Die Berliner Paul Firchow Nachfgr. AG, seit 1922 eine Tochterfirma der schweizerischen Landis & Gyr AG, war ein bedeutender Hersteller von elektrischen Zählern und Zeitschaltuhren. In den 1950er wurde das wiederaufgebaute Berliner Werk zum Repräsentanten der Landis & Gyr GmbH, die hier bis in die 1980er Jahren einen ihrer drei deutschen Produktionsstandorte (außer Frankfurt am Main und Rastatt) betrieb.
Beschreibung
erbaut: 1933-36
Bauherr: Siemens Apparate und Maschinen GmbH
Architekt: Hans Hertlein
Das im Juli 1928 durch Fusion entstandene neue Unternehmen Paul Firchow Nachfgr. - Landis & Gyr Apparate- und Uhren-Fabrik AG war zu dieser Zeit in Berlin-Friedenau ansässig. Nach den Zerstörungen der Anlagen im Zweiten Weltkrieg begann 1945 der Wiederaufbau des Unternehmens, das seit 1933 als Paul Firchow Nachfgr. AG (PFN) firmierte. Die Berliner Fabrik und Niederlassung wurden in einen Teil des nach dem Krieg leer stehenden Gebäudes der Siemens Apparate und Maschinen GmbH in Marienfelde verlegt. Die Hauptverwaltung des Unternehmens wurde nach Frankfurt am Main verlegt. In den 1950er Jahren wurde der frühere Namensbestandteil des Unternehmens zum Firmennamen, zur Landis & Gyr GmbH.
Die ursprünglich breite Fertigungspalette des Werks in Friedenau wurde nach und nach spezialisiert und konzentriert. Das Berliner Werk wurde seit den 1950er Jahren schwerpunktmäßig zum Produzenten von Elektrizitätszählern und Komponenten für den Bereich Telefonie ausgebaut. Die hier gefertigten Elektrizitätszähler kamen sowohl als Einzelgeräte oder als Messgruppen für die Erfassung und Verrechnung elektrischer Energie in Industrie, Gewerbe und Haushalt zum Einsatz. Das Gebiet der Telefonie umfasste Gebührenerfassungsanlagen für Einzel- und Gesamtabrechnung, Komponenten für Münz- und Banknotenwechsler sowie die modernsten, für bargeldlose Kartenzahlung eingerichtete Münzfernsprecher.
Ein wichtiges Entwicklungs- und Fertigungsgebiet des Berliner Werks war weiterhin die Rundsteuertechnik. Bei der Rundsteuerung wurde das vorhandene Stromversorgungsnetz zur Übertragung von Gerätebefehlen genutzt, die, in Tonfrequenzimpulsen codiert, der 50 Hz-Netzfrequenz überlagert wurden. Mit Hilfe dieser Befehle konnten beispielsweise Zweitarifzähler, Heißwasserspeicher oder Nachtspeicheröfen gezielt gesteuert werden, um auf die Lastkurve des Netzes einzuwirken und den Betrieb technisch optimal und möglichst wirtschaftlich zu gestalten.
In der Mitte der 1970er Jahre erreichte die Firma mit weltweit rund 15.500 Mitarbeitern den Höhepunkt seiner Tätigkeit. Seit Mitte der 1980er Jahre wurde das Unternehmen infolge von Verkäufen mehrfach umstrukturiert. Im Laufe dieser Maßnahmen kam auch das „Aus” für den Berliner Standort.
Informationsstand: 22.07.2015
Schlagworte: Elektroindustrie; Geschichte der Elektro- und Informationstechnik; Automation; Informations- und Kommunikationstechnik (IKT); Messtechnik
Stichworte: Paul Firchow Nachfgr. - Landis & Gyr Apparate- und Uhren-Fabrik AG; Friedenau; Zweiter Weltkrieg; Paul Firchow Nachfgr. AG; PFN; Siemens Apparate und Maschinen GmbH; Marienfelde; Elektrizitätszähler; Telefonie; Gebührenerfassungsanlage; Münzwechsler; Banknotenwechsler; Münzfernsprecher; Kartenzahlung; Landis & Gyr GmbH; Rundsteuertechnik; Tonfrequenzimpuls; Zweitarifzähler; Heißwasserspeicher; Nachtspeicherofen; Lastkurve; Optimierung; Hans Hertlein
Quelle(n)
- Landis & Gyr GmbH. Berlin, Frankfurt, Rastatt. 1907-1982, Berlin [1982]