Rheinische Siemens-Schuckertwerke GmbH_Bild1
2013 Norbert Gilson
25.02.2020

Rheinische Siemens-Schuckertwerke GmbH

N 7, 18, 68161 Mannheim 

Kontakt
VDE Ausschuss Geschichte der Elektrotechnik
Themen

Das in Mannheim als Unterkunft für die Niederlassung (»Technisches Büro«) der Siemens-Firmen errichtete Gebäude - ein Bau aus der noch frühen Schaffensperiode des Siemens-„Hausarchitekten” Hans Hertlein - verdeutlicht auch den Stellenwert der Industriestadt Mannheim als Sitz bedeutender Kunden von Siemens & Halske sowie der Siemens-Schuckertwerke.

Beschreibung


erbaut: 1921-23
Architekt: Hans Hertlein

1885 hatte Siemens & Halske damit begonnen, zur besseren Pflege des Kundenkontaktes eine Reihe von »Technischen Büros« in den großen Industriestädten Deutschlands einzurichten. 1891 wurde auch in Mannheim eine solche Niederlassung eingerichtet. Damit trug man den immer bedeutender werdenden Kundenkontakt im - nicht zuletzt durch die Gründung der Badischen Anilin- und Sodafabrik (BASF) - aufstrebenden Mannheim-Ludwigshafener Wirtschaftsraum Rechnung. Kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert erfuhr das Mannheimer »Technische Büro« eine Aufwertung, als es in eine Siemens-Niederlassung in Rechtsform einer GmbH umgewandelt wurde. So entstand 1904 die Rheinische Siemens-Schuckertwerke GmbH.

Zunächst waren die Büro-, Werkstatt- und Lagerräume der Niederlassung in Gebäuden über die ganze Stadt verteilt untergebracht. Als zu Beginn der 1920er Jahre eine weitere Ausdehnung der Flächen erforderlich wurde, fiel die Entscheidung zugunsten eines Neubaus, der geeignete Räumlichkeiten für Repräsentation und Verwaltung sowie für Vertrieb, Kundenveranstaltungen und für Lager- und Werkstattzwecke beherbergte. Mit dem architektonischen Entwurf für die Mannheimer Niederlassung der Siemens & Halske AG wurde Hans Hertlein beauftragt, der seit 1915 als Nachfolger von Karl Janisch der verantwortliche Leiter der Bauabteilung war. Mitten im dicht bebauten Stadtzentrum von Mannheim, in der Nähe von Friedrichsplatz und Hauptbahnhof, konnte ein 1843 erbautes Villengebäude, die Ladenburgische Villa, erworben werden, die dann dem Neubau weichen musste.

Hertlein, der später einer der bedeutenden Repräsentanten des Stils der »Neuen Sachlichkeit« wurde, entwarf das Mannheimer Gebäude noch im Stil seiner traditionalistisch geprägten, an der Heimatschutzarchitektur ausgerichteten Schaffensperiode in einem „gemäßigten” neobarocken Stil. Der Eingang des viergeschossigen Gebäudes ist als dreibögige Halle gestaltet. In der Mittelachse des Haupteingangs ist auf dem Dach ein Dachreiter mit Uhr platziert. Die Sockelzonen des Haupteingangs und der beiden Seitenflügel sowie die Ecklisenen des Putzbaus sind in Sandstein gehalten. Für die Bildhauerarbeiten zeichnete der aus Partenkirchen stammende Holzschnitzer und Bildhauer Josef Wackerle verantwortlich, der bis in die 1930er Jahre für die „Kunst am Bau” bei Siemens zuständig blieb. Er schuf die Reliefs an der Außenfassade ebenso wie die vier Vasen auf dem Balkonvorbau über der Eingangshalle, deren plastische Ausgestaltungen Bezug auf die Arbeiten von Werner von Siemens nehmen.

Als das Gebäude 1923 bezogen werden konnte, bot es im Erdgeschoss Platz für imposante Ausstellungsräume, in denen neben den Produkten der beiden Stammgesellschaften - Siemens & Halske AG sowie Siemens-Schuckertwerke GmbH (SSW) - auch die von SSW gebauten Automobile, die »Protos-Wagen« besichtigt werden konnten. In modernen Großraumbüros fanden die insgesamt sieben Projektierungs-Gesellschaften ihre Unterkunft. Über dem Eingangsbereich residierten die technische und kaufmännische Direktion. Ebenso hatte hier der große Sitzungssaal seinen Platz. Eine Großküche in den Kellerräumen versorgte das im Dachgeschoss platzierte Casino, dessen Räumlichkeiten auch als Veranstaltungssaal genutzt werden konnten.

Infolge von Kriegsschäden blieb von der inneren Einrichtung außer dem Treppenhaus nur wenig erhalten. Insgesamt konnte das Gebäude ohne größeren Substanzverlust in seinem ursprünglichen Zustand wiederhergestellt werden. Infolge des steigenden Platzbedarfs wurde die Niederlassung Anfang der 1960er Jahre um einen benachbarten Neubau erweitert. Mitte der 1980er Jahre verlegte die Niederlassung ihren Sitz in die Umgebung Mannheims. Nach Erwerb des Gebäudes durch das Land Baden-Württemberg und anschließendem Umbau ist hier seit 1987 die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst untergebracht.
 
Informationsstand: 22.07.2015
Schlagworte: Elektroindustrie; Geschichte der Elektro- und Informationstechnik; Energie
Stichworte: Hans Hertlein; Siemens & Halske AG; Rheinische Siemens-Schuckertwerke GmbH; Siemens & Halske; Siemens-Niederlassung; Ladenburgische Villa; Josef Wackerle; Werner von Siemens; Siemens-Schuckertwerke GmbH; Protos-Wagen; Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst; Neobarock

Quelle(n)

  • Wolfgang Schäche, 150 Jahre Architektur für Siemens, Berlin 1997
  • Frank Wittendorfer, Das Siemens-Haus in Mannheim; in: Hermann Jung, Weimar 1919 - 1933. Aufbruch und Niedergang einer Kulturepoche. Ihre Auswirkungen auf die Stadt Mannheim und die Metropolregion, Frankfurt am Main 2011, S. 81-94

Bilder

Karte

Das könnte Sie auch interessieren