Der zu Beginn der 1950er Jahre für das Institut für »Schwachstromtechnik« der Technischen Hochschule Dresden errichtete und als »Barkhausen-Bau« bezeichnete Neubau erinnert an den Dresdener Hochschullehrer Heinrich Barkhausen, der als Begründer des wissenschaftlichen „Schwachstromtechnik” gilt.
Beschreibung
erbaut: 1950-53
Architekten: Karl Wilhelm Ochs / Walter Henn
Der für das Institut für »Schwachstromtechnik« der Technischen Hochschule Dresden errichtete Baukomplex gehört zu den ersten Neubauten der Hochschule nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Grundkonzeption des Gebäudes bestand darin, die einzelnen Lehrstühle, die das umfangreiche Gebiet der Schwachstromtechnik vertraten, in zweckmäßig gegliederten Bereichen unterzubringen. Außerdem sollte der Lehr- und Praktikumsbetrieb nach Möglichkeit von den Forschungsräumen getrennt werden. In den ersten beiden Bauabschnitten wurden daher zwei senkrecht zueinander stehende Baukörper errichtet, ein Hörsaal- und Praktikumsflügel und ein Laboratoriumsflügel. Das Gebäude entstand als langgestreckter schmuckloser, kubischer Baukörper mit verglastem Treppenhaus in der Mitte des an der Mommsenstraße gelegenen Flügels. Nach 1955 wurde der Komplex in zwei weiteren Bauabschnitten erweitert. 1951 erhielt der Gebäudekomplex den Namen »Barkhausen-Bau«.
Der Namensgeber, Georg Heinich Barkhausen (1881-1956), war nach dem Studium der Mathematik und Physik an den Universitäten Berlin und München sowie seit 1903 an der Universität Göttingen am dortigen Institut für »Angewandte Physik« mit einer in der Fachwelt mit großer Aufmerksamkeit aufgenommenen Arbeit über „Das Problem der Schwingungserzeugung mit besonderer Berücksichtigung schneller Schwingungen” promoviert worden. Er folgte einem Angebot der Siemens & Halske AG zur Tätigkeit in deren Laboratorium, wo er sich vier Jahre lang mit der Entwicklung von Apparaten für die Nachrichtenübertragung beschäftigte. 1910 habilitierte sich Barkhausen an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg mit der Arbeit „Die elektrische Übertragung von Signalen”. Ein Jahr danach erhielt er einen Ruf als außerordentlicher Professor für »Elektrische Messkunde, Telegraphie und Telephonie« an die Technische Hochschule Dresden. Kurze Zeit später erhielt er die Möglichkeit, ein eigenes Institut für »Schwachstromtechnik« aufzubauen. Barkhausen wurde damit zum ersten Elektrotechnikprofessor an einer deutschen Technischen Hochschule, der systematisch die wissenschaftlichen Grundlagen der später auch als »Fernmeldetechnik« oder »Nachrichtentechnik« bezeichneten neuen Fachrichtung der Schwachstromtechnik erarbeitete.
Während seiner Dienstverpflichtung bei der Kieler Abteilung der Inspektion des Torpedowesens im Ersten Weltkrieg war er mit der Erforschung der noch jungen Erfindung (1907) der Elektronenröhre betraut. Zusammen mit seinem Mitarbeiter Karl Kurz entdeckte er hier die »Barkhausen-Kurz-Schwingungen«, eine neuartige Methode der Erzeugung sehr kurzer Wellen, die zur Grundlage der Kurz- und Ultrakurzwellentechnik und damit der Rundfunk- und Radartechnik wurde. Sein „Lehrbuch der Elektronenröhren”, von dem 1923 der erste Band erschien und das er bis 1929 auf vier Bände erweiterte, wurde zum Standardwerk für Elektronenröhren und ihren Einsatz als Bauelement in der Nachrichtentechnik.
Nachdem auch das im Elektrotechnik-Gebäude, dem »Görges-Bau«, untergebrachte Institut für »Schwachstromtechnik« im Februar 1945 den Brandbomben zum Opfer gefallen war, verschlug es Barkhausen zunächst nach Wolfenbüttel, von wo er im Juni 1946 wieder nach Dresden zurückkehrte und sich nun dem schon lange geplanten großen Neubau des Instituts widmete. Auch wenn sich wenige Jahre vor seinem Tod im Jahre 1956 mit der Erfindung des Transistors bereits der Aufschwung der Halbleitertechnik abzeichnete, so hat Barkhausen mit der theoretischen Beschreibung der Elektronenröhre jedoch einen grundlegenden Beitrag zur Entwicklung der Elektronik auch für die nachfolgende Epoche der Mikroelektronik geleistet.
Informationsstand: 28.03.2017
Schlagworte: Elektrotechnik; Studium, Beruf, Gesellschaft; Studium
Stichworte: Inspektion des Torpedowesens; Karl Wilhelm Ochs; Walter Henn; Institut für Schwachstromtechnik; Technische Hochschule Dresden; Zweiter Weltkrieg; Schwachstromtechnik; Barkhausen-Bau; Georg Heinich Barkhausen; Siemens & Halske AG; Nachrichtenübertragung; Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg; Lehrstuhl für Elektrische Messkunde, Telegraphie und Telephonie; Fernmeldetechnik; Nachrichtentechnik; Erster Weltkrieg; Elektronenröhre; Karl Kurz; Barkhausen-Kurz-Schwingung; Kurzwellentechnik; Ultrakurzwellentechnik; Rundfunktechnik; Radartechnik; Transistor; Halbleitertechnik; Elektronik; Mikroelektronik
Quelle(n)
- Der Rektor der Technischen Hochschule Dresden (Hrsg.), 125 Jahre Technische Hochschule Dresden. Festschrift, Berlin 1953
- Fritz Liebscher / Werner Klaus (Hrsg.), Gebäude und Namen. Technische Universität Dresden, Dresden [1978]
- Dorit Petschel [Bearb.], Die Professoren der TU Dresden 1828 - 2003, Köln / Weimar / Wien 2003
- Reiner Pommerin, Geschichte der TU Dresden 1828 - 2003, Köln / Weimar / Wien 2003
- Kurt Jäger / Friedrich Heilbronner, Lexikon der Elektrotechniker, 2. Aufl., Berlin / Offenbach 2010