Walchensee-Kraftwerk_Bild3
© Uniper Kraftwerke GmbH
01.03.2021

Walchensee-Kraftwerk

Altjoch 21, 82431 Kochel a. See 

Kontakt
VDE Ausschuss Geschichte der Elektrotechnik

Das imposante Speicherkraftwerk am Walchensee gilt als Wiege der industriellen Stromerzeugung in Bayern. Bei seiner Inbetriebnahme 1924 gehörte es mit einer Leistung von 124 MW zu den größten Wasserkraftwerken der Welt und ist heute noch mit einer Jahreserzeugung von rund 300 Millionen kWh eines der größten Hochdruckspeicherkraftwerke in Deutschland.

Beschreibung


erbaut: 1918-24
Bauherr: Walchenseewerk AG
Betreiber: Uniper Kraftwerke GmbH

Schon zu Beginn der 1880er Jahre hatte Oskar von Miller die Vision, Bayern flächendeckend mit Strom zu versorgen, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Wohlstand zu vermehren. Angeregt durch die Pariser Elektrizitätsausstellung im Jahre 1881 organisierte der 27-jährige Ingenieur, der damals eine Anstellung bei der Königlichen Regierung von Oberbayern hatte, 1882 eine ähnliche Ausstellung im Münchner Glaspalast. Sie sollte zur Initialzündung für die Elektrizitätsversorgung in Bayern werden. Eine Sensation war es, dass zum ersten Mal Strom über eine größere Entfernung übertragen wurde. Oskar von Miller stellte für die Ausstellung eine Gleichstromübertragung von Miesbach nach München auf die Beine. Der in Miesbach mit einer Spannung von 150 bis 200 Volt erzeugte Strom wurde über ein Telegrafengestänge über eine Entfernung von 57 km bis zum Glaspalast nach München geleitet, wo er einen Motor in Gang setzte. Zwar dauerte es noch knapp zehn Jahre, bis mit Hilfe der Drehstromtechnik eine wirklich effiziente Hochspannungsübertragung möglich wurde, aber Oskar von Miller hatte prinzipiell den Beweis dafür geliefert, dass sich Strom auch über große Strecken transportieren lässt.

Als mehrere Staaten des Deutschen Reichs, wie Preußen, Sachsen oder Baden, kurz vor dem Ersten Weltkrieg Überlegungen für eine staatlich organisierte Elektrizitätsversorgung anstellten, griff auch Oskar von Miller, inzwischen selbständiger Projektierungsingenieur für Elektrizitätswerke, 1911 seine ursprüngliche Idee wieder auf. Da das Königreich Bayern nur über wenige Kohlevorräte verfügte, regte er in einer Denkschrift 1915 an, für die Stromgewinnung generell auf die Wasserkraft zu setzen. Über ein umfassendes Hochspannungsnetz sollte ganz Bayern mit Strom aus Wasserkraft versorgt und außerdem die staatliche Eisenbahn elektrifiziert werden. Am 21. Juni 1918 beschloss der Bayerische Landtag den Bau des Walchenseekraftwerks - so wie es von Miller vorgeschlagen und geplant hatte. Für die Stromgewinnung sollte der Höhenunterschied von 200 m zwischen Walchensee und Kochelsee genutzt werden.

Der Bau des Walchenseekraftwerks
Der Bau des Walchenseekraftwerks war für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg eine Meisterleistung. Über 2.000 Arbeiter und Ingenieure fanden am Kochelsee Brot und Arbeit. In dem äußerst dünn besiedelten Gebiet gab es zunächst so gut wie keine Straßen oder Wohnungen für die Beschäftigten. Unter unvorstellbaren Mühen mussten die Arbeiter schwerste Bauteile wie Rohre, Turbinen und Generatoren herbeischaffen. Im Winter war das Baumaterial teilweise nur mit Schlitten zu befördern.
Am 24. Januar 1924 war es so weit. Der erste Maschinensatz ging in Betrieb und lieferte über die Schaltanlage des Kraftwerks Energie in das Leitungsnetz. In den folgenden Monaten wurden auch die übrigen sieben Maschinensätze in Gang gesetzt. Mit einer Leistung von 124.000 kW (124 MW) war nun das Walchenseekraftwerk eines der größten Wasserkraftwerke der Welt.

Informationsstand: 10.02.2018
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Speicherwasserkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Walchenseewerk AG; Uniper Kraftwerke GmbH; Oskar von Miller; Gleichstromübertragung; Miesbach; München; Drehstromtechnik; Hochspannungsübertragung; Elektrizitätsversorgung; Walchensee; Kochelsee; Speicherkraftwerk; Rißbach; Isarüberleitung; Isarwehr; Krün; Kraftwerk Obernach; Druckstollen; Grasbergstollen; Hochkopfstollen; Kraftwerk Niedernach; Einlaufbauwerk; Urfeld; Wasserschloss; Rohrbahn; Kesselberg; Francis-Turbine; Drehstromgenerator; Pelton-Freistrahlturbine; Einphasen-Wechselstromgenerator; Zugbetrieb; Deutsche Bahn; Auslaufkanal; Loisach; Kraftwerk Schönmühl; Wehranlage Beuerberg; Loisach-lsar-Kanal; Generatorspannung; Netzspannung; Schaltanlage; Sammelschiene; Freileitung; Leistungsschalter; Bayernwerk AG; 110-kV-Freileitungsnetz; Vereinigte Industrieunternehmungen AG; VIAG; Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG; VEBA; PreussenElektra AG; E.ON Energie AG; E.ON Wasserkraft GmbH; Uniper SE

Quelle(n)

  • Bernhard Thiem (VDE Südbayern), mit freundlicher Genehmigung der Uniper Kraftwerke GmbH
  • Oskar von Miller, Die Verwertung der Walchensee-Wasserkraft für ein Bayernwerk; in: Elektrotechnische Zeitschrift 37(1916), Heft 7, S. 85-89, Heft 8, S. 102-105
  • August Menge, Das Walchenseewerk; in: Elektrotechnische Zeitschrift 46(1925), Heft 17, S. 605-614, Heft 18, S. 647-655
  • Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 1. Alte Länder, Stuttgart 1992
  • Rainer Slotta, Technische Denkmäler in der Bundesrepublik Deutschland. Bd. 2. Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Entsorgung, Bochum 1977
  • Werner Kraus, Schauplätze der Industriekultur in Bayern, Regensburg 2006

Bilder

Karte

Das könnte Sie auch interessieren