Bild 1 Hauptstadtforum 2025
Hannibal / VDE
03.12.2025

VDE Hauptstadtforum 2025 mit Verleihung der VDE ITG Preise und des Dr. Wilhelmy VDE Preises

Navigation von Satelliten, neuronale Netze in Hörgeräten und die aufwendige Installation von Unterseekabeln: Wie vielseitig das Gebiet der Informationstechnik ist, verdeutlichten die Themen der Vorträge beim VDE Hauptstadtforum 2025. Zudem wurden zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgezeichnet.

Kontakt
VDE ITG

Das diesjährige VDE Hauptstadtforum der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE (VDE ITG) am 26. November bot den rund 130 Teilnehmern neben der Verleihung von Preisen fünf Vorträge, die die räumliche und zeitliche Spannweite des Fachgebiets voll ausschöpften.

Ein zentraler Programmpunkt des Abends war dabei das Ehrenkolloquium für den am 1. März verstorbenen früheren Vorsitzenden der VDE ITG Dr.-Ing. Volker Ziegler. Bereits in der Begrüßung würdigte ihn VDE Präsident Alf Henryk Wulf als „Mentor, Gestalter und Brückenbauer – zwischen Generationen, zwischen Wissenschaft und Praxis, zwischen Vision und Umsetzung“. Zieglers Motto sei gewesen, dass Technik den Menschen dienen solle. „Sie soll verbinden, nicht trennen. Sie soll Lösungen anbieten, nicht neue Probleme schaffen.“

Vom Zählen mit den Fingern bis zum Mobilfunk

Der aktuelle VDE ITG Vorsitzende Dr.-Ing. Jörg-Peter Elbers wagte einen optimistischen Blick auf die Aussichten der optischen Nachrichtentechnik hierzulande. „Der größte Trend, den wir dort aktuell haben, ist die künstliche Intelligenz und der Aufbau von Datencentern.“ Während in der Vergangenheit viele dieser Entwicklungen eher durch die USA getrieben worden seien, machten neue Gesichtspunkte ein Umdenken nötig: „Wenn es um unsere Daten geht, wenn es um Datensicherheit, Privacy und auch die geopolitische Situation geht, ist es natürlich wichtig, dass wir die entsprechenden Datencenter auch vor Ort bauen. Und wenn wir die Datencenter gebaut haben, muss man sie auch vernetzen. Für Leute, die in der optischen Netztechnik arbeiten, sehen wir, dass das zu einem neuen Ausbauzyklus führen wird.“

Prof. Dr.-Ing. Hans Schotten gab einen Abriss über die Geschichte der Kommunikationstechnik, angefangen vom Zählen mit den Fingern bis hin zum Mobilfunk. Der Leiter des Forschungsbereichs „Intelligente Netze“ am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) leitete aus dem Verlauf in den vergangenen 100.000 Jahren mit seiner Kombination von Technologien, Datenspeicherung, Kommunikation und Vertraulichkeit, Authentifizierung und Verschlüsselung eine dominierende Rolle der staatlichen Aufsicht ab: „Es war immer so, dass der Staat sehr stark die Hand drauf hatte, regulieren wollte, weil diese Bereiche für das Militär, für die innere Sicherheit, für den Handel, für Vertrauenswürdigkeit – die damals zu schaffen gar nicht einfach war – notwendig waren.“

Extrem genaue Zeitsynchronisation und Abstandsmessung

Prof. Dr. sc. nat. Christoph Günther vom Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme des DLR stellte ein verbessertes Navigationssystem für Satelliten vor. Das Kepler-Navigationssystem arbeitet anders als beim Galileo-System nicht mit Radiowellen und vielen Bodenstationen. Stattdessen werden mittels Laser optische Signale hauptsächlich zwischen den Satelliten ausgetauscht, und zwar in beide Richtungen.

Das erlaubt eine extrem genaue Zeitsynchronisation und Abstandsmessung sowie die Übertragung von Informationen mit einem wesentlich schlankeren Konzept als bisher. Unter anderem können im Endausbau die heute nötigen Atomuhren entfallen, es reichen ultrastabile Oszillatoren (USO). Statt 18 Bodenstationen sind nur noch zwei nötig. Zugleich ist die Positioniergenauigkeit um einen Faktor 4,5 besser als bei Galileo. Konkret könnte der „Signal in Space Range Error“ (SiSRE) von 2,3 auf nur noch 0,51 Zentimeter verringert werden. Christoph Günthers Hoffnung, dass die zeitgleich mit dem VDE Hauptstadtforum stattfindende Ministerratskonferenz der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) eine Testmission mit zwei Satelliten bewilligen würde, hat sich mittlerweile erfüllt.

Bessere Hörgeräte durch neuronale Netze

20251126vde64
Hannibal / VDE

Dr. rer. nat. Florian Denk leitet die Abteilung „Forschung und Studien“ des Deutschen Hörgeräte Instituts (DHI). Er stellte die wichtigsten Techniken vor, mit denen die Verschlechterung der Hörfähigkeit ein Stück weit ausgeglichen werden kann. Richtmikrofone erlauben es, sich trotz Hintergrundgeräuschen auf das Sprechen einer Person zu konzentrieren. „Angenommen, wir wollen einer bestimmten Person zuhören, dann kann man die beiden Mikrofone so filtern – bevor man sie addiert –, dass eine bestimmte Richtwirkung entsteht.“ Der Fachausdruck dafür lautet „Beamforming“. Eine noch engere Richtwirkung erzielt man seit einigen Jahren mit Hilfe des „binauralen Links“. Das ist eine Funkverbindung zwischen linkem und rechtem Ohr, die für einen größeren Abstand der verfügbaren vier Mikrofone sorgt.

Allgemein kann man störendes Rauschen reduzieren, indem man eine Spektralanalyse macht und für jeden Zeitpunkt den richtigen Filter anwendet – sozusagen eine Maske. In der Vergangenheit geschah das mit statistischen Verfahren. Seit kurzem, so Florian Denk, sei auch eine Echtzeitverarbeitung mit tiefen neuronalen Netzen möglich. „Vielleicht sind wir hier am Beginn eines neuen Techniksprungs“, sagte er. Bisher seien dafür die Anforderungen an den Batterieverbrauch, die Leistung und die Verarbeitungslatenz zu hoch gewesen.

Hohe Anforderungen, die aber bereits heute in der Praxis bewältigt werden, stellt auch die individuelle Anpassung an die jeweilige Person. Bis zu 120 Parameter müssen eingestellt und bei Bedarf nachjustiert werden. Dabei funktioniert das Hörgerät desto besser, je früher man es nutzt – sonst „entwöhnt“ sich das Gehirn zu sehr.

Die Vorteile von Unterseekabeln

20251126vde71 (1)
Hannibal / VDE

Jörg Schwartz, seines Zeichens Chief Partners and Solutions Officer bei Xtera, gab einen Überblick über die Technik im Meer verlegter Glasfaserkabel. Für ein Aha-Erlebnis sorgte gleich ein nur fingerdickes Musterstück, das Schwartz durchs Publikum gehen ließ. Da es für sehr tiefes Wasser – wie zum Beispiel in der Karibik – konzipiert ist, braucht es nicht durch Stahlmäntel verstärkt zu werden wie im flachen, ufernahen Wasser.

Wichtiger noch für einen Schutz als diese Verstärkung sind das Einpflügen des Kabels, das für einen mechanischen Puffer von bis zu drei Metern sorgt. Außerdem, so Jörg Schwartz, werden zum Beispiel in der Nordsee – dort, wo das Kabel eine Pipeline kreuzt, „ganze Schiffe voller Steine geladen und auf das Kabel draufgepackt“.

Um keinen falschen Eindruck zu erwecken, betonte Schwartz, dass Unterseekabel im Vergleich zu an Land verlegten „viel weniger anfällig“ seien. Auch gegenüber der Signalübertragung durch Satelliten sei das Unterseekabel verlässlicher. Zudem sei hier die Bandbreite höher, bedingt durch den Frequenzunterschied von Terahertz zu Hunderten von Megahertz. Und die Latenz sei geringer, denn „bei den Satelliten muss das Signal rauf und runter“.

Die Preisträgerinnen und Preisträger des Abends

20251126vde91
Hannibal / VDE

Neben den Vorträgen wurden im Rahmen des VDE Hauptstadtforums zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgezeichnet
 

VDE ITG Preis 2025 für hervorragende Veröffentlichungen


Für ihren Aufsatz „Radar-Enabled Millimeter-Wave Sensing of Fire Interactions“ wurden Dr.-Ing. Christoph Baer, Prof. Dr.-Ing. Ilona Rolfes, Francesca Schenkel, Dr.-Ing. Christian Schulz (alle Ruhr-Universität Bochum) und Dr. Thorsten R.P. Schultze ausgezeichnet. Ebenfalls ausgezeichnet wurden Dr.-Ing. Jonathan Bott (Ruhr-Universität Bochum) und Dr.-Ing. Andreas Rennings (Universität Duisburg-Essen) für ihr Paper „An 8 × 8 MIMO Radar System Utilizing Cascadable Transceiver MMICs With On-Chip Antennas at 240 GHz” sowie die Veröffentlichung „Differential-Mode Power Detection for Built-In Self-Test of SiGe Automotive Radar Transceiver Front Ends” von Prof. Dr.-Ing. Vadim Issakov, Prof. Dr.-Ing. habil. Dipl.-Math. Bernd Meinerzhagen (beide Technische Universität Braunschweig) und Dr.-Ing. Yannick Wenger (Keysight Technologies).

VDE ITG Dissertationspreis

Den VDE ITG Dissertationspreis 2025 für ausgezeichnete Dissertationen erhalten Dr.-Ing. Tobias T. Braun (Ruhr-Universität Bochum) für seine Dissertation zum Thema „Hochgenaue Frequenzsynthese und nichtlineare Radarsysteme basierend auf SiGe-Schaltungen zum Schutz verwundbarer Verkehrsteilnehmer“, Dipl.-Ing. Dr. techn. Stefan Baumgartner (Apple Linz, Österreich) für seine Doktorarbeit “Machine Learning Concepts for Physical Layer Receiver Processing in Wireless Communication Systems” sowie Dr.-Ing. Johannes Jakubik (IBM Research Europe, Zürich, Schweiz) für seine Dissertation “Data-Centric Artificial Intelligence: Foundations and Methods for Deep Learning”.

VDE ITG Studienpreis 2025

Für herausragende Abschlussarbeiten einschließlich Studienleistungen und weiterem Engagement für das Fachgebiet Informationstechnik wurden Sophie Theresa Thiele (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) und Dipl.-Ing. Robert Krämer (Technische Universität Dresden) mit dem VDE ITG Studienpreis 2025 ausgezeichnet.

VDE ITG Fellows 2025

Als VDE ITG Fellows 2025 wurden für ihre herausragenden Verdienste für den VDE, insbesondere die VDE ITG gewürdigt: Prof. Dr.-Ing. Friedel Gerfers (Technische Universität Berlin), Dipl.-Ing. Nikolaus Gieschen (Deutsche Telekom AG), Prof. Dr.-Ing. Tanja Schultz (Universität Bremen), Prof. Dr.-Ing. Christian Wietfeld (Technische Universität Dortmund), Prof. (a. D.) Dr.-Ing. habil. Adam Wolisz (Technische Universität Berlin) und Dr.-Ing. Volker Ziegler (posthum, Nokia, München).

VDE Ehrenmedaille 2025

Prof. Dr.-Ing. Gerhard Bauch erhält die VDE Ehrenmedaille 2025 für sein ehrenamtliches Engagement in der VDE ITG, in seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied, der das Thema Nachwuchsgewinnung maßgeblich prägte und den Grundstein für den VDE ITG Studienpreis legte.

Dr. Wilhelmy VDE Preis

Dr Wilhelmy VDE Preis
Hannibal / VDE

Mit dem Dr. Wilhelmy VDE Preis für ihre Dissertationen wurden Dr.-Ing. Miriam Schüttoff (Universität Ulm), Dr.-Ing. Arezoo Zarif (Technische Universität Dresden) und Dr.-Ing. Lisa Maile (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) ausgezeichnet.

Impressionen