01.01.2013 Mitgliederinformation

Laden ohne Kabel - Die kontaktlos-induktive Energieübertragung in der Elektromobilität

Einleitung

In der Elektromobilität hängt die Akzeptanz dieser Mobilitätsform direkt vom Komfort des Nutzers ab. Bestimmende Faktoren sind dabei u. a. der Vorgang des Ladens, die Reichweite des Fahrzeuges und auch die Lebensdauer der Batterie. Die kabelgebundene Aufladung der Energiespeicher der Fahrzeuge über entsprechende Steckverbindungen (konduktiv) stellt im Vergleich zum heutigen Tanken einen komplexeren Vorgang dar. Hier kann die innovative Technologie der kontaktlosen induktiven Energieübertragung völlig neue Möglichkeiten zur Verfügung stellen.

Kontaktlose Übertragungssysteme für Energie und Daten verbessern durch das Entfallen von Kabeln, Stromschienen oder anderen mechanischen Kontakten wesentlich den Komfort bei gleicher Sicherheit und Zuverlässigkeit der Daten- und Energieführung. Vorteilhaft ist darüber hinaus die Vermeidung von Kontaktverschleiß, Übergangswiderständen und Funkenbildung, so dass die Technologie für den Einsatz in rauer Umgebung prädestiniert ist. Die Nutzung der Technologie der kontaktlosen Übertragung im Bereich der Elektrofahrzeuge eröffnet die Möglichkeiten, die Fahrzeuge un¬kompliziert automatisch an entsprechenden Ladestationen ohne Stecker mit ausreichender Leistung und hohem Wirkungsgrad aufzuladen. Selbst bei kurzen verkehrsbedingten Halten, z. B. an der Ampel, kann eine Aufladung erfolgen. Das Laden und die Batteriekapazität haben sich inzwischen als die größten Hürden für die breite Einführung der Elektromobilität herausgestellt. Das kurzzeitige Nachladen mit einem kabelgebundenen, konventionellen Ladesystem verursacht durch die hierfür erforderliche Ladeinfrastruktur sehr hohe Kosten und ist in den Städten durch den Mangel an der notwendigen Fläche wahrscheinlich unrealistisch. Auch die Bereitschaft des Nutzers für den erforderlichen manuellen Aufwand zum Herstellen der Steckverbindung ist als eher gering einzuschätzen. Zusätzlich beeinflusst ein flaches und häufiges Nachladen die Lebensdauer der Batterie positiv, auch da bei dem Ladevorgang keine thermische Bean¬spruchung der Batterien zu erwarten ist. Dies kann neben der Erhöhung der Akzeptanz zu einer wesentlichen Reduzierung der Kosten für Elektrofahrzeuge durch die Erhöhung der Betriebsstunden des Speichers führen, da auch weiterhin das Batteriesystem zu den Kostentreibern in den Fahrzeugen gehört. Wesentliche Herausforderungen induktiver Systeme sind neben der Erreichung hoher Wirkungsgrade die Realisierung einer sicheren und nutzergerechten Technik. Insbesondere die Einhaltung relevanter Normen und Grenzwerte bei den technologisch bedingten Magnetfeldern als Energieträger und die Gewährleistung der Anforderungen im Bereich der Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) sowie die Realisierung kostengünstiger Systeme sind dabei besondere Schwerpunkte.

Eine Beurteilung der Vor- und Nachteile der konduktiven und induktiven Ladetechnologien wurde im Rahmen des Begleitforschungsvorhabens „Just Park – Chancen und Risiken beim kabellosen Laden von Elektrofahrzeugen, Technologiefolgeabschätzung für eine Schlüsseltechnologie in der Durchbruchphase der Elektromobilität“, gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, durchgeführt und soll hier insbesondere an den Kriterien Betriebs- und Lebenszykluskosten, Wirkungsgrad, EMV und der elektrischen Sicherheit dargestellt werden.

Kontakt
Dipl.-Ing. Axel Hoppe

Bild 1

Technologie

Das Laden von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen erfordert eine Übertragung der Energie aus dem Netz in das Fahrzeug. Allgemein erfolgt dies über eine entsprechende Kabelverbindung. Die hierzu existierenden Lösungen und Produkte bestehen aus typischen elektrotechnischen Komponenten in Verbindung mit Steuerungen und Sicherheitseinrichtungen und stellen somit den bekannten Stand der Technik dar. Die Technologie der kontaktlos-induktiven Energieübertragung bietet für die Aufladung ein kabelloses Verfahren an. Prinzipiell findet hier das magnetische Feld als Energieträger Verwendung. Es bietet im Gegensatz zum elektrischen Feld eine höhere Energiedichte und eignet sich daher auch im Hinblick auf die zu übertragenden Leistungen im Bereich mehrerer Kilowatt sehr gut. Die kontaktlose Übertragungstechnologie wird bereits seit längerem im industriellen Umfeld verwendet. Hervorzuheben ist hier die Energie-versorgung fahrerloser Transportsysteme und verschiedener Sensor-Aktorsysteme. In vielen weiteren Bereichen bieten sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, wie z. B. in der Medizintechnik, der Luft- und Raumfahrt und die Ladung mobiler Endgeräte.

Kontaktlose Übertragungssysteme bestehen im Wesentlichen aus einem transformatorischen Übertragungssystem, mit dem die Energie gegenüber einem konventionellen Transformator über einen großen Luftspalt (mehrere Dezimeter) und bei hohen Frequenzen (einige hundert Kilohertz) übertragen wird. Unter Verwendung weichmagnetischer Kernmaterialien und Litzenleiter für die Wicklungen sowie durch Resonanzbetrieb lässt sich der Wirkungsgrad solcher Systeme signifikant erhöhen. Komplettiert wird das Spulensystem durch leistungselektronische Energiewandlungsstufen mit schnell schaltenden Halbleiterschaltern auf der Primär- und der Sekundärseite (Bild 1).

Bild 2

Prinzipiell wird ein induktives Übertragungssystem durch die Spulengüte und den Koppelfaktor charakterisiert. Die Spulengüte beschreibt im Wesentlichen die elektrischen Verluste des Systems und somit den erreichbaren Wirkungsgrad. Der Koppelfaktor wird durch die Position und die Ausrichtung der Spulen zueinander beeinflusst und bestimmt die maximal übertragbare Leistung (Bild 2)

Bei zielgerichteter elektrischer und magnetischer Auslegung ist selbst bei großen Luftspalten ein Gesamtwirkungsgrad von über 90 Prozent bei Leistungen bis in den Kilowattbereich erreichbar. Häufig ist neben der Stromversorgung eine Datenübertragung erforderlich. Diese kann sowohl uni- oder auch bidirektional kontaktlos-induktiv realisiert werden. Im Gegensatz zu anderen, z. B. funkbasierten Lösungen, ist die induktive Übertragung aufgrund der Nahfeldnutzung sehr robust.

Betriebs- und Lebenszykluskosten

Einer der wichtigsten Faktoren beim Kostenvergleich der beiden Ladetechnologien ist der Aufwand für die Herstellung der Systeme. Um diese vergleichen zu können, wurden die Grundstrukturen der Ladesysteme analysiert und die Komponenten entsprechend ihrer Funktionalität klassifiziert. In Bild 3 sind diese Strukturen dargestellt.

Bild 3

Beim Vergleich der beiden Technologien konnte festgestellt werden, dass die Anzahl der erforderlichen Komponenten in beiden Systemen annähernd gleich ist. Während konduktive Systeme typischerweise eine Zusammenfügung bekannter elektrotechnischer Komponenten in ein im Allgemeinen hochwertiges Gehäuse und somit ein geringes Kostensenkungspotential durch weitere Entwicklungsprozesse aufweisen, sind induktive Systeme kompakte leistungselektronische Komponenten und Spulensysteme in einem relativ einfachen Gehäuse. Im Vergleich der Wartungs- und Instandhaltungskosten erlaubt die derzeitige Datenlage keinen direkten Vergleich von Kosten. In diesem Fall wurde versucht, mithilfe von Analogievergleichen aus der Industrie - Hersteller und Betreiber induktiver Energieübertragungssysteme - ausreichende Aussagen zu erhalten. Dabei zeigte sich deutlich, dass der Aufwand für Wartung und Instandhaltung im industriellen Bereich bei induktiven Systemen deutlich geringer ausfällt als bei vergleichbaren konduktiven Systemen.
Ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz einer Ladetechnologie ist der Aufwand für den Verschleiß an Systemkomponenten und der damit verbundenen Verfügbarkeit des Gesamtsystems. Als Hauptverschleißkomponenten bei konduktiven Systemen kommen das Ladekabel und die Steckverbindungen in Betracht. Im Gegensatz dazu kann bei induktiven Systemen von einer prinzipbedingten Verschleißfreiheit ausgegangen werden. Aufgrund von Verschleiß und möglichen mechanischen Schäden des Kabels und der Steckkontakte ist zu erwarten, dass ein Ladekabel während der geplanten Lebensdauer eines Elektrofahrzeuges bis zu mehrere Male erneuert werden muss und somit einen nicht unbedeutenden Kostenfaktor darstellen wird. Weiterhin kann festgestellt werden, dass beide Technologien aus Sicht der elektrischen Sicherheit zuverlässig funktionieren können, aber der Aufwand zur Erreichung dieser Sicherheit bei induktiven Systemen geringer ist. Beim konduktiven System liegt ein Gefahrpotenzial beim Ladekabel, deren Steckern und Kontakten (Nässe/Schnee/Schmutz, Kabelbruch, Vergessen des Trennens der Verbindung, …). Diese Ergebnisse verdeutlichen im Vergleich zu konduktiven Ladetechnologien die grundsätzliche Konkurrenzfähigkeit induktiver Systeme.
Wirkungsgraddifferenz
Als ein Teil der Betriebs- und Lebenszykluskosten kommt dem Energiekostenanteil beim Vergleich der beiden Ladetechnologien eine hohe Bedeutung zu. Die induktive Technologie besitzt hierbei einen prinzipbedingten Nachteil. Die Verluste durch die verschiedenen Stufen der Energiewandlung und der nicht immer optimalen magnetischen Kopplung bewirken einen im Vergleich zum konduktiven System geringeren Wirkungsgrad. In der gesamten Betrachtung der Vorteile der induktiven Technologie und unter Berücksichtigung des noch vorhandenen Entwicklungspotenzials dieser Technik kann dieser Nachteil durch häufiges, automatisches und damit schonenderes Laden, der damit verbundenen Verlängerung der Batterielebensdauer und der Erhöhung des Batterierestwertes mehr als ausgeglichen werden.
Elektromagnetische Verträglichkeit
Während der Entwicklung der Ladesysteme müssen applikationsspezifisch sowohl Aspekte der EMV als auch der elektromagnetischen Umweltverträglichkeit (EMVU) in Form gestrahlter und geleiteter Emissionen berücksichtigt werden. Eine wichtige Form der Störaussendung induktiver Systeme stellt die leitungsgebundene Störemission der primärseitigen leistungselektronischen Komponenten dar. Eine weitere Form der Störausbreitung luftspaltbehafteter Energieübertragungseinrichtungen stellt das magnetische Streufeld dar. Diese Effekte sind aber nach dem Stand der Technik, wie Netzfilter, Schirmungen usw., gut beherrschbar und erfordern im Allgemeinen einen nur geringen Mehraufwand bei der Entwicklung und der Herstellung. Es muss aber auch erwähnt werden, dass die beschriebenen Emissionen auch im Bereich der konduktiven Systeme zu finden sind. Elektronische Komponenten in der Ladesäule und im Fahrzeug sind hierfür die Ursache und erfordern entsprechende Maßnahmen. Insbesondere das Ladekabel kann aufgrund seiner Länge eine ent¬sprechende Antennenwirkung aufweisen. Die Auswertung eigener Forschungsarbeiten im ifak und die Auswertung der Ergebnisse der aktuellen Forschungsprojekte zum magnetischen Feld beim induktiven Laden zeigen deutlich, dass es durch eine optimale Auslegung der Spulensysteme und die Berücksichtigung der Anwendungsregel des DKE-AK 353.0.1 „Berührungsloses Laden von Elektrofahrzeugen“ jederzeit möglich ist, die derzeitigen Grenzwerte einzuhalten. Neben diesen Aspekten müssen unter bestimmten Bedingungen Aspekte der Störfestigkeit von Elektrofahrzeugen berücksichtigt werden. Aufgrund der direkten galvanischen Verbindung kann dies bei konduktiven Systemen einen erhöhten Aufwand bei der Erreichung der Normwerte bedeuten. Die induktive Ladevariante ist hier insbesondere vorteilhaft, da netzseitige Störungen wegen nicht vorhandener galvanischer Trennung erschwert auf das Fahrzeugnetz propagieren können.
Zusammenfassung
Die induktive Ladetechnologie besitzt ein hohes technisches Potenzial für die erfolgreiche Verbreitung der Elektromobilität. Neben positiven Effekten für die Batterietechnik ist die Steigerung des Nutzungskomforts ein entscheidendes Kriterium. Die technischen Herausforderungen bei der Entwicklung und im Betrieb sind auch unter vertretbaren Kosten beherrschbar. Weiterhin ist erkennbar, dass beide Ladetechnologien hinsichtlich EMV ihre spezifischen Herausforderungen haben. Keine Technologie zeigt herausragende Schwächen. Es gilt zusammenfassend die allgemeine Einschätzung, dass induktive Systeme, mit entsprechenden Schutz- und Überwachungsfunktionen versehen, einen sicheren, kostengünstigen und nutzergerechten Betrieb für die Aufladung von Elektrofahrzeugen gewährleisten.

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