Das Kavernenkraftwerk Drei-Brüder-Schacht repräsentiert eine besondere Spezies von Wasserkraftwerken. Es wurde installiert in einer stillgelegten Schachtanlage des Freiberger Silbererzbergbaus, wobei die unterirdischen ehemaligen Entwässerungsanlagen für die Wasserzu- und -ableitung der Turbinen genutzt werden konnten.
Beschreibung
eingerichtet: 1913-14
Kurz vor 1800 wurde südlich von Freiberg der Drei-Brüder-Schacht neu abgeteuft. Er entwickelte sich zum Hauptschacht des Grubenfeldes der Herzog-August-Fundgrube, in der bereits seit dem 17. Jahrhundert Silbererze gewonnen wurden. Zu dieser Zeit war der Freiberger Erzbergbau schon mit einem weitverzweigten und ausgeklügelten System von Wassergräben, -stollen und -teichen durchzogen. Es diente nicht nur der Grubenentwässerung, sondern wurde auch zum Antrieb ober- und unterirdischer Wasserräder genutzt, die ihrerseits Pumpen, Hebezeuge, Pochwerke und Blasebälge in Gang setzten.
Um 1900 wurde der gesamte Freiberger Silbererzbergbau planmäßig stillgelegt. In deren Folge kam 1898 auch das Aus für die Bergbautätigkeit auf dem Drei-Brüder-Schacht, der damals eine Teufe von 390 Metern erreicht hatte. Bereits ein Jahr später wurde die Idee geboren, die nun nicht mehr für bergmännische Zwecke benötigten unterirdischen Wasserflüsse und die vorhandenen Gefällestrecken für die Stromerzeugung zu nutzen. Die ersten Arbeiten für ein untertägiges Kraftwerk kamen aber nach wenigen Monaten wieder zum Erliegen, auch wegen der vielen ungeklärten rechtlichen Fragen.
Zum Wegbereiter und Gründer des Elektrizitätswerkes wurde schließlich der frühere Leiter der Grube Himmelfürst, Bergrat Oscar Lange. Mit aufwendigen Planungen und Berechnungen bereitete er ein 1912 erlassenes Gesetz vor, das erlaubte, das vorhandene Wassersystem auch für andere als bergbauliche Zwecke zu verwenden. Die Planungen sahen vor, die unterirdische Kraftstation in zwei Stufen zu unterteilen. Der obere Maschinenraum mit einer Grundfläche von 100 qm wurde im weiter südlich gelegenen Constantin-Schacht eingerichtet, damit man dessen Speicherteich als Wasserreservoir für das Kraftwerk nutzen konnte. Hier wurden zwei Pelton-Freistrahlturbinen mit zugehörigen Drehstromgeneratoren aufgestellt. Für die zweite, untere Anlage stand eine Kaverne am Drei-Brüder-Schacht zur Verfügung, die 272 m unter Rasenniveau und rund 140 m tiefer lag als die Anlage im Constantin-Schacht. Die Maschinenausstattung bestand hier zunächst auch aus Pelton-Turbinen. Einer der vier Maschinensätze wurde 1941 mit einer vertikalen Francis-Spiralturbine ausgerüstet. Als Ablaufkanal für das Wasser nach dem Durchfluss durch die Turbinen stand der Rothschönberger Stollen zur Verfügung, der von 1844 bis 1877 als Entwässerungskanal unter der Stadt Freiberg vorgetrieben worden war und in die Freiberger Mulde mündete.
Ende 1914 nahm das Revierelektrizitätswerk seinen Betrieb auf. Von den Generatoren wurde die elektrische Energie über Schachtkabel nach Übertage in die Schaltanlage geleitet. Über ein eigenes 10-Kilovolt-Hochspannungsnetz wurden von hier aus die Stadt Brand-Erbisdorf, das staatliche Hüttenwerk Muldenhütten sowie drei weitere Gemeinden in der Umgebung von Freiberg mit Strom versorgt. Freiberg selbst schloss sich mit seinem Elektrizitätswerk erst 1921 an das Wasserkraftwerk an. 1936 wurde die Schaltanlage erweitert, um einen Anschluss an die 15 kV-Sammelschiene der Aktiengesellschaft Sächsische Werke herstellen und das Revierelektrizitätswerk in das sächsische Verbundnetz integrieren zu können. Nach vorübergehender Abschaltung nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kraftwerk 1953 wieder in Betrieb gesetzt, jedoch 1972 stillgelegt.
Die Tagesanlagen des Kraftwerks, vor allem die ehemalige Schaltanlage mit der noch im Original erhaltenen Marmor-Schalttafel (Foto 2), können heute im Rahmen von Führungen besichtigt werden.
Informationsstand: 28.03.2017
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Wasserkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Kavernenkraftwerk; Revierelektrizitätswerk Freiberg; Aktiengesellschaft Sächsische Werke; ASW; Drei-Brüder-Schacht; Herzog-August-Fundgrube; Silbererzbergbau; Grubenentwässerung; Wasserradantrieb; Hebezeug; Pochwerk; Blasebalg; Kraftwerk; Grube Himmelfürst; Oscar Lange; Constantin-Schacht; Pelton-Freistrahlturbine; Pelton-Turbine; Drehstromgenerator; Kaverne; Francis-Spiralturbine; Brand-Erbisdorf; Hüttenwerk Muldenhütten; Marmorschalttafel
Quelle(n)
- Jürgen Leistner (Red.), Kavernenkraftwerk Drei-Brüder-Schacht. Geschichte und Überlegungen zur Rekonstruktion, 2. Aufl., Freiberg 2001