Der Mannheimer Fernmeldeturm, konzipiert als kombinierter Sendeturm für die Ausstrahlung von Fernsehsendungen und Funkdiensten, ist in bautechnischer Hinsicht bedeutend. Bei ihm wurde erstmals der Turmkopf mit Stahlzuggliedern am Schaft befestigt.
Beschreibung
erbaut: 1973-75
Entwurf: Architekturbüro Heinle, Wischer & Partner
Planung: Leonhardt, Andrä & Partner
Bauausführung: Grün & Bilfinger AG
Die Deutsche Bundespost beabsichtigte bereits um 1960 die Errichtung eines Antennenturms für den drahtlosen Fernsprechverkehr. Als Standort wurde zunächst das Gelände des Mannheimer Fernmeldeamtes, des früheren Telegrafenamtes in Betracht gezogen. Aus verschiedenen Gründen kam das Projekt an dieser Stelle aber nicht zur Ausführung. Die Suche nach einem alternativen Standort gestaltete sich schwierig, nicht zuletzt deswegen, weil technische und stadtplanerische Aspekte in Übereinstimmung gebracht werden mussten. Im Vorfeld der Planungen für die 1975 in Mannheim abgehaltene Bundesgartenschau schaltete sich schließlich die Stadt ein, so dass der Turm unter städtischer Beteiligung im Hinblick auf dieses Ereignis konzipiert wurde. Um die Bundesgartenschau durch eine besondere Attraktion zusätzlich aufzuwerten, beschloss man, den Turm mit einer Aussichtsplattform und einem Drehrestaurant auszustatten.
Von der Hamburger Gewerbebauträger mbH und der Oberpostdirektion Karlsruhe wurde das Stuttgarter Architekturbüro Heinle, Wischer und Partner mit der Erstellung des Entwurfs beauftragt. Erwin Heinle war Mitte der 1950er Jahre zusammen mit Fritz Leonhardt am Bau des Stuttgarter Fernsehturms beteiligt, dem weltweit ersten Fernsehturm in Stahlbetonbauweise. Fritz Leonhardt selbst war mit seinem Büro Leonhardt, Andrä & Partner als Gutachter für Statik und Konstruktion am Bau des Mannheimer Fernmeldeturms beteiligt. Die Bauarbeiten wurden von der Grün & Bilfinger AG ausgeführt.
Das Erscheinungsbild des Turms als künftiges Wahrzeichen des modernen Mannheims sollte möglichst neuartig und originell gestaltet werden, um eine Verwechslung mit den Fernmelde- und Fernsehtürmen anderer Städte zu vermeiden. Diese Forderung wurde mit der besonderen Gestaltung der Kanzel aus zwei mit glänzendem Nirosta-Stahl verkleideten Kegelstümpfen erfüllt. Der untere Kegelstumpf beherbergt die beiden Publikumsetagen, während im oberen Kanzelteil die technischen Einrichtungen untergebracht sind. Der öffentlich zugängliche Bereich besteht aus einer 18 m im Durchmesser messenden Aussichtsplattform mit umlaufenden Fensterreihen für 250 Personen sowie dem darüber liegenden Drehrestaurant mit 24 m Durchmesser und 156 Sitzplätzen.
Der 166,20 m hohe, in Kletterschalung errichtete Stahlbetonschaft ist auf 160 Rammpfählen von 50 cm Durchmesser und 9 m Länge gegründet, die eine kreisförmige Fundamentplatte von 27,40 m Durchmesser mit einer Stärke von 3 ... 4 m tragen. Der Durchmesser des Schaftes verjüngt sich von 13,30 m am Turmfuß bis auf 6,80 m an der Unterkante der Kanzel. Die Kanzel ist in 121 m Höhe an 12 radialen Stahlträgern aufgehängt. Oberhalb der Kanzel sind drei Antennenplattformen angeordnet. Mit der auf den Stahlbetonschaft aufgesetzten Antenne, einer Stahlfachwerkkonstruktion mit einer glasfaserverstärkten Kunstharzumhüllung, hatte der Turm ursprünglich eine Höhe von 204,90 m. Nach einer Hubschrauberkollision mit der Antenne im Dezember 1994 wurde eine neue Antenne installiert, so dass der Turm nun insgesamt 212,80 m misst.
Außer dem Fernmelde-Funkverkehr (Richtfunk) und dem beweglichen Landfunk dient der Fernmeldeturm als UKW-Sender der Ausstrahlung mehrerer UKW-Rundfunkprogramme.
Informationsstand: 09.08.2017
Schlagworte: Sendeanlagen; Informations- und Kommunikationstechnik (IKT); Nachrichten- und Kommunikationstechnik; Fernseh- / Fernmeldetürme
Stichworte: Grün & Bilfinger AG; Deutsche Bundespost; Antennenturm; drahtloser Fernsprechverkehr; Fernmeldeamt Mannheim; Gewerbebauträger mbH; Oberpostdirektion Karlsruhe; Architekturbüro Heinle, Wischer & Partner; Erwin Heinle; Fritz Leonhardt; Fernsehturm Stuttgart; Leonhardt, Andrä & Partner; Fernmelde-Funkverkehr; Richtfunk; beweglicher Landfunk; Rundfunkprogramm; UKW-Sender
Quelle(n)
- Andreas Schenk, Mannheim und seine Bauten 1907 - 2007. Band 4. Bauten für Verkehr, Industrie, Gesundheit und Sport, Mannheim 2004
- Jörg Schlaich / Matthias Schüller, Ingenieurbauführer Baden-Württemberg, Berlin 1999
- Willi Paul, Technische Sehenswürdigkeiten in Deutschland. Band III. Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg, München 1978