Das Umspannwerk (Abspannwerk) Buchhändlerhof, errichtet an einem technikgeschichtlich bedeutenden Ort in Berlin-Mitte, entstand im Zusammenhang mit der Einrichtung der neuen Spannungsebene von 30 kV in der Berliner Elektrizitätsversorgung zur Verbindung der Kraftwerke mit den Abspannwerken in den Stadtteilen und dokumentiert einen wichtigen Entwicklungsschritt im Stromversorgungskonzept der wachsenden Reichshauptstadt.
Beschreibung
erbaut: 1926
Architekt: Hans Heinrich Müller
Das Abspannwerk Buchhändlerhof entstand 1926 an einem für die Geschichte der Elektrizitätsversorgung außerordentlich bedeutenden Ort. Auf diesem Grundstück zwischen Mauerstraße und Wilhelmstraße befand sich ursprünglich das zweite öffentliche Elektrizitätswerk von Berlin, das in den Jahren 1885/86 nach Plänen von Oskar von Miller errichtet wurde und 1886, ein Jahr nach Eröffnung des »Pionier-Kraftwerks« in der Berliner Markgrafenstraße, in Betrieb ging. Technikgeschichtlich bedeutsam war die Zusammenschaltung von zwei aus verschiedenen Kraftwerken (Markgrafenstraße und Mauerstraße) gespeisten Versorgungsnetzen, die 1887 im Kraftwerk Mauerstraße erstmals in Deutschland vorgenommen wurde. Dies war einer der weltweit ersten Versuchsbetriebe dieser Art.
1926, als das alte Gleichstromkraftwerk längst stillgelegt war, wurden die Pläne für ein neues Umspannwerk auf dem historischen Areal in Angriff genommen. Das neue Abspannwerk war Bestandteil des seit 1924 aufgebauten 30-kV-Kabelnetzes, das dem bisherigen 6-kV-Versorgungsnetz überlagert wurde und nun die Verbindung zwischen den Berliner Kraftwerken und den neu errichteten Abspannwerken in den Stadtteilen herstellte. Für den Neubau der Anlage wurden Teile der alten Kraftwerksbauten abgerissen, andere Gebäudeteile für den Betrieb einer Gleichrichteranlage umgebaut sowie ein neungeschossiger Neubau für das Schalthaus (Foto 1) errichtet. Über einen mehrgeschossigen Verbindungsbau mit Torbogen (Foto 2) wurde das Schalthaus mit den Altbauten (in Foto 2, links) verbunden. Auffällig ist das im Winkel zwischen Neubau und Verbindungsbau als viertelkreisförmiger, mehrfach auskragender Baukörper gestaltete Wartengebäude. (Foto 3) Die sichtbar belassene Stahlkonstruktion mit Backsteinausmauerung (Prüßwand) vermittelt den Eindruck eines Fachwerkbaus.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die gesamte Anlage schwer beschädigt und blieb danach, im Ostteil von Berlin gelegen, als Teilruine erhalten. 1988 erfolgte die Stilllegung der hier noch verbliebenen Betriebseinrichtungen. Nach dem Fall der Mauer wurden Teile der Räumlichkeiten von einer Techno-Discothek genutzt und als »E-Werk« weit über die Grenzen von Berlin hinaus bekannt. Um die Wende zum 21. Jahrhundert entschloss sich das Unternehmen SPM Technologies, seinen Firmensitz auf das Gelände zu verlegen. Die historischen Gebäude wurden in ihrer ursprünglichen Gestalt wiederhergestellt und für die neue Nutzung hergerichtet. Der zur Zimmerstraße hin gelegene Teil des Grundstücks wurde mit Neubauten versehen. (Foto 4)
Informationsstand: 31.12.2014
Schlagworte: Elektrizitätsübertragung / -verteilung; Umspannwerk / Umspannanlage; Energy; Energie; Energienetze
Stichworte: Hans Heinrich Müller; Abspannwerk Buchhändlerhof; Umspannwerk; Elektrizitätswerk; Oskar von Miller; Kraftwerk Markgrafenstraße; Kraftwerk Mauerstraße; Gleichrichteranlage; Schalthaus; Wartengebäude; 30-kV-Schalthaus
Quelle(n)
- Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 2. Neue Länder - Berlin, Stuttgart 1998
- Hans Achim Grube, Renaissance der E-Werke. Historische Industriearchitektur im Wandel, Berlin 2003
- Landesdenkmalamt Berlin, Denkmalliste Berlin (Stand: 16.04.2013), Nr. 09030046