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2016 Norbert Gilson
30.11.2021

Zweribach-Kraftwerk

Wehrleweg, 79263 Simonswald 

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VDE Ausschuss Geschichte der Elektrotechnik
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Das im Simonswälder Tal gelegene Zweribach-Kraftwerk gehört zu den bemerkenswertesten Kraftwerksbauten Deutschlands. Nicht nur die Zugehörigkeit zu den Wasserkraftanlagen mit den größten Gefällehöhen zeichnet das Kraftwerk aus, sondern vor allem die in ausgewogenen Proportionen gestaltete Architektur, durch die sich die Bauten in das vorgegebene Landschaftsbild einfügen.

Beschreibung


erbaut: 1924-25
Bauherr: Gütermann & Co.
Ausführung: Süddeutsches Ingenieurbüro AG, vorm. Ludin AG
Architekt: Hermann Alker

Das Zweribachkraftwerk wurde 1924/25 von der in Gutach im Breisgau ansässigen Nähseidenfabrik  Gütermann & Co. errichtet. Schon vor der Wende zum 20. Jahrhundert waren in der Gutacher Fabrikanlage die ersten Elektromotoren installiert worden, für deren Stromversorgung ein Wasserkraftwerk mit Dampfkraftreserve angelegt worden war. Als nach dem Ende der Inflationszeit Anfang 1924 ein neuer Bedarfsschub, auch für das an die Fabrikanlage angeschlossene öffentliche Netz einsetzte, wurde der Bau eines weiteren Elektrizitätswerkes unabdingbar. Die neue Anlage entstand als Pumpspeicherkraftwerk rund 3 km östlich von Obersimonswald im Tal der Wilden Gutach, die oberhalb von Gutach in die Elz mündet.

Auf dem Obersimonswalder Plateau wurde der Zweribach in einem später 150.000 cbm fassenden See aufgestaut. Mit einem Niveauunterschied zwischen Speicherbecken und Krafthaus von rund 470 m gehört das Kraftwerk zu den Anlagen mit den höchsten Fallhöhen in Deutschland. Vom Stausee wird das Wasser über eine im Boden versenkte Rohrleitung ins Tal geleitet, wo es im Maschinenhaus zwei Pelton-Turbinen von J. M. Voith von jeweils 780 PS Leistung antreibt. Sie sind mit je einem Drehstromgenerator der Siemens-Schuckertwerke GmbH (SSW) von 800 kVA Leistung und 4,2 kV Maschinenspannung gekuppelt. Auch die beiden Gleichstrom-Erregermaschinen (6,6 kW, 110 V) sind von  SSW. Die Anlage wurde auch als Pumpspeicherwerk konzipiert. Ein Unterbecken wurde nicht eingerichtet, sondern die Wilde Gutach diente dem Auslauf und der Entnahme des Betriebswassers. Bis zu der Vergrößerung des Stausees im Jahre 1939 drückte in Schwachlastzeiten eine neunstufige Zentrifugalpumpe von Escher, Wyss & Cie. das Laufwasser der Wilden Gutach in die Höhe. Im Jahre 1928 wurden auf diese Weise aus 852.000 kWh Pumpenergie insgesamt 503.000 kWh Nutzenergie in Spitzenbedarfszeiten zurückgewonnen. Vermutlich bereits vor 1939 wurde der Pumpbetrieb wieder eingestellt und die zugehörige Technik ausgebaut.

Die von Hermann Alker entworfene Anlage aus Krafthaus (Foto 1, rechts, und Foto 2), Schalthaus (Foto 1, Mitte, und Foto 3) und Wohnhaus (Foto 1, links) wurde im Stil des Neoklassizismus errichtet und fügt sich mit den steilen Walm- und Pyramidendächern harmonisch in die umgebende Schwarwalzlandschaft ein. Besonders erwähnenswert ist die vor dem Maschinenhaus auf eine hohen Ständer, der auf einem quadratischen Betonsockel steht, aufgesetzte gläserne Leuchte in Form eines geschliffenen Polyeders (Foto 4). Ihr nächtliches Leuchten verkündet den Betrieb der Anlage.

Informationsstand: 02.11.2016
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Laufwasserkraftwerke; Pumpspeicherkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Gütermann & Co.; Hermann Alker; Elektromotor; Wasserkraftwerk; Dampfkraftreserve; Obersimonswald; Wilde Gutach; Elz; Zweribach; Pelton-Turbine; Zentrifugalpumpe; Pumpenergie; Spitzenlastdeckung; J. M. Voith; Drehstromgenerator; Siemens-Schuckertwerke GmbH; SSW; Gleichstrom-Erregermaschine; Escher, Wyss & Cie.; Süddeutsches Ingenieurbüro AG, vorm. Ludin AG

Quelle(n)

  • Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 1. Alte Länder, Stuttgart 1992
  • Rainer Slotta, Technische Denkmäler in der Bundesrepublik Deutschland. Bd. 2. Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Entsorgung, Bochum 1977
  • Karl Köbler, Das Zweribachwerk; in: Elektrotechnische Zeitschrift 46(1925), Heft 43, S. 1611-1617

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