-Württemberg, Berlin 1999