Das 1953 in Betrieb genommene Wasserkraftwerk Böfinger Halde in Ulm verdeutlicht eindrucksvoll die Steigerungsrate des Stromverbrauchs in den letzen 60 Jahren. Konnten die Ulmer Erzeugungsanlagen nach Eröffnung des neuen Wasserkraftwerks noch 80% des Bedarfs der Stadt Ulm durch Eigenerzeugung abdecken, waren es 1995 bei derselben Kraftwerksleistung nur noch 10%.
Beschreibung
erbaut: 1950-53
Bauherr: Elektrizitätswerke Ulm (EWU)
Planungen für ein großes Wasserkraftwerk an der Donau auf Ulmer Stadtgebiet hatte es seit Anfang der 1930er Jahre gegeben. 1939 war schon ein kompletter Plan bei der Genehmigungsbehörde eingereicht worden, der 1941 auch genehmigt, jedoch infolge des Kriegs nicht ausgeführt wurde. Dieser Plan berücksichtigte auch die damals noch in Aussicht genommene Schiffbarmachung der Donau bis Ulm und die Weiterführung einer Schifffahrtsverbindung als Kanal bis zum Bodensee. Nach Beseitigung der größten Kriegsschäden in Ulm wurden die Planungen für das Kraftwerk am Ende der 1940er Jahre wieder aufgenommen. Die Ulmer Stadtwerke konnten damals nur rund 40% des gesamten Strombedarfs von etwa 90 Mio. kWh selbst erzeugen und waren zur Deckung des Restes auf Fremdstrombezug von der Energie-Versorgung Schwaben AG (EVS) angewiesen. Mit einer von dem neuen Kraftwerk erwarteten Erzeugung von durchschnittlich 50 Mio. kWh pro Jahr konnte die Selbsterzeugung auf einen Anteil von 80% des Bedarfs gesteigert werden.
Die Bauarbeiten begannen Ende 1950 und im August 1953 konnte das neue Kraftwerk feierlich eingeweiht werden. Die Bedeutung des Kraftwerks für die Stadt Ulm lässt sich daran ablesen, dass einige zeitgenössische Stimmen dem Kraftwerk sogar das Attribut des größten Bauwerks nach dem Ulmer Münster zuschrieben. Die beiden Kaplan-Turbinen mit vierflügligen Laufrädern von 3,90 m Durchmesser, von jeweils 75 m³/s Schluckvermögen und einer Leistung von maximal 5.650 PS können ein Gefälle von 6,50 m ausnutzen. Sie sind direkt gekoppelt mit Drehstrom-Synchrongeneratoren von jeweils 5.500 kVA Leistung. Die erzeugte Energie wird mit der Maschinenspannung von 5 kV in die Umspannstation Münchner Straße geleitet und dort nach Transformation ins Versorgungsnetz eingespeist. Das Stauwehr wurde mit drei Öffnungen von 19 m Breite und knapp 7 m Höhe ausgeführt. Als Verschlüsse wurden zwei Schütze mit Wehrklappen und ein Vollwandschütz eingebaut.
Konnten die Ulmer Erzeugungsanlagen nach Inbetriebnahme des Kraftwerks Böfinger Halde 1953 noch circa 80% des Bedarfs abdecken, so sank dieser Wert infolge des stetig angewachsenen Energiebedarfs bis 1995 auf nur noch 10% bei derselben Kraftwerksleistung.
Informationsstand: 10.02.2018
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Laufwasserkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Elektrizitätswerke Ulm; EWU; Wasserkraftwerk; Donau; Fremdstrombezug; Energie-Versorgung Schwaben AG; EVS; Kaplan-Turbine; Drehstrom-Synchrongenerator; Stauwehr; Vollwandschütz; Schütz mit Wehrklappen; Böfinger Halde
Quelle(n)
- Albert Haug, 100 Jahre Strom in Ulm. Zur Geschichte der Ulmer Kraftwerke und Stromversorgung, Ulm 1995
- SWU Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm GmbH, Die Wasserkraftwerke der SWU. (Flyer), Ulm 2011