Das nach Plänen des bekannten Wasserbau-Ingenieurs Otto Intze, Professor an der Technischen Hochschule Aachen, erbaute und 1905 in Betrieb genommene Wasserkraftwerk an der Urfttalsperre bei Heimbach in der Eifel war kurzzeitig das größte Speicherkraftwerk Europas und gehört heute zu den gelungensten Beispielen für den Erhalt historischer Wasserkraftanlagen bei gleichzeitiger Modernisierung und Fortsetzung des Erzeugungsbetriebs.
Beschreibung
erbaut: 1901-04
Architekt: (vermutlich) Georg Frentzen (Aachen)
Das Kraftwerk Heimbach entstand im Zusammenhang mit dem Bau einer großen Talsperre an der Urft, um die stark schwankenden Wasserführungen der beiden Eifelflüsse Urft und Rur regulieren zu können. Maßgeblichen Einfluss auf die Durchführung des Projektes hatte der Professor für Wasserbau an der TH Aachen, Otto Intze. In einem 1895 erstellten Gutachten hatte er nachgewiesen, dass sich die Wirtschaftlichkeit des Talsperrenbaus durch die Verbindung mit der Elektrizitätserzeugung wesentlich verbessern ließ. Dies führte 1899 zur Gründung der Rurtalsperren-Gesellschaft mbH, die als Bauherr und erste Betreibergesellschaft des Kraftwerks fungierte. Das Emblem der Gesellschaft mit den Buchstaben »RTSG« ist heute noch über dem Eingangstor sichtbar (Foto 2).
Das Kraftwerk liegt am Ufer der Rur, erhält aber das Wasser zur Krafterzeugung aus dem oberhalb gelegenen Urftsee. Von dort aus wurde ein Stollen durch den Gebirgszug des Kermeters vorgetrieben, durch den eine Druckleitung verlegt wurde. Sie mündet in einem Wasserschloss oberhalb des Kraftwerks. Von dort führen zwei Druckrohre weiter zu den Kraftwerks-Turbinen. Die gesamte Fallhöhe beträgt 110 m.
Der Entwurf für das Kraftwerk stammt vermutlich von Georg Frentzen, der auch die Bauleitung bei dem von Ph. Holzmann & Cie. (Frankfurt am Main) ausgeführten Bau der Staumauer hatte. Das gesamte Kraftwerk mit Maschinenhaus und rückwärtig gelegenem Schalthausanbau ist in Formen des Jugendstils durchgestaltet. Diese Gestaltungsmerkmale finden sich ebenfalls in der Gestaltung der äußeren Giebelfassade, die über dem Symbol der Gesellschaft ein Turbine und Generator darstellendes Sgraffito zeigt, das sich im Zentrum radialer Blitze als Symbol für die Elektrizitätsübertragung befindet. Die mit Sichelbogenbindern überspannte Maschinenhalle wird von der holzgerahmten Marmorschalttafel dominiert, die sich auf einer Empore am Ende des Maschinenhauses befindet.
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wurden die Druckrohre durch Pioniere der Wehrmacht gesprengt. Durch die Wasserfluten wurde die gesamte Kraftwerksanlage mit Schlamm bedeckt und erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Bis 1948 gelang es, die Stromerzeugung wieder in Gang zu setzen. Die Türme wurden entgegen dem ursprünglichen Entwurf mit hölzernen Zeltdächern versehen.
Bei der Inbetriebnahme war das Kraftwerk mit acht Maschinensätzen ausgerüstet. Bei den Turbinen handelte es sich um Francis-Doppelturbinen von Escher Wyss & Cie. Die Stromerzeuger waren Drehstromgeneratoren von jeweils 1.500 kW Leistung, geliefert von der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer & Co. Die Generatoren waren über Seilkupplungen mit den Turbinen gekoppelt. Diese Ausstattung war fast 70 Jahre in Betrieb. 1975 wurde die Anlage modernisiert. Die acht alten Maschinen wurden außer Betrieb genommen und stattdessen zwei neue Maschinen von 8 MW Leistung eingebaut, so dass die gesamte Installierte Leistung 16.000 kW beträgt. Das Kraftwerk wird zur Abdeckung von Lastspitzen eingesetzt. Bei der Modernisierung hatte sich das RWE als Betreiber entschieden, zwei der alten Maschinen zu erhalten und im Originalzustand im Kraftwerk zu belassen. Bei einer weiteren Baumaßnahme im Jahre 1990 wurde außerdem in Absprache mit der Denkmalpflege das ursprünglich Aussehen der Turmaufbauten wiederhergestellt.
Das Kraftwerk ist heute eines der am besten gelungenen Beispiele für einen Erhalt bei gleichzeitiger betrieblich erforderlicher Modernisierung. Für Gruppen ist eine Besichtigung des Kraftwerks nach vorheriger Absprache möglich.
Informationsstand: 02.05.2016 31.12.2013
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Speicherwasserkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Otto Intze; Rurtalsperren-Gesellschaft mbH; Escher, Wyss & Cie.; Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer & Co.
Quelle(n)
- Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 1. Alte Länder, Stuttgart 1992
- Axel Föhl, Bauten der Industrie und Technik in Nordrhein-Westfalen, Berlin 2000
- Kraftwerkstürme wiederhergestellt; in: Denkmalpflege im Rheinland 9(1992), Heft 1, S. 20-24