Das in Berlin-Mitte gelegene Heizkraftwerk ist ein Beispiel für den Ersatz einer zu Beginn der 1960er Jahre errichteten „Altanlage" durch einen Neubau der 1990er Jahre.
Beschreibung
erbaut: 1960-64 / 1994-96 (Neubau)
Als mit dem Neubau des Ostberliner Stadtzentrums seit Beginn der 1960er Jahre der Bedarf an elektrischer Energie und an Heizwärme stark anstieg, fiel die Entscheidung zum Bau eines neuen Kraftwerks, möglichst in unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums. Die Wahl fiel auf einen für die Brennstoffanlieferung günstig gelegenen Bauplatz am linken Spreeufer in der Nähe der Jannowitzbrücke. Da das neue Kraftwerk für den Betrieb mit Schweröl vorgesehen war, ließ sich die Errichtung von Öltanks nicht vermeiden. Mit Rücksicht auf das Stadtbild wurden jedoch nur einige kleinere Vorratsbehälter direkt am Kraftwerk platziert. Für die erforderliche umfangreiche Ölbevorratung diente ein neues Tanklager für 30.000 cbm direkt an der Spree in unmittelbarer Nähe des Kraftwerks Klingenberg. Von dort aus pendelten ständig drei Ölprahme zur Befüllung der Vorratstanks am Heizkraftwerk Mitte.
Das Heizkraftwerk ging Ende 1964 in Betrieb. Es war ausgerüstet mit drei Blöcken von jeweils 32 MW elektrischer Leistung. Bei Volllastbetrieb konnten dabei 130 MW Wärmeleistung ausgekoppelt werden. Bei Reduzierung des elektrischen Betriebs auf 46 MW standen maximal 284 MW an Wärme zur Verfügung.
Schon kurz nach der Wiedervereinigung wurde beschlossen, das inzwischen stark veraltete Heizkraftwerk stillzulegen und es durch einen hochmodernen Neubau zu ersetzen. So entstand in den Jahren 1994 bis 1996 eines der modernsten und effizientesten Heizkraftwerke der Welt. Es handelt sich um eine „GuD"-Anlage, bei der mit Gasturbinen, Abhitzekessel und einer nachgeschalteten Dampfturbine in optimierter Weise gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt werden können, wobei der Ausnutzungsgrad des eingesetzten Brennstoffes rund 90% beträgt. Das Heizkraftwerk ist ausgerüstet mit zwei Gasturbinen von je 185 MW und einer nachgeschalteten Dampfturbine von 108 MW Leistung zur Deckung der Grundlast. Brennstoff für die Ringbrennkammern der Gasturbinen ist Erdgas, das über eine auf dem Grund der Spree verlegte Pipeline herangeführt wird. Bei Spitzenanforderungen können für die Wärmeversorgung zusätzlich noch zwei Heißwassererzeuger von je 120 MW Leistung zugeschaltet werden. Diese werden entweder mit Erdgas oder mit leichtem, schwefelarmem Heizöl betrieben, für dessen Bevorratung ein Behälter mit 9.000 cbm Inhalt gebaut wurde.
Der Kraftwerksneubau setzt auch durch seine eindrucksvolle architektonische Gestaltung und aufgrund der technisch geringstmöglichen Umweltbelastungen hinsichtlich Schall- und Rauchgasemissionen internationale Maßstäbe. Die dafür aufgewendeten Investitionen betrugen über 600 Millionen DM.
Das Heiznetz des Kraftwerks Mitte erstreckt sich vom Hauptbahnhof und Potsdamer Platz im Westen über den Alexanderplatz bis nach Treptow und zur Halbinsel Stralau im Osten. Die Wärmeleistung reicht aus, um 60.000 Wohnungen und 500 Großkunden zu versorgen.
Die Einspeisung der elektrischen Energie ins Hochspannungsnetz erfolgt über eine 110 kV-Schaltanlage. Es handelt sich um eine moderne Innenraumschaltanlage mit SF6-isolierten Komponenten.
Teile der „Altanlage", wie das vermutlich ehemalige Kesselhaus (Foto 3) und eine Halle (Foto 4, im Vordergrund), sind noch erhalten.
Informationsstand: 31.12.2014
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Ölkraftwerke; Heizkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Kraft-Wärme-Kopplung; Jannowitzbrücke; Schweröl; Heizkraftwerk Mitte; Tanklager; GuD-Anlage; GuD; Gasturbine; Abhitzekessel; Dampfturbine; Erdgas; Heißwassererzeuger; Heizöl; SF6-Schaltanlage; 110-kV-Schaltanlage
Quelle(n)
- Bewag Aktiengesellschaft (Hrsg.), Kraftwerke in Berlin. Das Erbe der Elektropolis, Berlin 2003
- Vattenfall Europe AG (Hrsg.): Heizkraftwerk Mitte. Umweltschonende Energieerzeugung im Herzen von Berlin. (Broschüre), Berlin [um 2005]