Das 1914 mit einer installierten Leistung von 10.000 kW in Betrieb genommene und mit seiner eindrucksvollen Architektur auch nach der Stilllegung 1974 erhalten gebliebene Kraftwerk Homburg war das Hauptkraftwerk der 1912 gegründeten Pfalzwerke AG. Seine wechselnde territoriale Zugehörigkeit zur Pfalz und zum Saarland spiegelt auch die nach den beiden Weltkriegen jeweils besondere Lage des Saargebiets wieder.
Beschreibung
erbaut: 1913-14
Bauherr: Pfalzwerke AG
Bauausführung: Rheinische Schuckert-Gesellschaft für elektrische Industrie AG (RSG)
Der repräsentative, vielfach gegliederte Kraftwerksbau wurde kurz vor dem Ersten Weltkrieg als Hauptkraftwerk der Pfalzwerke AG errichtet. Die Pfalzwerke AG war im Dezember 1912 von der Pfälzischen Kreisgemeinde, den Städten Ludwigshafen, Homburg und Frankenthal sowie von der Rheinischen Schuckert-Gesellschaft für elektrische Industrie AG ins Leben gerufen worden. Mitinitiator sowohl des Unternehmens als auch des Kraftwerksbaus war einer der Pioniere der Elektrizitätsversorgung, Oskar von Miller.
Das Kraftwerk ging im April 1914 mit einer installierten Leistung von 10.000 kW in Betrieb. Die Steinkohle kam aus den Gruben Mittelbexbach und St. Ingbert. Das Kühlwasser konnte der Blies entnommen werden. Der Bau der Hauptversorgungsleitung von Homburg nach Ludwigshafen konnte trotz Beginn des Ersten Weltkriegs noch fertig gestellt werden. Die für eine Übertragungsspannung von 100 kV bemessene Leitung wurde im Krieg jedoch nur mit 20.000 V betrieben.
Nach dem Ersten Weltkrieg geriet das Kraftwerk Homburg in eine schwierige Lage. Gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrags wurde Homburg dem Saargebiet zugeschlagen und das Kraftwerk damit von seinem Versorgungsgebiet abgeschnitten. Die französische Besatzungsverwaltung schraubte zudem den Kohlepreis in die Höhe, so dass man zeitweilig erwog, die Feuerung auf Braunkohle umzustellen und diese aus dem rheinischen Braunkohlerevier zu beziehen. Die Probleme waren ausschlaggebend dafür, dass sich die Pfalzwerke AG im September 1921 - zusammen mit der Stadt Mannheim, der Badischen Landes-Elektrizitätsversorgungs-AG und der Neckar AG - an der Gründung der Großkraftwerk Mannheim AG beteiligte. Nach Gründung der Tochtergesellschaft Kraftwerk Homburg AG im Januar 1923 traten die Pfalzwerke 52% des Aktienkapitals ihres Tochterunternehmens an die im französischen Besitz befindliche Grube Frankenholz ab, so dass die Stromerzeugung des Kraftwerks Homburg nun unter französischer Kontrolle lag. Dennoch blieb das Kraftwerk - parallel zum Strombezug vom Großkraftwerk Mannheim - das Rückgrat der Energiebasis der Pfalzwerke AG.
Als die Elektrizitätsnachfrage seit 1936, auch infolge der starken Rüstungsanstrengungen des Dritten Reichs, anstieg, stießen die Pfalzwerke an die Grenze ihrer Lieferkapazitäten. Nur durch den Anschluss an das Übertragungsnetz der Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG (RWE) konnten die geforderten Stromlieferungen sichergestellt werden. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wiederholte sich die Lage der Zeit nach 1918. Erneut lag das Kraftwerk Homburg im abgetrennten Saargebiet und war in seiner Betriebsführung von den kohlenwirtschaftlichen Maßnahmen der französischen Regierung abhängig. Erst seit 1948 normalisierte sich die Lage allmählich wieder. Die zunehmend veraltete Kraftwerksanlage wurde seit Ende der 1950er Jahre nur noch zur Spitzendeckung weiter betrieben, bis 1974 die endgültige Stilllegung kam. Ein Teil des Kraftwerks dient heute noch als Netzleitstelle und neben dem Kraftwerk entstand eine moderne Freiluftschaltanlage. Teile des Kraftwerkskomplexes wurden abgerissen, jedoch sind außer dem Verwaltungstrakt noch das Schalt- und das Maschinenhaus erhalten.
Informationsstand: 29.12.2016
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Steinkohlenkraftwerke
Stichworte: Pfalzwerke AG; Oskar von Miller; Pfalzwerke AG; Rheinische Schuckert-Gesellschaft für elektrische Industrie AG; RSG; Badische Landes-Elektrizitätsversorgungs-AG; Neckar AG; Großkraftwerk Mannheim AG; Pfälzische Kreisgemeinde; Ludwigshafen, Homburg; Frankenthal; Steinkohle; Grube Mittelbexbach; Grube St. Ingbert; 100-kV-Freileitung; Versailler Vertrag; Saargebiet; Kraftwerk Homburg AG; Grube Frankenholz; Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG; RWE; Spitzendeckung; Freiluftschaltanlage; Verwaltungstrakt; Schalthaus; Maschinenhaus
Quelle(n)
- Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 1. Alte Länder, Stuttgart 1992
- Armin Schmitt, Denkmäler saarländischer Industriekultur. Wegweiser zur Industriestraße Saar-Lor-Lux, 2. Aufl., Trier 1995
- Karl-Heinz Rothenberger, Strom für alle. Die Elektrifizierung der Pfalz 1882 - 1928 und die Gründung der »Pfalzwerke AG« 1912, Kaiserslautern 1991