Nachdem das Württembergische Portland-Cement-Werk zu Lauffen am Neckar bereits mit seinem ersten, an einem in Lauffen vom Neckar abgezweigten Mühlgraben gelegenen Kraftwerk Geschichte geschrieben hatte (weltweit erste Drehstromfernübertragung), errichtete das Unternehmen kurz vor oder kurz nach dem Ersten Weltkrieg sowie in den 1950er Jahren zwei weitere Wasserkraftanlagen, dieses Mal in einem Altarm des Neckars im Stadtgebiet von Heilbronn. Das Mitte der 1950er Jahre errichtete Kraftwerk entstand im Zusammenhang mit der zweiten Ausbaustufe der Neckarkanalisierung.
Beschreibung
erbaut: 1913 oder 1922 (?) / 1955-56
Architekten: Emil Burkhardt, Paul Barth (1955/56)
Betreiber: ZEAG Energie AG
Bereits 1913 soll das 1888 gegründete Württembergische Portland-Cement-Werk zu Lauffen am Neckar am Rande des damaligen Industriegebiets von Heilbronn ein Wasserkraftwerk errichtet haben. Das Unternehmen hatte bereits rund 20 Jahre zuvor Geschichte geschrieben, als von seinem ersten, in Lauffen an einem vom Neckar abgezweigten Mühlgraben gelegenen Kraftwerk aus die weltweit erste Drehstrom-Fernübertragung ausging.
Nach anderen Aussagen soll das Heilbronner Kraftwerk nicht von 1913, sondern erst aus dem Jahre 1922 stammen. Möglicherweise bezieht sich die Jahresangabe 1922 aber auch auf eine Erweiterung des schon vor dem Ersten Weltkrieg in Betrieb genommenen Kraftwerks. Jedenfalls soll es 1922 mit zwei von J.M. Voith gelieferten Francis-Turbinen mit senkrechter Welle ausgerüstet gewesen sein. Bei einem schweren Luftangriff auf Heilbronn am 4. Dezember 1944 blieb das Kraftwerk trotz weitgehender Zerstörung des umgebenden Industrieareals erhalten. Heute ist die Anlage (Fotos 1 und 2) stillgelegt, so dass eine der Turbinen, die im Betrieb unter Wasser sind, besichtigt werden kann.
Drei Jahre nach Fertigstellung des am Neckarkanal gelegenen Stauwehrs und der Doppelschleuse wurde 1955 mit den Bauarbeiten für ein neues Wasserkraftwerk am Altarm des Neckars begonnen (Fotos 4 und 5). Im Auftrag des Zementwerks entstand der Kraftwerksbau nach Plänen von Emil Burkhardt und Paul Barth im Stil der Moderne. Der Stahlbetonbau ist durch Pfeiler vertikal gegliedert, die Zwischenräume wurden mit ockerfarbenen Klinkern ausgefacht.
Im November 1956 ging das neue Neckarkraftwerk in Betrieb. Die maschinelle Ausrüstung bestand aus zwei Kaplan-Turbinen von Escher Wyss & Cie., die Generatoren wurden, ebenso wie die Schaltanlagenteile, von der Siemens-Schuckertwerke AG geliefert. Der Montagekran stammt von J. Wolff & Co. Mit einer Ausbauleistung von 1,7 MW erzeugt die Anlage jährlich rund 8 Mio. kWh Strom. Das Kraftwerk wird heute von der ZEAG Energie AG betrieben, die 2003 aus der ZEAG Zementwerk Lauffen – Elektrizitätswerk Heilbronn AG, der Nachfolgerin des Portland-Zementwerks, hervorging.
Das Kraftwerk Heilbronn gehört zusammen mit der im Neckarkanal gelegenen Wehranlage und der Doppelschleuse zur Staustufe Heilbronn.
Informationsstand: 15.05.2015
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Laufwasserkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Emil Burkhardt; Paul Barth; J. M. Voith; Francis-Turbine; Escher, Wyss & Cie.; Siemens-Schuckertwerke AG; SSW; J. Wolff & Co; ZEAG Energie AG; Kaplan-Turbine; ZEAG Zementwerk Lauffen – Elektrizitätswerk Heilbronn AG; Württembergisches Portland-Cement-Werk zu Lauffen am Neckar; Heilbronn; Drehstrom-Fernübertragung; Lauffen
Quelle(n)
- Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 1. Alte Länder, Stuttgart 1992
- Rainer Slotta, Technische Denkmäler in der Bundesrepublik Deutschland. Bd. 2. Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Entsorgung, Bochum 1977