Leonische Drahtwerke AG_Bild 1
2014 Norbert Gilson
03.09.2020

Leonische Drahtwerke AG

Mühlhofer Hauptstraße 5-11, 90453 Nürnberg

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VDE Ausschuss Geschichte der Elektrotechnik

Seit dem 16. Jahrhundert mit dem Know how in der Fertigung von Leonischen Waren ausgestattet, schlossen sich mehrere Unternehmen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zusammen, um Draht, Kabel und Leitungen für die Bedürfnisse der Elektroindustrie herzustellen. Aus diesen Anfängen entwickelte sich das mittelständische Unternehmen in den 1970er Jahren zu einem »global player« auf dem Gebiet der Kabelfertigung und -Konfektion.

Beschreibung


erbaut: um 1880 / um 1910 (?) / 1950er Jahre

Die Wurzeln des Unternehmens sollen bis ins Jahr 1569 zurückreichen. Damals gründete Anthoni Fournier in Nürnberg eine Werkstatt zur Herstellung »Leonischer Waren«. Als »Leonische Waren« bezeichnete man früher üblicherweise aus unedlen Metallen, häufig Kupferlegierungen, hergestellte vergoldete oder versilberte Metallfäden für Metallgespinste sowie Garnfäden, die mit dünnen, öfter vergoldeten Silber- oder Kupferdrähten umwickelt wurden und als Borten oder Litzen für Posamentierarbeiten Verwendung fanden. 1621 eröffneten die Söhne von Anthoni Fournier südlich von Nürnberg weitere Werkstätten zur Herstellung »Leonischer Waren«. Aus einer von ihnen ging 1747 die Borten- und Gespinstfirma von Johann Kaspar Stieber in Roth hervor, aus der schließlich 1790 die beiden Firmen Johann Balthasar Stieber und Johann Philipp Stieber entstanden.

Einen weiteren Betrieb zur Herstellung »Leonischer Waren« gründete Georg Adam Beckh 1730 in Schwabach und verlegte ihn später nach Nürnberg. Hier gründete 1804 Simon Ernst Kuhn eine weitere Gold- und Silberdrahtfabrik. Diese beiden Betriebe vereinigten sich 1908 zu den Vereinigten Leonischen Fabriken. 1917 schloss sich dieses Unternehmen mit den Fabriken in Roth zur Leonische Werke Roth-Nürnberg AG zusammen, die sich 1931 schließlich in Leonische Drahtwerke AG mit Sitz in Nürnberg umbenannten. 1999 ging daraus die Leoni AG hervor, die heute als Holding für die verschiedenen produzierten Gesellschaften fungiert.

Die ältesten noch erhaltenen Bauten der Produktionsstätte in Nürnberg-Mühlhof stammen aus den 1880er Jahren, darunter das auf Foto 1 im Vordergrund sichtbare ehemalige Direktionsgebäude, ein Sandsteinbau mit Satteldach. Ein zweigeschossiges, ebenfalls massiv aus Sandstein errichtetes Fabrikgebäude mit Sheddächern wurde inzwischen abgerissen. Weitere markante Bauten sind ein Produktionsgebäude mit Sandsteinsockel und Mittelrisalit, vermutlich aus der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg oder aus den frühen 1920er Jahren (Foto 2) sowie ein weiteres Produktionsgebäude der 1950er Jahre mit quadratischen Rasterfassadenelementen aus Fenstern und Backsteinsockeln (Fotos 3 und 4).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die später vereinigten Betriebe damit begonnen, ihre Produktionsprogramme auf die Bedürfnisse abzustimmen, die aus der expandierenden Elektrizitätsversorgung resultierten. Die Unternehmen in Roth stellten beispielsweise blanke und baumwollisolierte Kupferdrähte und -litzen, so genannte »Stieber-Litzen«, her. Seit 1928 wurden Lackdrähte produziert und 1931 kamen gummiisolierte Leitungsdrähte hinzu. Die ersten PVC-isolierte Leitungsdrähte verließen 1942 die Produktionsstätte. 1948 wurde die Fertigung von Steckerleitungen und konfektionierten Verbindungsleitungen aufgenommen.

In den 1980er Jahren besaß das Unternehmen in Nordbayern weitere Fertigungsstätten in Roth, Kitzingen, Kötzting und in Neuburg a.d. Donau. Schwerpunkte der Herstellung waren zu dieser Zeit hochflexible Kupferlitzen und -bänder, konfektionierte Verbindungsleitungen, Spezialleitungen, isolierte Leitungen alle Art sowie blanke und oberflächenveredelte Kupferdrähte. Heute (2014) ist das Unternehmen außer bei der Herstellung von Drähten und Kabeln auch führend bei Bordnetz-Systemen für die Automobilindustrie. Ende 2013 waren insgesamt knapp über 60.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Informationsstand: 22.07.2015
Schlagworte: Elektroindustrie; Geschichte der Elektro- und Informationstechnik; Werkstoffe; Leiterwerkstoffe, Supraleitung
Stichworte: Anthoni Fournier; Leonische Waren; Metallfaden; Metallgespinst; Borten; Litzen; Posamentierarbeiten; Nürnberg; Roth; Borten- und Gespinstfirma; Johann Kaspar Stieber; Johann Balthasar Stieber; Johann Philipp Stieber; Georg Adam Beckh; Schwabach; Simon Ernst Kuhn; Gold- und Silberdrahtfabrik; Vereinigte Leonische Fabriken; Leonische Werke Roth-Nürnberg AG; Leonische Drahtwerke AG; Leoni AG; Nürnberg-Mühlhof; Direktionsgebäude; Sandsteinbau; Sandsteinsockel; Erster Weltkrieg; 1950er Jahre; Elektrizitätsversorgung; Kupferdraht; Baumwollisolierung; Kupferlitze; Stieber-Litze; Lackdraht; Gummiisolierung; Leitungsdraht; PVC-Isolierung; konfektionierte Verbindungsleitung; Kitzingen; Kötzting; Neuburg a.d. Donau; hochflexible Kupferlitze; Kupferband; Oerflächenveredlung; Bordnetz-System; Automobilindustrie
 

Quelle(n)

  • Georg Schöllhorn (Red.), Elektrotechnik in Nordbayern. Eine Dokumentation. 75 Jahre VDE-Bezirksverein Nordbayern e.V., Nürnberg 1986
  • Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler. Regierungsbezirk Mittelfranken, Nürnberg (Stadt), Nr. D-5-64-000-1377

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