Deutsche Triumph Fahrradwerke AG_Bild1
2007/15 Norbert Gilson
20.04.2022

Deutsche Triumph Fahrradwerke AG

Fürther Straße 212, 90429 Nürnberg 

Kontakt
VDE Ausschuss Geschichte der Elektrotechnik

Das 2014 als Triumph-Adler GmbH firmierende Unternehmen machte seit seiner Gründung im Jahre 1896 einen erstaunlichen Wandlungsprozess durch. Von einem Fahrrad- und Motorradehersteller in der Branche Maschinenbau entwickelte es sich über die Schreibmaschinenproduktion schließlich zu einem Hersteller elektronischer Bürogeräte und Computer und gehört heute zur Elektroindustrie. 

Beschreibung


erbaut: 1896-97 / 1923-24 / 1930er Jahre
Architekt: Jakob Schmeißner (1923-24)

Das 2014 als Triumph-Adler GmbH firmierende Unternehmen machte seit seiner Gründung im Jahre 1896 einen erstaunlichen Wandlungsprozess durch. Von einem Fahrrad- und Motorradehersteller in der Branche Maschinenbau entwickelte es sich über die Schreibmaschinenproduktion schließlich zu einem Hersteller elektronischer Bürogeräte und Computer und gehört heute zur Elektroindustrie.

Als die englische Triumph Cycle Company Ltd. Mitte der 1890er Jahre beschloss, wegen der guten Absatzerfolge von Fahrrädern auf dem europäischen Festland eine Niederlassung in Deutschland zu errichten, fiel die Standortwahl auf Nürnberg. Seit den 1880er Jahren waren hier schon mehrere Fahrradfabriken gegründet worden. Zudem stammten einer der Mitbegründer des englischen Unternehmens, Siegfried Bettmann, sowie der Vertreter der Firma auf dem Kontinent, Carl Schwemmer, beide aus Nürnberg. Im Juli 1896 wurde die Deutsche Triumph Fahrradwerke AG als Tochterunternehmen der Triumph Cycle Company Ltd. ins Handelsregister eingetragen. Den größten Teil des Aktienkapitals in Höhe von 500.000 Mark steuerten vier Kaufleute und Industrielle aus Nürnberg und Fürth unter Führung des Bankhauses Kohn & Söhne bei.

Parallel zum Beginn der Herstellung von Fahrrädern in einer ehemaligen Bleistiftfabrik wurden an der äußeren Fürther Straße umfangreiche neue Werksanlagen errichtet, die 1897 bezogen werden konnten. Das ursprüngliche, an der Fürther Straße gelegene Verwaltungsgebäude ist in veränderter Form heute noch erhalten (Foto 1). Nach erfolgreichem Anlauf der Produktion wurde das Unternehmen 1897/98 auch von der ersten großen Absatzkrise der deutschen Fahrradindustrie erfasst, bedingt durch die preisgünstigen Importe amerikanischer Hersteller auf den europäischen Markt. Bis zum Geschäftsjahr 1902/03 konnte die Krise gemeistert werden, sie hatte allerdings auch zu Umdenken in der Produktionspalette geführt. Als drittes deutsches Unternehmen, nach der NSU Motorenwerke AG und der Wanderer-Werke AG, nahm Triumph 1903 die Produktion von Motorrädern auf. Zwar wurde diese Produktionslinie 1907 zunächst wieder stillgelegt, an sie konnte jedoch in den 1920er Jahren wieder angeknüpft werden. Stattdessen erlebte der Absatz von Fahrrädern einen steilen Aufschwung und im Geschäftsjahr 1905/06 betrug die Jahresproduktion der Triumph-Werke 21.000 Stück. In dieser Zeit festigte Nürnberg seinen Ruf als Fahrradhochburg: 25% der deutschen Fahrradproduktion kamen aus der fränkischen Großstadt.

Die gute Gewinnlage brachte Triumph dazu, nach Investitionsmöglichkeiten auf neuen, zukunftsträchtigen Märkten Ausschau zu halten. 1909 vollzog Triumph mit dem Kauf der in Konkurs gegangenen Nürnberger Norica-Schreibmaschinenwerke Kührt & Riegelmann GmbH den Einstieg in eine erfolgsversprechende Wachstumsbranche, die infolge der starken Zunahme von Verwaltungstätigkeiten in den modernen Unternehmen vor einem rasanten Aufschwung stand. Die Einrichtung der Produktion erforderte umfangreiche organisatorische Maßnahmen, so dass die Absatzzahlen in den ersten Jahren zu wünschen übrig ließen. 1913 verließen insgesamt 2.000 Maschinen das Werk. 1911 erfolgte die Umbenennung in Triumph Werke Nürnberg AG und drei Jahre später als Folge des Ersten Weltkriegs die Abspaltung vom englischen Mutterkonzern.

Während des Ersten Weltkriegs wurde die Produktion von Fahrrädern und Schreibmaschinen fast ganz eingestellt, zugunsten von Lazarett- und Militärbettgestellen, Krankentischen und schließlich von Artilleriezündern und Munition. Die Umstellung auf Kriegsproduktion erwies sich insofern als vorteilhaft, als die Fabrikationsanlagen erweitert und modernisiert wurden und der Maschinenpark elektrischen Antrieb erhielt. So fiel die Produktionsumstellung zurück auf Fahrräder und Schreibmaschinen eher problemlos aus. Nach Ende der Inflationszeit zeichnete sich ein Ende des Booms in der Fahrradproduktion ab. Das Unternehmen reagierte mit der Wiederaufnahme der Motorradfertigung. Zu diesem Zweck wurden die Werksanlagen erweitert und die Neubauten entstanden nach einem Entwurf des Nürnberger Architekten Jakob Schmeißner im rückwärtigen Grundstücksteil zur Muggenhofer Straße hin. Bemerkenswerte Details an dem im Stil der Neuen Sachlichkeit mit Elementen des Expressionismus und des Heimatstils versehenen Neubau sind die bossierten Torpfosten, die spitzbogige Durchfahrt ins Werksgelände sowie das über der Einfahrt angebrachte Merkur-Relief (Fotos 6 bis 9).

Die Motorradfertigung, die bis zum Geschäftsjahr 1928/29 auf eine Stückzahl von 13.500 gesteigert werden konnte, erlebte zwar durch die Weltwirtschaftskriese einen Einbruch, konnte sich jedoch durch die Motorisierungspolitik des NS-Regimes seit 1934 wieder erholen. Mehrere Modelle aus der Produktion von Triumph sind heute im Nürnberger Museum Industriekultur ausgestellt. (Foto 10) Auch mit der Produktion von jährlich 40.000 Schreibmaschinen gehörten die Triumph-Werke 1938/39 zu den bedeutendsten der 18 deutschen Schreibmaschinenfabriken. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion erneut von den Kriegserfordernissen bestimmt. Seit 1942 wurden nur noch, teilweise von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen, Schiffsteile, Wehrmachtsfahrzeuge und Munition produziert. Trotz dieser Einbindung in die Rüstungswirtschaft war  Triumph kein Ziel für Bombardierungen und die Gebäude blieben weitgehend unversehrt.

Die unmittelbare Nachkriegszeit konnte mit der Herstellung von Gütern des alltäglichen Bedarfs, unter anderem von Schub- und Handkarren überbrückt werden. Nachdem das alliierte Produktionsverbot für Motorräder mit mehr als 60 ccm Hubraum aufgehoben worden war, lief die Motorradproduktion wieder an. Im Motorradboom der früher 1950er Jahre sicherte sie dem Unternehmen eine starke Marktposition. Seit Mitte der 1950er Jahre zeigte die Branche jedoch Krisensymptome. Die zunehmenden Zulassungszahlen für Pkw gingen einher rapide abnehmenden Verkaufszahlen für Motorräder, Motorroller und Mopeds. Während mehrere der traditionsreichen Nürnberger Zweiradhersteller, wie die Mars-Werke AG, die Ardie GmbH oder die Victoria-Werke AG, in Konkurs gingen oder sich nur durch Fusion retten konnten, stellte Triumph 1957 die gesamte Zweiradproduktion ein und baute den Bereich der Büromaschinen zur tragenden Säule des Unternehmens aus. Schon 156 kamen ein elektrisch angetriebener Buchungsautomat (»euconta«), ein elektrischer Lochstreifenlocher (»performat«) und eine elektrische Büroschreibmaschine (»Matura electric«) auf den Markt. Zum Verkaufsschlager wurde der ab 1960 produzierte Fakturierautomat »faktura 3«.

1957 kaufte Max Grundig, der Inhaber der Grundig Radio-Werke GmbH, das Aktienkapital der Triumph-Werke sowie eine Beteiligung an der traditionsreichen Frankfurter  Adlerwerke AG. Dieses 1880 von Heinrich Kleyer gegründete Unternehmen hatte 1898 mit dem Bau der ersten rein deutschen Schreibmaschine in Großserie begonnen und in den Jahren zwischen 1900 und 1903 die Auto- und Motorrad-Produktion aufgenommen. Unter der Regie von Grundig wurden die Zweiradproduktion bei Triumph eingestellt und beide Unternehmen auf den Büromaschinenbereich ausgerichtet. Mit den Schreibmaschinen erreichten Triumph und Adler Anfang der 1960er Jahre eine beherrschende Stellung auf dem inländischen Markt. Grundig konnte die bestehenden Betriebswege der beiden Unternehmen auch für den Verkauf seines innovativen Diktiergeräts »Stenorette« nutzen. Die Büroschreibmaschinen erhielten einen Anschluss für die »Stenorette« und entsprechende Steuertasten. Diese „Systemintegration” markierte eine wichtige Etappe auf dem Weg der Büroautomatisierung.

Die Herausforderung, die Schreib- und Büromaschinentechnik auf die fortgeschrittene, mit integrierten Schaltkreisen (ICs) arbeitende Halbleiter-Elektronik umzustellen, wollte Grundig nicht auf sich nehmen, da er den Schwerpunkt seines Unternehmens weiter auf die Unterhaltungselektronik und die Ende der 1960er Jahre aufkommende Farbfernsehtechnik legen wollte. Daher verkaufte Grundig seine Mehrheitsbeteiligung an Triumph und Adler 1969 an den amerikanischen Mischkonzern Litton Industries Inc., der dem Unternehmen Zugang zum wichtigen nordamerikanischen Markt eröffnete. Unter dem neuen Eigentümer brachten die Unternehmen bahnbrechende Entwicklungen auf dem Markt, die von der neu gegründeten Triumph-Adler Vertriebs GmbH vermarktet wurden. Zu den Neuerungen gehörten die Computerfamilie »TA 100«, die erste deutsche, tragbare Kompaktschreibmaschine »Gabriele 5000« und 1971 der Kleincomputer »TA 10« mit einem konkurrenzlosen Preis-Leistungs-Verhältnis. Ein Auftrag der Deutschen Bundesbahn zur Lieferung des »TA 1000« als Terminalcomputer im Umfang von 200 Mio. DM machte Triumph-Adler zum führenden Hersteller von Bürocomputern in der Bundesrepublik mit einem Marktanteil von 19%.

1979 erwarb die Volkswagen AG (VW) eine Mehrheitsbeteiligung an der Triumph-Adler AG und übernahm 1980 auch die Geschäftsanteile der noch an dem Unternehmen beteiligten Diehl GmbH und  Litton Industries Inc. Das Unternehmen wurde zunächst in Triumph-Adler AG für Büro- und Informationstechnik, 1985 dann in TA Triumph-Adler AG umfirmiert. Trotz der hohen Umsätze und einer führenden Position im europäischen Markt endete das Geschäftsjahr 1980 mit einem Verlust. VW leitete eine mehrjährige Sanierungsphase ein, in deren Verlauf die drastischen Personalkürzungen in allen inländischen Zweigwerken auch für 600 Mitarbeiter des Nürnberger Werks die Entlassung brachten. Jedoch brachten die Umstrukturierungen keinen durchgreifenden Erfolg, so dass VW das Unternehmen 1986 an den damals größten europäischen Hersteller für Büroinformationstechnik, die italienische  Olivetti S.p.A., verkaufte. Unter Olivetti wurde die TA Triumph-Adler AG zum Zentrum für tragbare PCs und es wurden Notebooks mit Farbdisplay entwickelt. Es zeigte sich jedoch, dass TA im Bereich Computertechnologie nicht mehr wettbewerbsfähig war und nur die Schreibmaschinenproduktion noch mit Erfolg arbeitete.

1994 erwarb ein Aktionärskonsortium die Aktien der TA Triumph-Adler AG mit dem Ziel, das Unternehmen in eine Mittelstandsholding unterschiedlicher Branchen umzuwandeln. 1999 fiel jedoch der Beschluss, den Konzern wieder in Richtung seiner Kernkompetenz in der Bürokommunikation zu konzentrieren. Rund 40 Firmenbeteiligungen wurden verkauft und mehrere Geschäftsbereiche geschlossen. In den folgenden Jahren entwickelte sich die TA Triumph-Adler AG zum deutschen Marktführer im »Imaging«-Bereich (Drucken, Faxen, Kopieren, Archivieren). Inzwischen ist das zur  Triumph-Adler GmbH umgewandelte Unternehmen eine Tochtergesellschaft der japanischen Aktiengesellschaft Kyocera Document Solutions.

 
Informationsstand: 10.02.2018
Schlagworte: Elektroindustrie; Automation; Informations- und Kommunikationstechnik (IKT); Informationstechnik; Industry
Stichworte: Jakob Schmeißner; Triumph Cycle Company Ltd.; Nürnberg; Fahrradproduktion; Siegfried Bettmann; Carl Schwemmer; Deutsche Triumph Fahrradwerke AG; Bankhaus Kohn & Söhne; Bleistiftfabrik; Fürther Straße; Verwaltungsgebäude; Absatzkrise; Wanderer-Werke AG; NSU Motorenwerke AG; Norica-Schreibmaschinenwerke Kührt & Riegelmann GmbH; Schreibmaschinenproduktion; Triumph Werke Nürnberg AG; Erster Weltkrieg; Militärbettgestell; Krankentisch; Artilleriezünder; Munition; Kriegsproduktion; Motorradfertigung; Muggenhofer Straße; Neue Sachlichkeit; Expressionismus; Heimatstil; Zweiter Weltkrieg; Zwangsarbeiter; Kriegsgefangene; Schiffsteile; Wehrmachtsfahrzeuge; Motorradboom; Zweiradhersteller; Mars-Werke AG; Ardie GmbH; Victoria-Werke AG; Büromaschinen; Buchungsautomat; euconta; Lochstreifenlocher; performat; Büroschreibmaschine; Matura electric; Fakturierautomat; faktura 3; Max Grundig; Grundig Radio-Werke GmbH; Adlerwerke AG; Heinrich Kleyer; Diktiergerät; Stenorette; Büroautomatisierung; Halbleiter-Elektronik; Unterhaltungselektronik; Farbfernsehtechnik; Litton Industries Inc.; Triumph-Adler Vertriebs GmbH; TA 100; Kompaktschreibmaschine; Gabriele 5000; Kleincomputer; TA 10; Deutsche Bundesbahn; Terminalcomputer; Volkswagen AG; VW; Triumph-Adler AG; Diehl GmbH; Triumph-Adler AG für Büro- und Informationstechnik; TA Triumph-Adler AG; Büroinformationstechnik; Olivetti SpA; Notebook; Farbdisplay; Aktionärskonsortium; Mittelstandsholding; Bürokommunikation; Imaging; Drucken; Fax; Kopieren; Archivieren; Triumph-Adler GmbH; Kyocera Document Solutions

Quelle(n)

  • Ulrich Wallauer, Vom Fahrrad zum Computer. Die Geschichte der Triumph-Werke AG; in: Franz Sonnenberger u.a. [Red.] / Centrum Industriekultur Nürnberg [Hrsg.], Die Fürther Straße. Ein Gang durch ihre Geschichte, 2., überarbeitete Aufl., Nürnberg 1987, S. 120-125
  • Matthias C. Baumgarten [Red.], 100 Jahre Triumph-Adler, Nürnberg 1996
  • Frank Lämmel, TA Triumph-Adler. Ein Jahrhunder Wirtschafts- und Industriekultur, o.O. 2009
  • Georg Schöllhorn (Red.), Elektrotechnik in Nordbayern. Eine Dokumentation. 75 Jahre VDE-Bezirksverein Nordbayern e.V., Nürnberg 1986

Bilder

Karte

Das könnte Sie auch interessieren