Thomas Volk und Ralf Petri

„Ich bin davon überzeugt, dass gerade Ride-Sharing-Diensten die Zukunft gehört“, betont Thomas Volk, Geschäftsführer Stromnetz Hamburg, im Gespräch mit Dr. Ralf Petri, VDE.

| VDE / Bernd Kammerer
28.10.2020 Fachinformation

Wir müssen den Kunden für die Ladeinfrastruktur begeistern

Im Zuge der Energiewende wachsen Stromnetz und E-Mobilität immer stärker zusammen. Wie das gelingen kann, welchen Beitrag Normung und Standardisierung dazu leisten und wie sich Kunden für die Elektromobilität gewinnen lassen, darüber sprach Dr. Ralf Petri, Geschäftsbereichsleiter Mobility im VDE, mit Thomas Volk, Geschäftsführer der Stromnetz Hamburg GmbH.

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Dr. Ralf Petri

Beim Hochlauf der Elektromobilität werden noch einige Herausforderungen auf uns zukommen. Welche sind das Ihrer Meinung nach und wie sehen mögliche Lösungsansätze aus, um die E-Mobility ins Rollen zu bringen?

Thomas Volk: Die größte Herausforderung ist neben der reinen Technik das kundenfreundliche Bereitstellen von Ladeinfrastruktur. Kundenfreundlichkeit braucht es zum einen beim Zugang zur Ladeinfrastruktur, bei der Abrechnung und bei der Transparenz der Preise; zum anderen aber auch bei der Funktionalität der Ladesäulen an sich. Wir müssen Kundinnen und Kunden für die Ladeinfrastruktur begeistern und damit für die E-Mobilität gewinnen.

Inwiefern hat die Corona-Pandemie Auswirkungen auf den Aufbau der Ladeinfrastruktur oder die Nutzung der E-Mobilität in Hamburg?

Thomas Volk: Corona hatte auf den Roll-out der Ladeinfrastruktur in Hamburg keinen Einfluss: Wir bauen die öffentliche Ladeinfrastruktur wie geplant weiter aus. Bei der Nutzung hingegen sehen wir Auswirkungen der Corona-Pandemie: Die öffentliche Ladeinfrastruktur wurde weniger genutzt, aus dem einfachen Grund, weil es weniger Verkehrsaufkommen gab.

Vor einem Jahr – also vor Corona – deutet noch alles darauf hin, dass Sharing-Diensten und Co. die Zukunft im Bereich Mobility gehört. Wie schätzen Sie die künftigen Erfolgsaussichten ein?

Thomas Volk: Ich bin davon überzeugt, dass gerade Ride-Sharing-Diensten die Zukunft gehört. In Hamburg ist der Anbieter MOIA als Leuchtturm zu sehen, der sehr digital, nutzungsorientiert und nutzungsabhängig die Mobilität gestaltet. Auch der Hamburger ÖPNV ist ein Zukunftsmodell – nicht zuletzt jetzt, wo die Busflotte auf Elektromobilität umgestellt wird. Die elektrische Mobilität – allen voran U-Bahn und S-Bahn – genießen in Hamburg seit jeher eine hohe Akzeptanz. Und dann kommt in Hamburg noch die politische Lage hinzu: Im neuen Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass viele städtische Bereiche vom Auto- und Individualverkehr befreit werden, um Platz für alternative Mobilitätsangebote zu schaffen.

Also dämpft Corona diese positive Entwicklung nicht?

Thomas Volk: Sicherlich gibt es derzeit noch eine gewisse Grundskepsis. Gerade Corona – und vielleicht auch die Angst vor einer Ansteckung – überlagert sicherlich noch Vieles. Natürlich haben der ÖPNV und Ride-Sharing-Dienste in Hamburg während der Pandemie gelitten: Die Auslastung war deutlich geringer. Aber das ist nur ein temporäres Phänomen. Wenn Deutschland und die Welt die Pandemie in den Griff bekommen, sieht das wieder anders aus. Ich glaube nicht, dass Corona langfristig neue Mobilitätskonzepte verhindert oder einschränken wird: Gerade in Metropolen und größeren Städten gehört dem ÖPNV und Ride-Sharing-Angeboten die Zukunft. Ich persönlich kenne viele Menschen in Hamburg, die jetzt schon auf ihr Auto verzichten: Sie brauchen es einfach nicht, weil sie mit den vorhandenen Mobilitätsangeboten ihre Mobilitätsbedürfnisse decken können. 
 

Thomas Volk, Stromnetz Hamburg

Thomas Volk: „Ohne Normung der Systeme werden diese nicht funktionieren. Das würde Innovation verhindern.“

| VDE / Bernd Kammerer

Nochmal zurück zum Thema Ladeinfrastruktur: Stromnetze Hamburg hatte bis Ende 2019 insgesamt 1.000 Ladepunkte geplant. Haben Sie dieses Ziel erreicht? Und wie sieht die weitere Perspektive aus?

Thomas Volk: Dieses Ziel war ein politischer Auftrag der Stadt Hamburg. Es gab einen „Masterplan öffentliche Ladeinfrastruktur“ aus dem Jahr 2014. In dem waren ursprünglich 600 Ladepunkte geplant. Diese haben wir bis Ende 2017 realisiert. Dann wurde die Zahl auf 1.000 aufgestockt bis 2019. Auch das haben wir geschafft. Das Schöne dabei ist, dass diese Ladepunkte nicht einfach nur da sind, sie werden auch genutzt. Warum werden sie genutzt? Weil sie aus unserer Sicht sehr kundenfreundlich sind, da Kunden fast alle Ladekarten nutzen können. Der neue Koalitionsvertrag sieht nun eine Erweiterung auf 2.000 Ladepunkte vor.

Bis wann?

Thomas Volk: Das ist für die Legislaturperiode nicht genau definiert. Die Finanzierung des Vorhabens wird noch diskutiert, denn der Ausbau kostet sehr viel Geld. Das ist derzeit noch ein reiner Zuschussbetrieb, der von der Stadt finanziert wird. Aber der politische Wille ist da, die Weiterentwicklung so zeitnah wie möglich voranzutreiben. Deshalb warten wir auf die Beauftragung durch die Stadt für die nächsten 1.000 Ladepunkte. Was aus meiner Sicht aber noch viel wichtiger ist, ist die private Ladeinfrastruktur, also in und an Gebäuden. Dazu gibt es in Hamburg das Projekt „ELBE“ (Electrify Buildings for Electric Vehicles) mit mehr als 7.000 geplanten privaten Ladepunkten, zum Beispiel in Tiefgaragen und an Parkplätzen. Damit nimmt auch die Bedeutung der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum ab und wir werden nicht mehr mit der Erwartung konfrontiert, an jeder Straßenlaterne eine Steckdose zu installieren. 

Projekt ELBE (Electrify Buildings for Electric Vehicles)

Im Modellprojekt ELBE werden im Stadtgebiet Hamburg bis zu 7.400 Ladestationen an und in Gebäuden, auf Firmenarealen oder in Parkhäusern errichtet und netzdienlich betrieben. Was wird gefördert?

Im Modellprojekt ELBE werden im Stadtgebiet Hamburg bis zu 7.400 Ladestationen an und in Gebäuden, auf Firmenarealen oder in Parkhäusern errichtet und netzdienlich betrieben. Was wird gefördert?

Gefördert wird:

  • Beschaffung von Ladestationen, die an das IT-Backend eines Betreibers (CPO) angeschlossen sind
  • Herstellen oder Verstärken des Stromanschlusses sowie Realisieren der Datenverbindung zum IT-Backend des CPOs
  • Installation und Inbetriebnahme der Ladestationen sowie
  • Beschilderung und Kennzeichnung der Ladeplätze
  • Betrieb der Ladestationen


Wer kann eine Förderung erhalten?

  • Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter
  • Betriebe, Flottenbetreiber für die eigene Flotte
  • Unternehmen für ihre Kundenparkplätze
  • Parkhausbetreiber
  • Wohnungsbaugesellschaften, Projektentwickler, etc. für ihre Mieter in Wohn- und Gewerbeobjekten
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Die aktuelle Diskussion zum Smart-Meter-Gateway dreht sich vor allem um die Frage, wo es zwingend eingebaut werden soll. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Thomas Volk: Als Netzbetreiber und grundzuständiger Messstellenbetreiber haben wir viel Erfahrung mit dem Smart-Meter-Gateway gesammelt. Nach über zehn Jahren haben wir jetzt Systeme, die wir installieren, und zwar am Netzverknüpfungspunkt. Als Netzbetreiber setzen wir auf den CLS-Kanal, der es uns ermöglicht, bestimmte Informationen über das Smart-Meter-Gateway sicher an diesem Übergabepunkt zur Verfügung zu stellen. Aktuell wird diskutiert, ob das Smart-Meter-Gateway in jeden Ladepunkt gehört. Wir sehen das nicht so, da es die ganze Sache unnötig verteuern und verkomplizieren würde. Zudem wäre es eine rein deutsche Lösung, die in Europa einmalig wäre und deshalb der Sache nicht zuträglich ist.

Sie sind Vize-Vorsitzender der Arbeitsgruppe 6 der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM AG 6), die sich mit dem Thema Standardisierung, Zertifizierung, Prüfung und Zulassung beschäftigt. Wird das Thema Smart-Meter-Gateway dort auch diskutiert? Und können Sie einen kleinen Einblick zum aktuellen Diskussionsstand geben?

Thomas Volk: Natürlich ist das Thema Smart-Meter-Gateway aktuell in der Diskussion, nicht nur bei uns in der AG 6, sondern auch in der AG 5, in der es um das Thema Verknüpfung der Verkehrs- und Energienetze geht. Wir arbeiten hier eng zusammen und auch die Sichtweise der beiden AGs ist identisch: Beide sehen das Smart-Meter-Gateway am Netzverknüpfungspunkt und nicht an jeder Ladesäule. Aufgabe ist es, das auch entsprechend in die Politik zu kommunizieren, da dort letztlich die Entscheidungen fallen. Die Arbeit in der NPM AG 6 ist für mich sehr wichtig, weil die NPM beste Möglichkeiten der Vernetzung bietet – und zwar nicht nur von Technikern unter sich. In den anderen Arbeitsgruppen arbeiten Stakeholder mit, die aus ganz anderen Bereichen kommen, zum Beispiel aus dem politischen Raum, und so eine andere Sicht auf die Dinge mit einbringen. Gerade für Netzbetreiber ist die Mitarbeit deshalb bereichernd, weil es ja genau darum geht, mit den anderen Systemen zu kommunizieren. Die Standardisierung ist bei der Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladesäule, zwischen Ladesäule und Netz, zwischen Elektromobilitäts-Provider (EMP) und Charge-Point-Operator (CPO) wichtig. Wenn hier nicht dieselbe Sprache gesprochen wird und es keine Kompatibilität gibt, wird die Elektromobilität nicht funktionieren. Dieses Problem ist kein deutsches, sondern ein internationales.

Kann das Thema Smart-Meter-Gateway also zum Showstopper werden, wenn es darum geht die E-Mobilität über Ländergrenzen hinweg zusammenwachsen zu lassen?

Thomas Volk: Es ist schade, dass das Smart-Meter-Gateway nicht zumindest europakompatibel ist. Das gilt sowohl für den Messstellenbetrieb als auch in Richtung Ladeinfrastruktur. Das ist aus meiner Sicht nicht konstruktiv, aber ein Showstopper ist es nicht.

Wie sieht es derzeit mit weiteren Konzepten, Ideen oder Förderprojekten zum Thema E-Mobilität bei Stromnetz Hamburg aus? Können Sie uns einen Einblick geben?

Thomas Volk: Ich habe es vorhin ja schon einmal kurz angedeutet. Ganz konkret gibt es das Thema private Ladeinfrastruktur mit dem Projekt „ELBE“. Mit mehr als 7.000 geplanten Ladepunkten ist es deutschlandweit das größte seiner Art. Ein weiteres Projekt „ZUKUNFT.DE“ beschäftigt sich mit der Elektrifizierung der Nahverkehrslogistik. Projektpartner sind die großen Paketdienstleister und wir als Netzbetreiber und CPO. Wir gehen der Frage nach, wie sich Paketdienste in Städten auf elektrische Mobilität umstellen lassen. Hier spielen auch Logistik-Fragen eine wichtige Rolle: Jeder kennt ja die in zweiter Reihe parkenden Paketdienst. Diese Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren stehen nicht nur im Weg, sondern stoßen auch Abgase aus. Es geht also sowohl um eine umweltschonendere Technologie als auch um die Bündelung der Fahrzeuge.

Projekt ZUKUNFT.DE

Im Rahmen des Vorhabens ZUKUNFT.DE werden erstmals mehr als 500 voll- und teilelektrische Transporter in der Paketzustellung auf der letzten Meile eingesetzt. Das Projekt umfasst vor allem Fahrzeuge der 2,8- und 3,5-t-Klasse, aber auch größerer Fahrzeugkonzepte. Ziele des Vorhabens sind:

Im Rahmen des Vorhabens ZUKUNFT.DE werden erstmals mehr als 500 voll- und teilelektrische Transporter in der Paketzustellung auf der letzten Meile eingesetzt. Das Projekt umfasst vor allem Fahrzeuge der 2,8- und 3,5-t-Klasse, aber auch größerer Fahrzeugkonzepte. Ziele des Vorhabens sind:

  • Emissionen auf der letzten Meile verringern
  • betriebliche Effizienz sicherstellen
  • den Einsatz von E-Antrieben in der Kurier-, Express- und Paketdienst-Branche zu skalieren.
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Spielt das Thema Normung und Standardisierung in Ihren Forschungsprojekten eine Rolle?

Thomas Volk: Ja, natürlich. Gerade die Kommunikation muss standardisiert werden. An der Primärphysik, da lässt sich nur bedingt etwas machen, aber in der Kommunikation ist Standardisierung sehr wichtig. Es geht ja darum, die Systeme, die sehr zeitnah miteinander kommunizieren müssen, kompatibel und kundenfreundlich zu machen. Plug-and-Charge ist ein Thema. Da laufen wir auf klassische Normungsthemen zu.

Kritiker sagen, dass Normung und Standardisierung den Innovationsfortschritt hemmen. Was halten Sie als Vize-Vorsitzender der NPM AG 6 dem entgegen?

Thomas Volk: Also sicherlich ist Normung manchmal anstrengend, weil es auch mal länger dauert bis Ergebnisse vorliegen. Aber ohne Normung und Kompatibilität der Systeme werden diese auch nicht funktionieren. Das würde dann genau das Gegenteil bewirken, nämlich Innovation verhindern. Deshalb ist die Normung extrem wichtig.

Die Diskussion um Plug-in-Hybride wird mittlerweile auch in der breiten Öffentlichkeit geführt. Sind für Sie Plug-in-Hybride Teil der Mobilitätswende? Oder halten Sie die Technik für verzichtbar?

Thomas Volk: Als jemand, der selbst drei Jahre lang Plug-in-Hybride gefahren ist, kann ich sagen, dass es schon ein Schritt in Richtung elektrische Mobilität ist. Fakt ist: Es gibt nach wie vor die Reichweiten-Angst. Viele haben immer noch Angst davor mit einem rein batterie-elektrischen Auto liegen zu bleiben, weil sie nicht nachladen können. Insofern sind Plug-in-Hybride sicherlich ein wichtiger Schritt in Richtung Mobilitätswende und auch die Absatzzahlen zeigen, dass die Technik akzeptiert wird. Wie lange das tragfähig ist, müssen wir sehen.

Als Stromnetz Hamburg sind Sie auch CPO. Haben Sie keine Angst, dass die ganzen Plug-in-Hybride Ihre Ladesäulen verstopfen, weil sie nur kurz laden, um danach weiterzufahren. Und die ausschließlich batteriebetriebenen Elektroautos kommen dann gar nicht mehr zum Zuge?

Thomas Volk: Wir haben die Belegung der Ladeinfrastruktur in Hamburg über mehrere Jahre verfolgt. Am Anfang waren es Verbrenner, die blockiert haben. Das ist vorbei, seitdem Parkflächen als E-Auto-Flächen gekennzeichnet sind und bei Zuwiderhandlung abgeschleppt werden kann. Jetzt stehen wirkliche Elektrofahrzeuge an den Säulen, unter ihnen auch sehr viele Plug-in-Hybride. Da ist die kleine Ladeleistung, die aktuell ja bei den Plug-in-Hybriden in der Regel da ist, schon ein Problem. In Hamburg kommt noch hinzu, dass die Standzeit begrenzt ist: Die Ladesäulen stehen ja an öffentlichen Parkplätzen und da gelten die normalen Parkzeiten von zwei bis maximal drei Stunden. Deswegen verfolgen wir das Ziel – und das nicht nur wegen der geringen Ladeleistung – drei-phasiges Laden bei Plug-in-Hybriden zu empfehlen. Unsere Wunschvorstellung wäre drei-phasiges Laden mit 11 Kilowatt. Bei den Plug-in-Hybriden, die jetzt auf den Markt kommen, und mehr elektrische Reichweite haben, wäre das sinnvoll. Die kleine Ladeleistung sollte dauerhaft nicht das Ziel sein bei Plug-in-Hybriden. 

Thomas Volk, Stromnetz Hamburg

Thomas Volk: „Es gibt kein Internet der Energie im Netz"


| VDE / Bernd Kammerer

Im Zuge des Hochlaufs der Elektromobilität müssen Stromnetz und Elektromobilität immer stärker zusammenwachsen. Wie bewerten Sie das Thema bi-direktionaler Energiefluss?

Thomas Volk: Da gibt es drei verschiedene Ausprägungen, die man betrachten sollte. Die erste ist die lokale Ebene im Haus: Wenn ich ein Einfamilienhaus habe, eine PV-Anlage, ein Auto, ist das letztlich Vehicle-to-Home. Das halten wir für sehr sinnvoll, weil es auch unser Netz entlastet. In der zweiten Ebene, also etwa Vehicle-to-Grid im lokalen, regionalen Kontext sehen wir ebenfalls keine Probleme. Wenn es dann um die dritte Phase geht, also um Themen wie Regelenergie und Systembilanz, dann wird das Thema für uns als Verteilnetzbetreiber kritisch. Wir nutzen Speichertechnologien auf der untersten Niederspannungsebene und die Netze sind nicht dafür ausgelegt zeitgleich diese Systeme komplett mit Leistung zu versorgen. Das heißt, wir müssten unser Netz ausbauen, um für diesen Regelenergiemarkt eine Marktplattform bereitzustellt – was wiederum finanziert werden muss. Es gibt kein Internet der Energie im Netz. Es ist analoge Physik. Auf der Sekundärseite kann man viel digitalisieren und automatisieren – zum Beispiel über intelligente Ortsnetzstationen. Dabei darf man aber nicht den Fehler machen und die Physik außer Acht lassen. Dazu kommt noch das volkswirtschaftliche Optimum und die Frage, wie viel wir in das Netz verbauen müssen. Das läge in der Niederspannung bei einem Vielfachen von dem, was man auf der Hoch- oder Höchstspannungsebene hätte.

Zum Abschluss noch eine ganz untechnische Frage: Sie selbst sind Ingenieur der Elektrotechnik. Was denken Sie, was künftige Ingenieure erfolgreich macht? Zu welchem Skillset würden sie dem Nachwuchs raten, um in der künftigen Arbeitswelt erfolgreich zu sein?

Thomas Volk: Ich kann nur jedem dazu raten, einen MINT-Beruf zu ergreifen und Ingenieur zu werden. Ich bin nach wie vor fasziniert von meinem Beruf. Die Skills haben sich über die Jahre natürlich geändert – ich bin ja auch schon im fortgeschrittenen Alter. Was heute einen Ingenieur auszeichnet, ist mehr als die reine Lösungsorientierung. Es geht darum, zu kommunizieren, Verständnis für andere Sichtweisen aufzubringen. Es geht auch darum, Zusammenhänge verstehen und Sichtweisen adaptieren zu können. Wichtig ist, für gute technische Lösungen werben zu können, also gerade Menschen zu überzeugen, die keine Ingenieure sind und nicht so tief in technischen Themen stecken. Das ist etwas, was uns Ingenieuren nicht automatisch mit auf den Weg gegeben wird. Immer wichtiger wird zudem die Vernetzung innerhalb der Technik zu anderen Fachbereichen – gerade das Thema Mobilität ist dafür ein gutes Beispiel.