Unter den von der Deutschen Bundespost in deutschen Großstädte errichteten Fernmeldetürmen gehört der Hamburger Fernmeldeturm - zusammen mit den Türmen in Hannover, Dortmund und München - zu den bemerkenswerten Bauwerken seiner Art, bei denen die Funktionen der Fernmelde- und Fernsehrundfunk-Betriebseinrichtungen mit öffentlich zugänglichen Drehrestaurants und Aussichtsplattformen kombiniert wurden.
Beschreibung
erbaut: 1965-68
Konstruktion / Entwurf: Fritz Trautwein, Rafael Behn, Fritz Leonhardt, Adolf Böhringer
Bauherr: Deutsche Bundespost
Als die Planungen für den Hamburger Fernmeldeturm 1962, sechs Jahre nach Fertigstellung des von Fritz Leonhardt entworfenen Stuttgarter Fernsehturms, begannen, wandte sich die Hamburger Architektenschaft gegen die „langweilige Betonröhre von Leonhardt”. Aus einem Wettbewerb, an dem die Architekten Bernhard Hermkes, Godber Nissen, Fritz Trautwein, Friedrich Spegelin und Gerhard Laage teilnahmen, ging der Entwurf von Trautwein als Sieger hervor, obwohl sein grundlegendes konstruktives Element die „Betonröhre” war. Trautwein unterteilte den Kopf in zwei getrennte Baukörper und gab damit dem Hamburger Turm sein besonderes Erscheinungsbild. Der untere Turmbaukörper beinhaltet ein drehbares Restaurant und eine Aussichtsplattform, in dem darüber angeordneten Baukörper mit einem um 8 m größeren Durchmesser wurde das Betriebsgeschoss untergebracht. Der Turm wurde am Rande des Ausstellungs- und Erholungsparks »Planten un Blomen« errichtet und nach dem in Hamburg geborenen Heinrich Hertz, dem bedeutenden Physiker und Entdecker der elektromagnetischen Wellen, benannt.
Nach langwierigen Finanzierungsverhandlungen vereinbarten die Beteiligten, dass die Deutsche Bundespost den Bau in eigener Regie durchführen und die Restaurationsgesellschaft Kroepels & Jarchow KG sich gegen die Zusicherung des Mitbenutzungsrechts für den Restaurantteil an der Finanzierung beteiligen würde. Die Entwurfsarbeiten und die Bauleitung übernahmen gemeinsam die Oberpostdirektion Hamburg und die Architekten Trautwein und Behn in Arbeitsgemeinschaft mit Fritz Leonhardt. Ausbau und Gestaltung des Restaurants übernahm der Hamburger Architekt Adolf Böhringer. Die Baumaßnahmen begannen im April 1965 und konnten Ende 1968 mit der kompletten Fertigstellung der gesamten Anlage abgeschlossen werden.
Die Fundamentierung des Turms besteht aus einem Ringfundament von 41 m Durchmesser, auf das die Lasten über eine 13 m hohe Kegelschale übertragen werden. In der Kegelschale befinden sich drei Geschosse für die Kabelverteilung, den Fernwärmeanschluss, eine Druckerhöhungsanlage und einen Wasserbehälter. Der in Kletterschalung errichtete Turmschaft besteht aus einem sich nach oben kontinuierlich verjüngenden Stahlbetonrohr mit einem Durchmesser am Fuß von 16,50 m und am Ende von 6 m. Die Wandung des Schaftes verringert sich von 90 cm unten auf 30 cm am oberen Ende. In den Turmschaft wurden drei Aufzüge - zwei Schnellaufzüge für die Restaurantgäste und ein langsamerer Betriebsaufzug - sowie eine über die gesamte Höhe des Turms führende Nottreppe eingebaut. Die beiden Kanzeln bestehen jeweils aus einer unteren und oberen Kegelschale, die mit der Decke beziehungsweise mit dem Fußboden ein rund 15 m frei auskragendes Tragwerk bilden. Dieses ist am Turmschaft ohne konstruktive Einbindung in einer lediglich 3 cm tiefen Nut gelenkig gelagert. Die Tragfähigkeit wird durch eine Betonvorspannung in einem äußeren Ringbalken gewährleistet.
Die untere Kanzel, ein 15 m hoher Baukörper mit einem Durchmesser von 32 m, befindet sich in 127 m Höhe. Das obere Geschoss nahm ursprünglich das drehbare Restaurant für 180 Gäste auf. Die darunter gelegene verglaste Aussichtsplattform umfasste ein Selbstbedienungsrestaurant für 140 Personen. Speise- und Getränkeanrichten sowie die sanitären Einrichtungen wurden im feststehenden Kern untergebracht. Der kreisförmige, ebenfalls 15 m hohe Baukörper von 40 m Durchmesser für das Fernmeldebetriebsgeschoss liegt in 150 m Höhe. Darüber, in Höhen zwischen 174 m und 196 m, sind vier runde Plattformen im Durchmesser von 22 m bis 15 m, von unten nach oben abnehmend, zur Aufnahme der Richtfunkantennen angeordnet. Auf die Dachplattform in 204 m Höhe ist ein 46 m hoher Stahlgittermast als Antennenträger aufgesetzt, in den eine 21,50 m hohe Fernsehrundfunk-Sendeantenne eingespannt war. Damit erreichte der Turm eine Gesamthöhe von 271,50 m. Infolge der Umstellung der TV-Ausstrahlung auf das digitale DVB-T-Signal wurde die Antenne 2004 ausgetauscht und die Gesamthöhe dadurch um rund 8 m vergrößert.
Im Fernmeldebetriebsgeschoss wurden die Richtfunkeinrichtungen, die Schalt- und Fernsehkontrollräume und die zugehörigen Klimaanlagen untergebracht. Es wurden 65 Richtfunksender mit den dazugehörigen Empfängern sowie Modulations- und Demodulationsbaugruppen sowie Zusatzeinrichtungen für Fernwirkaufgaben installiert. Für die Aufstellung der Fernsehrundfunk-Sender für das 2. und 3. Programm und die Unterbringung der Stromversorgungs- und Verwaltungseinrichtungen wurde am Fuß des Turms ein Fernmeldebetriebsgebäude errichtet. Die Fernsehrundfunk-Strecken dienen auch dem internationalen Programmaustausch und die Richtfunkstrecken dem internationalen Fernsprechverkehr mit Skandinavien.
In dem Gebäude am Turmfuß befindet sich auch die Eingangshalle zum früher öffentlich zugänglichen Teil des Turms. Anfang 2001 wurde die Gastronomie- und Aussichtsplattform geschlossen. Zwar wurde die Asbestbelastung anschließend beseitigt, wegen der Anpassung der Einrichtungen, etwa der Rettungswege, an inzwischen verschärfte Bestimmungen sind jedoch weitere Sanierungsmaßnahmen erforderlich, für die sich bisher jedoch keine Finanzierung finden ließ. Die Wiedereröffnung des unter Denkmalschutz stehenden Turms ist dennoch beabsichtigt.
Informationsstand: 09.08.2017
Schlagworte: Sendeanlagen; Informations- und Kommunikationstechnik (IKT); Nachrichten- und Kommunikationstechnik; Fernseh- / Fernmeldetürme
Stichworte: Fernsehturm; Fritz Leonhardt; Fritz Trautwein; Rafael Behn; Deutsche Bundespost; Adolf Böhringer; Fernmeldeturm; Wettbewerb; Bernhard Hermkes; Godber Nissen; Friedrich Spegelin; Gerhard Laage; Drehrestaurant; Aussichtsplattform; Betriebsgeschoss; Planten un Blomen; Heinrich Hertz; Kroepels & Jarchow KG; Oberpostdirektion Hamburg; Ringfundament; Kegelschale; Stahlbetonrohr; Fernmeldebetriebsgeschoss; Antennenplattform; Richtfunkantenne; Dachplattform; Stahlgittermast; Antennenträger; Ferrnsehrundfunk-Sendeantenne; DVB-T-Signal; Richtfunkeinrichtung; Klimaanlage; Richtfunksender; Richtfunkempfänger; Modulationseinrichtung; Demodulationsbaugruppe; Fernwirkaufgabe; Fernmeldebetriebsgebäude; Skandinavien; Asbestbelastung; Sanierungsmaßnahme; Denkmalschutz
Quelle(n)
- Arwed Hoyer / Werner Teutschbein, Fernmeldetürme und andere Antennenträger in Stahlbeton-Ausführung; in: Jahrbuch des elektrischen Fernmeldewesens 20(1969), S. 366-407
- Erwin Heinle / Fritz Leonhardt, Türme aller Zeiten - aller Kulturen, Stuttgart 1988
- Roman Ciesielski (u.a.), Behälter, Bunker, Silos, Schornsteine und Fernsehtürme. Zweite, neubearbeitete Aufl., Berlin 1985
- Hamburg. Kulturbehörde, Denkmalliste, Stand: 18.04.2016