Der anlässlich der Bundesgartenschau 1959 in Dortmund errichtete kombinierte Aussichts- und Fernmeldeturm dokumentiert einerseits die Fortschritte in der Richtfunktechnik, andererseits als einer der ersten Sender für das Zweite Deutsche Fernsehen die Entwicklungen in der Fernsehlandschaft.
Beschreibung
erbaut 1958-59
Architekten: L. Faerber, Will Schwarz
Die Idee, anlässlich der Bundesgartenschau 1959 in Dortmund einen kombinierten Aussichts- und Fernmeldeturm zu errichten, wurde 1957 geboren. Sie fand bei der Stadt Dortmund und der Deutschen Bundespost einhellige Zustimmung. Die Zeitspanne bis zur geplanten Eröffnung Ende April 1959 war äußerst knapp, so dass unmittelbar nach Zustimmung aller beteiligten Gremien im März 1958 mit den Planungen und bereits im Mai mit dem Bau begonnen wurde. Die Stahlbetonkonstruktion des Schaftes wurde in Gleitschaltechnik im 24-Stunden-Schichtbetrieb errichtet, so dass die Bauzeit weniger als ein Jahr betrug. Seinen Namen erhielt der Turm durch die Einbindung in die Bundesgartenschau im Dortmunder Westfalenpark - Florian gilt als der Schutzpatron der Gärtner.
Um den Fernmeldebetrieb von den Besucherströmen zu entkoppeln und so möglichst ungestört zu gestalten, wurde Aussichtsplattform und Restaurantgeschoss unterhalb des Postbetriebsgeschosses angeordnet. Die Aussichtsplattform von 15 m Durchmesser befindet sich in einer Höhe von 142 m, das darunter, bei 138 m Höhe liegende Restaurantgeschoss wurde als Drehrestaurant mit bis zu sechs Umdrehungen pro Stunde für maximal 100 Gäste gestaltet. Der Fußboden des Drehrestaurants ist auf 72 vollgummibereiften Rädern gelagert, die auf zwei Ringen fest montiert sind. Zusammen mit dem Fußboden dreht sich die mit ihm verbundene Fensterwand. Der Antrieb erfolgte über einen 10,6-kW-Elektromotor. Die Einrichtung wurde von der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG (Werk Gustavsburg) ausgeführt. Küche, Klimaanlage und Sanitärräume wurden in einem eigenen Geschoss unter dem Restaurant untergebracht. Zum Schutz gegen Witterungseinflüsse wurden die Ausbauten mit einer Aluminiumverkleidung versehen, die Ende der 1990er Jahre komplett saniert wurde. Ursprünglich trug der Turm zwei Leuchtreklamen, in 153 m Höhe die Buchstaben »DAB« für die Dortmunder Aktien Brauerei und in 88 m Höhe ein »H«, das die Hoesch AG symbolisierte. Am Fuß des Turmes wurden in Sternform vier Gebäudeschalen platziert, in denen unter anderem die Heizung sowie je ein Notstromaggregat für die Fernmeldetechnik und den Restaurantbetrieb Aufstellung fanden.
Vor allem aus Gründen der Zeitersparnis wurde als Fundament in 8,10 m Tiefe eine Grundplatte von 25 m Durchmesser und 2,50 m Dicke mit aufgesetztem Kegelstumpfring als Schaftunterbau gewählt. Die Wanddicke des Schaftes verjüngt sich von 60 cm am Schaftfuß bis auf 20 cm an der Spitze. Den Abschluss des Schaftes bildet in 173 m Höhe eine 1,85 m dicke Betonplatte zur Verankerung des Gittermastes. Die Tragkonstruktion der Körbe besteht jeweils aus einer waagerechten Kreisringplatte und einer unteren Kegelschale.
Die technischen Einrichtungen des Turms umfassten zu einen die Anlagen der Richtfunktechnik für den Fernsprechbetrieb, zum anderen die Einrichtungen für die Ausstrahlung des Fernsehprogramms. Die damals üblichen Richtfunkanlagen arbeiteten im Frequenzbereich von rund 2 GHz und erlaubten die gleichzeitige Übertragung von 120 Gesprächen. Die erforderlichen Parabolantennen von 3 m Durchmesser wurden an ursprünglich zwei Ringen oberhalb des Fernmeldegeschosses am Schaft befestigt. Zur Bauzeit des Turms wurde gerade die fortgeschrittene, bei 4 GHz arbeitende Richtfunktechnik mit einer Kapazität von 600 Gesprächen eingeführt. Die für diesen Richtfunkverkehr notwendigen, wesentlich größeren Hornparabol-Antennen wurden auf dem Dach des Betriebsgeschosses montiert. So konnten auch die teuren Rechteckhohlleiter möglichst kurz gehalten und ohne Krümmungen vom Betriebsraum zu den Sende- und Empfangsantennen geführt werden.
Der installierte Fernsehsender war Bestandteil der ersten Ausbaustufe des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF), das im April 1963 offiziell seinen Sendebetrieb aufnahm. Der zugehörige Fernsehsender, der im UHF-Bereich von 470 bis 790 MHZ arbeitete, wurde ebenfalls im Fernmeldebetriebsraum aufgestellt. Später wurde der Betriebsraum um ein Stockwerk erweitert. Mit dem 32 m hohen Stahlgittermast hatte der Turm insgesamt eine Höhe von 219,30 m. Nach dem Austausch der Antennenanlage zur Vorbereitung der DVB-T-Ausstrahlung im November 2004 ist die Gesamthöhe auf 208,56 m gesunken.
Betreiber und Eigentümer des Turms ist heute die Deutsche Funkturm GmbH, ein Tochterunternehmen der Deutschen Telekom AG. Der Turm wurde seit den 1990er Jahren mehrfach für den öffentlichen Zugang gesperrt, nach umfangreichen Umbau- und Sanierungsarbeiten aber wieder geöffnet. Auch der Restaurantbetrieb hat immer wieder mit Rentabilitätsproblemen zu kämpfen und ist daher nach verschiedenen Neueröffnungen mehrmals wieder eingestellt worden.
Informationsstand: 09.08.2017
Schlagworte: Sendeanlagen; Informations- und Kommunikationstechnik (IKT); Nachrichten- und Kommunikationstechnik; Fernseh- / Fernmeldetürme
Stichworte: Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG (Werk Gustavsburg); MAN; DAB; Dortmunder Aktien Brauerei; Hoesch AG; Bundesgartenschau; Aussichtsturm; Fernmeldeturm; Deutsche Bundespost; Stahlbetonkonstruktion; Gleitschaltechnik; Aussichtsplattform; Drehrestaurant; Aluminiumverkleidung; Leuchtreklame; Gebäudeschale; Notstromaggregat; Grundplatte; Kegelstumpfring; Kreisringplatte; Kegelschale; Richtfunktechnik; Fernsprechbetrieb; Fernsehprogramm; Parabolantenne; Hornparabolantenne; Rechteckhohlleiter; Zweites Deutsches Fernsehen; ZDF; Deutsche Funkturm GmbH; Deutsche Telekom AG; Florianturm; L. Faerber, Will Schwarz
Quelle(n)
- L. Faerber, Der Aussichts- und Fernmeldeturm in Dortmund; in: Beton- und Stahlbetonbau 55(1960), Heft 5, S. 97-102
- Roman Ciesielski (u.a.), Behälter, Bunker, Silos, Schornsteine und Fernsehtürme. Zweite, neubearbeitete Aufl., Berlin 1985