Kraftwerk Schönow_01
2011/14 Norbert Gilson
02.11.2022

Kraftwerk Schönow

Sachtlebenstraße 60-66, 14165 Berlin-Zehlendorf

Kontakt
VDE Ausschuss Geschichte der Elektrotechnik
Downloads + Links

Das Kraftwerk Schönow ist ein wichtiges Dokument für die frühe Stromversorgung im wirtschaftlich aufstrebenden Umland der damaligen Reichshauptstadt Berlin. Besondere Bedeutung hatte das Kraftwerk auch für die Stromversorgung der verschiedenen Einrichtungen und Anlagen des Teltowkanals.

Beschreibung

erbaut: 1904-05
Planung und Ausführung: Ingenieurbüro Havestadt & Contag
elektrische Einrichtung: Siemens-Schuckertwerke GmbH

Bestandteil des Kanalbauhofs, der im Zuge des Baus des Teltowkanals entstand, war auch ein Kraftwerk. Entsprechend der Lage wurde es nach dem ehemaligen Dorf Schönow benannt, das 1894 nach in die zum Kreis Teltow gehörende Landgemeinde Zehlendorf eingemeindet worden war und bei der Bildung von Groß-Berlin 1920 zusammen mit Zehlendorf Teil von Berlin wurde. Auf Bild 1 (Quelle: siehe Link unten) erkennt man das Kraftwerk mit Kesselhaus, Schornstein und Maschinenhalle rechts im Bild. Errichtet wurde das Kraftwerk von der kreiseigenen Teltowkanal-Bauverwaltung nach einem Entwurf des Ingenieurbüros Havestadt & Contag, das auch die Planung des Teltowkanals übernommen hatte und die Bauleitung ausübte.

Das Kraftwerk Schönow diente in erster Linie zur Stromversorgung des Kanalbauhofs sowie der Anlagen der Treidelbahn. Von den mit Gleichstrom betriebenen Treidellokomotiven, die auf den am Kanalufer verlegten Schienen verkehrten, wurden die Schiffe und Schleppkähne durch den Kanal gezogen, da eine Fortbewegung mit eigener Kraft im Kanal nicht erlaubt war. Mit dem Bau des Kraftwerks verfolgte der Kreis Teltow aber auch das Ziel, durch das günstige Angebot elektrischer Energie Industriebetriebe in die Kanalregion zu locken, damit das nördliche Kreisgebiet wirtschaftlich aufzuwerten und das Verkehrsaufkommen auf der Wasserstraße zu erhöhen.

Kessel- und Maschinenhaus wurden in einem zweischiffigen Hallenbau von je 13 m lichter Weite untergebracht. Mit Ausnahme einer Wand waren die Umfassungsmauern massiv aus Backsteinen gemauert und außen verputzt. Um das Kraftwerk ohne größeren Aufwand erweitern zu können, wurde eine Stirnwand in Eisen-Fachwerkkonstruktion mit Backsteinausmauerung ausgeführt, ebenso wie die Trennwand zwischen Kessel- und Maschinenhaus.
Zur Erzeugung des Betriebsdampfs wurden vier mit Steinkohle befeuerte Wasserrohrkessel (200 qm Heizfläche, 300 °C, 12 atü) installiert, die eine Kolbendampfmaschine von 300 PS und zwei Dampfturbinen von je 1.000 PS Leistung mit Dampf versorgten. Das für die Dampferzeugung und Kondensation notwendige Betriebswasser wurde dem Teltowkanal entnommen.
Von der Dampfmaschine und den beiden Turbinen wurden ein bzw. zwei Gleichstromgeneratoren und ein Drehstromgenerator angetrieben. Generalunternehmer für die Erstellung der elektrischen Anlagen sowie der übrigen maschinellen Einrichtungen war die Siemens-Schuckertwerke GmbH. Mit dem erzeugten Gleichstrom von 500 V Spannung wurden die Treidellokomotiven und die elektrischen Einrichtungen der Machnower Schleuse versorgt. Der Drehstromgenerator diente zur Belieferung externer Kunden über ein 6 kV-Hochspannungsnetz.

Eine Versorgung der gesamten Treidelstrecke bis zum östlichen Ende des Kanals bei Grünau aus dem Kraftwerk Schönow war wegen des zu großen Spannungsabfalls bei Gleichstromübertragung nicht möglich. Daher wurde in Britz eine Unterstation errichtet, die aus dem Kraftwerk mit Drehstrom beliefert wurde und mit Hilfe von Umformern den Gleichstrom für die Treidelloks im östlichen Abschnitt des Kanals erzeugte.

1910 pachteten die Berliner Vororts-Elektrizitätswerke (BVEW), eine Tochtergesellschaft der  Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG), das Kraftwerk Schönow. 1938 ging das Werk in das Eigentum der Teltower Kreiswerke GmbH über, in deren Besitz es auch 2012 noch war. Die unter Denkmalschutz stehenden Kraftwerksgebäude sind weitgehend erhalten, allerdings sind die Giebelspitzen abgetragen und die Fenster zugemauert. Der ehemals 45 m hohe Schornstein wurde abgetragen.
 
Informationsstand: 31.12.2014
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Steinkohlenkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Kanalbauhof; Teltowkanal; Kraftwerk Schönow; Kreis Teltow; Zehlendorf; Groß-Berlin; Teltowkanal-Bauverwaltung; Havestadt & Contag; Stromversorgung; Treidelbahn; Treidellokomotive; Treidellok; Siemens-Schuckertwerke GmbH; SSW; Gleichstromgenerator; Drehstromgenerator; Britz; Unterstation; Berliner Vororts-Elektrizitätswerke; BVEW; Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft; AEG

Quelle(n)

  • Jan Feustel / Horst Köhler (Mitarbeit), Lebensader durch Sumpf und Sand. 100 Jahre Teltowkanal, Berlin 2006
  • Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Denkmaldatenbank, Eintrag 09075894

Bilder

Karte

Das könnte Sie auch interessieren