Beschreibung
erbaut: 1929-32 / 1948-49 (Wiederaufbau)
Architekt: Wilhelm Dohme / Georg Trapp
Mit dem Bau des - nach dem 1926 fertiggestellten Kraftwerk Klingenberg - zweiten Großkraftwerks in Berlin wurde 1929 begonnen. Das damals als »Kraftwerk West« bezeichnete Bauprojekt wurde von der Siemens-Schuckertwerke AG errichtet. Für den architektonischen Entwurf zeichnete Wilhelm Dohme verantwortlich, ein Mitarbeiter des Siemens-Hausarchitekten Hans Hertlein. Dohme gestaltete den Kraftwerksbau betont im Stil der Neuen Sachlichkeit und entwarf eine klinkerverkleidete Stahlfachwerkkonstruktion als Hülle für Kessel- und Maschinenhaus. Die ehemals auf das Kesselhaus aufgesetzten drei hohen Stahlbeton-Schornsteine, die die Anlage stadtbildprägend überragten, wurden 2008 beseitigt.
Das Kraftwerk wurde als Steinkohlekraftwerk mit einer installierten Leistung von 228 MW konzipiert. Dazu kamen sechs Turbinen von je 34 MW und zwei von je 12 MW zur Aufstellung, den Betriebsdampf lieferten acht Kessel mit einer Heizfläche von insgesamt 2.400 qm. Im Mai 1932 konnte das neue Kraftwerk in Betrieb gehen. Es war seinerzeit das technisch modernste und rationellste Kraftwerk Berlins. Zum Umschlag der großen Kohlenmengen wurden ein eigener Hafen, ein Kohlebahnhof mit Großbunker sowie umfanrieche Transportvorrichtungen angelegt.
Den Krieg überstand das Kraftwerk relativ unbeschadet. Nach der Besetzung durch sowjetische Truppen wurden Teile der Kraftwerkseinrichtung zunächst demontiert, bevor diese Aktivitäten nach Festlegung der Sektorengrenzen im Juli 1945 durch die britische Militärverwaltung gestoppt wurden. Auf Antrag der Berliner Kraft- und Licht (Bewag)-AG begannen im Frühjahr 1948 die Wiederaufbauarbeiten, die nach Verschärfung des Konflikts zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion (Berlin-Blockade) mit der höchsten Dringlichkeitsstufe fortgesetzt wurden. Rund 1.500 t an Maschinen und Ausrüstungsgegenständen für den Kraftwerksaufbau wurden während der Blockade von der Bundesrepublik aus eingeflogen. Im Dezember 1949 konnte das Kraftwerk wieder in Betrieb genommen werden. Die Leistung wurde kontinuierlich weiter ausgebaut und erreichte 1956 eine Höhe von 326 MW. Das 1953 nach dem Tod des Regierenden Bürgermeisters und Aufsichtsratsvorsitzenden der Bewag, Ernst Reuter, zu dessen Ehren umbenannte Kraftwerk wurde zur wichtigsten Stütze der Elektrizitätsversorgung Berlins, die sich - ohne Verbindung zu einem übergeordeten Hochspannungsnetz - ausschließlich auf die in Berlin installierte Kraftwerksleistung stützen musste.
Am Ende der 1960er Jahre wurde das Kraftwerk um einen weiteren Block - den »Block C« - erweitert, der in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben nun auch Wärmeleistung in das Wärmeverbundnetz Charlottenburg-Moabit einspeisen konnte. Das Kraftwerk verfügte nun über eine Leistung von 440 MW und deckte damit rund die Hälfte des West-Berliner Strombedarfs.
Nach der Wende und dem Anschluss von Berlin an das deutsche Hochspannungs-Verbundnetz wurden die inzwischen veralteten Anlagen entbehrlich. Seit Ende der 1980er Jahre erfolgte sukzessive die Außerbetriebnahme der Maschinen aus den 1940er und 1950er Jahren. In modernisierter Form ist das Kraftwerk jedoch weiter in Betrieb und arbeitet heute als Heizkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von "nur" noch 165 MW.
1982 begann die Bewag mit der Errichtung des neuen Heizkraftwerks »Reuter-West« in unmittelbarer Nachbarschaft.
Informationsstand: 31.12.2013
Schlagworte: Steinkohlenkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Siemensstadt; Kraftwerk West; Kraftwerk Reuter; Wilhelm Dohme; Georg Trapp; Siemens-Schuckertwerke AG; SSW; Neue Sachlichkeit; Berlin-Blockade; Ernst Reuter; Heizkraftwerk; Heizkraftwerk Reuter-West; Berliner Kraft- und Licht (Bewag)-AG; Bewag
Quelle(n)
- Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 2. Neue Länder - Berlin, Stuttgart 1998
- de.wikipedia.org/wiki/HeizkraftwerkReuter (abgerufen am 03.11.2011)
- Landesdenkmalamt Berlin, Denkmalliste Berlin (Stand: 16.04.2013), Nr. 09085705