Über viele Jahrzehnte hinweg war Voigt & Haeffner ein Begriff im Schaltanlagenbau. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte das in Frankfurt am Main ansässige Unternehmen zu den Pionieren bei der Entwicklung von Hochspannungsschaltern und -Schaltanlagen.
Beschreibung
erbaut: 1910
Architekt: C.W.F. Leonhardt
Die 1885 von dem Kaufmann Jakob Staudt und dem Ingenieur Heinrich Voigt (1857-1937) gegründete Firma Staudt & Voigt befasste sich von Anfang an mit der Herstellung von Isolationsmaterial, Sicherungen und Schaltern für die aufkommende Elektrizitätsversorgung. Heinrich Voigt war einer der typischen Erfinder aus der Frühzeit der Stromversorgung. Mehrere Patente aus den Jahren zwischen 1887 und 1896 lauteten auf seinen Namen. Die erste Produktionsstätte, ein »Installationsbüro«, lag in der Frankfurter Innenstadt (Gallusstraße), aber bereits 1889 wurde der Betrieb in den damaligen Vorort Bockenheim (Falkstraße 2) verlegt. Nachdem 1890 der Kaufmann Adolf Haeffner für den erkrankten Staudt in die Firma eingetreten war, erhielt sie 1891 den Namen Voigt & Haeffner.
Der Aufschwung der Elektrotechnik, insbesondere nach der großen Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt 1891, führte auch bei Voigt & Haeffner zu einem stark steigenden Auftragsvolumen. Das Fabrikgebäude wurde aufgestockt und die Zahl der Arbeiter und Angestellten stieg auf 235. Zur Auswertung eines 1895 für Heinrich Voigt erteilten Patents (Widerstand aus einem auf Porzellan aufgebrachten Edelmetallstreifen) wurde 1896 die Chemisch-elektrische Fabrik Prometheus GmbH gegründet. Weitere Tochterfirmen entstanden in den nächsten Jahren für den Bau von Isolatoren und von elektrophotographischen Geräten. Die Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft zum 1. Januar 1900 verhalf dem inzwischen bedeutenden Spezialunternehmen der Elektroindustrie zu einem soliden finanziellen Fundament. Trotz Errichtung und Anmietung weiterer Fabrikräume in der Innenstadt reichte die Größe der erforderlichen Produktionsflächen zur Bewältigung der Aufträge nicht mehr aus. Als eines der ersten Frankfurter Unternehmen entschloss sich die Voigt & Haeffner AG daher, ihren Betrieb auf das im Osten Frankfurts mit dem Bau des Osthafens neu entstehende Industrieareal zu verlegen. 1910 konnte die Fabrik dort bezogen werden.
Mit dem Aufbau der Hochspannungsnetze spezialisierte sich die Firma vor allem auf den Bau von geeigneten Schaltvorrichtungen. Der Schwerpunkt lag auf Schaltvorrichtungen für die Hochspannungstechnik, unter anderem von Ölschaltern, die für Spannungen bis zu 220 kV produziert wurden, sowie von kompletten Schaltanlagen. Für das Kraftwerk West in Dresden richtete Voigt & Haeffner 1927 eine der ersten modernen, von den Schaltanlagen vollständig getrennten Schaltwarten ein, in denen mit Hilfe von Fernmessanlagen der Zustand des Netzes dargestellt und mittels Fernwirktechnik Schalthandlungen in entfernten Anlageteilen vorgenommen werden konnten. Zusammen mit der schwedischen Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (Asea) entwickelte das Unternehmen zu Beginn der 1930er Jahre den ölarmen Druckausgleichsschalter, mit dem die gefürchteten Ölschalterexplosionen weitgehend gebannt werden konnten.
1940 ging die Voigt & Haeffner AG im Konzern der Deutschen Continentalen Gas-Gesellschaft (DCGG) auf. 1959 fasste die DCGG ihre Elektroindustrie-Beteiligungen in einer neuen Tochtergesellschaft, der Continental Elektroindustrie AG, mit Sitz in Düsseldorf zusammen. Die Aktienmehrheit dieses Unternehmens wurde 1965 von der Berliner Bergmann Elektricitäts-Werke AG übernommen. Seit 2003 gehört Voigt & Haeffner zur norwegischen Eltek-Gruppe. Das Unternehmen, das seit 2011 als Eltek Deutschland GmbH firmiert, zählt heute mit seiner Spezialisierung auf Telekom- und Industriestromversorgungen zum marktführenden Komplettanbieter gesicherter Stromversorgungsanlagen.
Die Produktionsanlagen an der Hanauer Landstraße wurden nach Aufgabe der Produktion im Frankfurter Werk von der Siemens AG übernommen und 1985 mit Ausnahme des ehemaligen Verwaltungsgebäudes (siehe Fotos) abgerissen. Das Verwaltungsgebäude entstand als Ergebnis eines Wettbewerbs, den der Frankfurter Architekt C.W.F. Leonhardt für sich entschieden hatte. Er entwarf die Fassade in einem von Jugendstilelementen durchsetzten neoklassizistischen Stil mit einem Eingangsbereich, der durch eine kolossale Pfeilerordnung gegliedert ist. Das Gebäude ist in Frankfurt heute als »Gemini-Haus« bekannt.
Informationsstand: 22.07.2015
Schlagworte: Verwaltungsgebäude; Elektroindustrie; Energy; Energie; Energienetze; Geschichte der Elektro- und Informationstechnik
Stichworte: C.W.F. Leonhardt; Jakob Staudt; Heinrich Voigt; elektrotechnische Apparate; Staudt & Voigt; Adolf Haeffner; Voigt & Haeffner; Internationale Elektrotechnische Ausstellung; Chemisch-elektrische Fabrik Prometheus GmbH; Isolator; elektrophotographische Geräte; Aktiengesellschaft; Osthafen; Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft AG; Siemens AG; Jugendstil; Neoklassizismus; Eltek Deutschland GmbH; Stromversorgungsanlage; Industriestromversorgung; Telekommunikation; Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget; Asea; Kraftwerk West Dresden; Schaltwarte; Fernmessanlage; Fernwirktechnik; Druckausgleichsschalter; Ölschalterexplosion; DCGG; Continental Elektroindustrie AG; Bergmann Elektricitäts-Werke AG; Hochspannungstechnik; Hochspannungsschalter; Ölschalter; Hochspannungsschaltanlage
Quelle(n)
- Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 1. Alte Länder, Stuttgart 1992
- Werner Eckhardt (Text), 1886 - 1986. 100 Jahre Voigt & Haeffner, Frankfurt am Main (1986)
- Ernst König, Aus der Entwicklung von Voigt & Haeffner; in: Conti Elektro Berichte. Berichte der Continental Elektroindustrie Aktiengesellschaft Düsseldorf 12(1966), Heft 1, S. 2-11