v.l.n.r.: Lars Keitel, Bürgermeister der Stadt Friedrichsdorf, Preisträgerin Prof. Dr.-Ing. Antonia Wachter-Zeh, Dr. Kristina Both, Telekom, Dr.-Ing. Damian Dudek, Geschäftsführer VDE ITG

| Stadt Friedrichsdorf
09.11.2023 Pressemitteilung

Nachrichtentechnik im Fokus: Johann-Philipp-Reis-Preis 2023 geht an Expertin für Codierungstheorie und Kryptografie

Die Grundlagenforschung von Preisträgerin Professorin Antonia Wachter-Zeh zielt unter anderem auf sichere Kommunikationstechnik der Zukunft ab. Der Schutz vor Datenmanipulation ist dafür ebenso zentral wie die zuverlässige Speicherung stetig wachsender Datenmengen. Die Jury betont die Bedeutung von Datensicherheit für die Volkswirtschaft und die Gesellschaft.

Kontakt
Pressesprecherin
Downloads + Links

(Friedrichsdorf/Frankfurt a. M., 09.11.2023) Alle zwei Jahre geht der Johann-Philipp-Reis-Preis an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für bedeutende Innovationen in der Nachrichtentechnik. Gestern wurde die Preisträgerin Prof. Dr.-Ing. Antonia Wachter-Zeh in Friedrichsdorf mit dieser Auszeichnung geehrt. Dr.-Ing. Werner Mohr, einer der Preisgutachter, sieht in ihren Arbeiten einen klaren volkswirtschaftlichen Nutzen: „In unserer modernen Welt haben Daten und ihre Sicherheit eine immense Bedeutung. Es wird immer wichtiger, kritische Infrastrukturen vor Datenmanipulationen zu schützen und steigende Datenmengen zuverlässig speichern zu können. Dazu leistet Professorin Antonia Wachter-Zeh mit ihrer Forschung einen zentralen Beitrag.“ Der mit 10.000 EUR dotierte Preis wird gestiftet von den hessischen Gemeinden Gelnhausen und Friedrichsdorf, wo der Erfinder und Namensgeber Reis lebte, sowie der Deutschen Telekom AG und der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE.

Code-basierte Kryptografie sorgt für Sicherheit

Ob es der Zugang zum Online-Banking ist, ein geheimes Regierungsdokument oder die Kommunikation zwischen Stromversorgern: Übertragene Daten müssen bestmöglich gegen Mitlesen und Manipulation geschützt werden, um kriminellen Absichten entgegenzuwirken. Dafür werden heute klassische Sicherheitsprotokolle bei der Informationsverarbeitung im Internet verwendet und ständig weiterentwickelt. Im Bereich Post-Quanten-Kryptografie arbeitet Wachter-Zeh an Verfahren, die auch dann sicher sind, wenn Quanten-Computer zum Einsatz kommen. Die Expertin für Codierungstheorie und Kryptografie erklärt: „Quanten-Computer könnten in 20 bis 30 Jahren Realität sein. Sie werden sicher zunächst nicht in der Breite eingesetzt. Wer aber darüber verfügt, profitiert davon, dass Quanten-Computing die derzeit genutzten Verschlüsselungsmechanismen innerhalb von Sekunden bricht. Daher entwickeln wir beispielsweise kryptografische Signaturen, die auch dann noch zweifelsfrei sicherstellen, dass die Personen miteinander kommunizieren, die miteinander kommunizieren sollen.“ Zwei der von Frau Wachter-Zeh und ihrem Team entwickelten Verfahren wurden inzwischen zur Standardisierung beim National Institute of Standards and Technology eingereicht.

Langzeit-Datenarchivierung mittels DNA-Speicher

Ein zweites zentrales Forschungsgebiet von Prof. Wachter-Zeh ist die Langzeit-Datenspeicherung. Durch die ständig wachsende Menge an Daten steigt die Relevanz von Lösungen, die Informationen kompakt, sicher und auf lange Zeit archivieren zu können. Ein vielversprechender Ansatz dazu ist die Ablage der Daten in ein molekulares biologisches System, das der Systematik der Ablage von Erbgut in der DNA entspricht. „Wenn irgendwo ein Mammutknochen gefunden wird, ist die DNA immer noch lesbar“, stellt Wachter-Zeh fest. „Heutige Datenträger sind zwar gut, aber sie schneiden trotzdem deutlich schlechter ab als das natürliche Vorbild. Mit dem DNA-Speicher arbeiten wir daraufhin, auf synthetisch gebildeten DNA-Strängen Informationen abzulegen und über effiziente Codes fehlerfrei wieder abrufen zu können.“

Um die Technologie weiter auszuarbeiten, kooperiert die an der TU München tätige Professorin für Coding for Communications and Data Storage derzeit im Rahmen eines EU-Projekts mit einem Team aus Biologen und Chemikern.

Über die Preisträgerin

Prof. Dr.-Ing. Wachter-Zeh schloss 2009 ihr Masterstudium in Communications and Systems Technology an der Universität Ulm ab und promovierte 2013 dort und an der Universität Rennes (Frankreich). Nach drei Jahren Forschung als Postdoc am Technion, dem Israel Institute of Technology in Haifa, wurde sie 2016 auf die Professur für Coding for Communications and Data Storage an der Technischen Universität München berufen. Die Expertin für Codierungstheorie und Kryptografie wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, beispielsweise mit dem ERC Starting Grant und dem Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 2019 wurde Prof. Dr.-Ing. Wachter-Zeh als TOP25-Forschende der TU München geführt.

Über den Johann-Philipp-Reis-Preis

Johann Philipp Reis wurde 1834 in Gelnhausen geboren, er starb 1874 in Friedrichsdorf. Der Physiker und Erfinder gilt mit seiner Entwicklung, Töne über elektrische Leitungen zu übertragen, als Wegbereiter des Telefons. Der Johann-Philipp-Reis-Preis wird seit 1986 regelmäßig alle zwei Jahre ausgeschrieben. Er wendet sich an Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bis 40 Jahre. Ausgezeichnet werden bedeutende nachrichtentechnische Neuerungen, die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft initiiert haben oder erwarten lassen. Die Preisträgerinnen und Preisträger werden von den Expertinnen und Experten der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE ausgewählt.

Über die Informationstechnische Gesellschaft im VDE (VDE ITG)

Die Informationstechnische Gesellschaft im VDE (VDE ITG) ist die nationale Vereinigung aller auf dem Gebiet der Informationstechnik Tätigen in Wirtschaft, Verwaltung, Lehre sowie Forschung und Wissenschaft. Ihre Ziele sind Förderung der wissenschaftlichen und technischen Weiterentwicklung und Bewertung der Informationstechnik in Theorie und Praxis. 1954 als Nachrichtentechnische Gesellschaft gegründet, ist sie die älteste Fachgesellschaft im VDE. Die neun Fachbereiche, denen über 80 Fachgremien zugeordnet sind, decken das gesamte Spektrum der Informationstechnik ab. Etwa 10.000 VDE Mitglieder haben sich der ITG zugeordnet und über 1.000 Expert*innen arbeiten ehrenamtlich in den Gremien mit. 

Mehr Informationen unter www.vde.com/itg

Über den VDE

Der VDE, eine der größten Technologie-Organisationen Europas, steht seit mehr als 130 Jahren für Innovation und technologischen Fortschritt. Als einzige Organisation weltweit vereint der VDE dabei Wissenschaft, Standardisierung, Prüfung, Zertifizierung und Anwendungsberatung unter einem Dach. Das VDE Zeichen gilt seit mehr als 100 Jahren als Synonym für höchste Sicherheitsstandards und Verbraucherschutz. 

Wir setzen uns ein für die Forschungs- und Nachwuchsförderung und für das lebenslange Lernen mit Weiterbildungsangeboten „on the job“. Im VDE Netzwerk engagieren sich über 2.000 Mitarbeiter*innen an über 60 Standorten weltweit, mehr als 100.000 ehrenamtliche Expert*innen und rund 1.500 Unternehmen gestalten im Netzwerk VDE eine lebenswerte Zukunft: vernetzt, digital, elektrisch.  
Wir gestalten die e-diale Zukunft. 

Sitz des VDE (VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik e.V.) ist Frankfurt am Main. Mehr Informationen unter www.vde.com