Symbolbild zu erneuerbaren Energien
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01.01.2014 Mitgliederinformation

Zeichen der Energiewende – Realisierungen und Pilotprojekte in Berlin und Hamburg

Die sichere Versorgung der Metropolen Berlin und Hamburg ist die Aufgabe, der sich die Verteilungsnetzbetreiber Stromnetz Berlin GmbH und Stromnetz Hamburg GmbH verpflichtet fühlen. In beiden Metropolen leben ca. 5 Mio. Einwohner und bauen darauf, dass in den Betrieben, den öffentlichen Einrichtungen, im öffentlichen Verkehr und zu Hause zu jeder Zeit und in hoher Qualität die elektrische Leistung zur Verfügung steht. Ca. 2 Mio. Netzanschlusskunden in Berlin benötigen eine maximale Leistung von 2.500 MW. In Hamburg beträgt die Höchstlast für ca. 1 Mio. Netzanschlusskunden 2.000 MW.

Nicht erst im Zeichen der Energiewende sondern schon davor haben wir uns als Verteilungsnetzbetreiber mit den Anforderungen unserer Kunden an das Netz der Zukunft beschäftigt. Beispielgebend realisierten wir die nachfolgenden Projekte oder den Einsatz neuer Techniken um den Herausforderungen der Qualitätsregulierung Rechnung zu tragen, die Versorgungszuverlässigkeit zu erhöhen oder Anforderungen aus Gesetzen umzusetzen.

Die fortschreitende Entwicklung der Metropolen Berlin und Hamburg als Zentren der deutschen Politik und Wirtschaft Deutschlands führt zu einer immer höheren Erwartung der Kunden an die Zuverlässigkeit der Stromversorgung.

Die Stromnetz Hamburg GmbH / Stromnetz Berlin GmbH begegnen dieser Erwartungshaltung durch die Einführung einer Fernsteuerung von Ortsnetzstationen zur Verkürzung der Unterbrechungsdauer (CAIDI) im Mittelspannungsnetz. Das Projekt wurde 2008 in Form eines Pilotvorhabens gestartet und seit 2009 kontinuierlich umgesetzt. Ziel ist es bis 2022 ca. 30 % aller Stationen im Fernsteuerbetrieb zu führen (Bild 1)..

 

Bild 1: Gegenüberstellung klassische Entstörung versus  3-Punkt-Automatisierung

Kontakt
Dipl.-Ing. Thomas Schäfer

Der klassische Entstörprozess war geprägt durch eine serielle Fehlereingrenzung. Die Wiederversorgung erfolgte nach der Selektion des Fehlerortes. Das Prinzip der 3-Punkt-Automatisierung beinhaltet die Fernsteuerung und -überwachung von 3 strategisch gewählten Punkten innerhalb eines Versorgungsabschnittes. Durch die automatisierte Einheit in der Mitte des Versorgungsabschnittes kann im Fehlerfall der fehlerbehaftete Abschnitt, oberhalb oder unterhalb des Mittelpunktes, durch die Leitstelle festgestellt werden. Der nicht vom Fehler betroffene Abschnitt kann dann von der Leitstelle unter Nutzung der Fernsteuerung sofort wiederversorgt werden. Die Wiederversorgung des fehlerbehafteten Abschnittes erfolgt nach entsprechender Selektion des Fehlerortes, wobei durch die vorhandenen fernsteuerbaren Punkte gegenüber. der klassischen Entstörung Wiederversorgungszeiten durch den Wegfall von Fahrwegen verkürzt werden können.

In den Jahren 2006/07 wurde das analoge Funknetz zur Notfallkommunikation durch ein digitales Netz auf Basis des Tetra-Funks abgelöst. So wurde eine wesentliche Voraussetzung für die digitale Anbindung fernzusteuernder Stationen an die Warten der Netzführung geschaffen. Mit der Fernsteuerung der Ortsnetzstationen über die Protokollstandards IEC 60870-5-104 im Tetranetz wurde technisches Neuland betreten. Gemeinsam mit der Industrie wurde ein modulares Gerätekonzept entwickelt, dass den hohen Anforderungen in Verteilungsnetzen genügt. Für die Stromversorgung wurden erstmals Power Caps (Kondensatoren) eingesetzt, so dass auf Batterietechnik vollständig verzichtet werden konnte. Vorhandene kleinere Fm-Kabelnetzinseln werden mittels DSL-Technik in das Konzept eingebunden. Die Betriebserfahrungen seit der flächendeckenden Einführung der Automatisierung in Hamburg und Berlin sind als grundlegend positiv zu bewerten (Bild 2).

Bild 2: Systemübersicht Automatisierung Mittelspannung

Die Fernsteuerung von Netzstationen dient auch der Erschließung der Stationsebene für Smart Grid-Anforderungen, wie z.B.

  • Netzmonitoring NS durch Erfassung von Messgrößen
  • Durchführung des Qualitätsmonitorings Spannung
  • Überwachung und ggf. Steuerung bidirektionaler Lasten bedingt durch Zunahme dezentraler Erzeuger und Speicher
  • Einspeiser: PV, BHKW, WP
  • Speicher: E-Mobil

Der Gesetzgeber hat auf die sprunghafte Zunahme des volatilen Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der damit einhergehenden latenten Gefahr für die Störung des Gleichgewichtes im System aus Erzeugungsanlagen, Netzen und Verbrauchern reagiert und mit der Aktualisierung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine Verpflichtung zur Installation eines Einspeisemanagement geschaffen.

Vor diesem Hintergrund haben die Stromnetz Hamburg GmbH und die Stromnetz Berlin GmbH gemeinsam nach Lösungen gesucht, die den Anforderungen des EEG entsprechen, für Betreiber von Erzeugungsanlagen und für den Netzbetreiber möglichst kostengünstig sind und zudem auch die notwendigen Sicherheitsanforderungen erfüllen.

Ein weiteres Projekt um der zunehmenden Durchsetzung der Netze mit Erzeugungsanlagen zu begegnen ist der regelbare Ortsnetztransformator (RONT). Bei hohen Spannungsschwankungen im Niederspannungsnetz soll dieser die an der Niederspannungsseite eingestellte Spannung vergleichmässigen und somit zu hohe oder zu niedrige Spannungen im Niederspannungsnetz vermeiden. Dies soll helfen, anstehende Netzverstärkungsmaßnahmen zu verzögern und trotzdem erneuerbare Energien schnellstmöglich am Netz anzuschließen. Mit dem Pilotprojekt sollen verschiedene Einstellungen des Spannungsreglers auf ihre Auswirkungen auf das Spannungsband im Niederspannungsnetz hin untersucht werden, um eine allgemeingültige Einstellung für die Stromnetze der Städte Hamburg und Berlin zu finden. Für dieses Vorhaben wurde eine Station im Süd-Osten Hamburgs mit dem RONT ausgestattet, und die Kabelverteilerschränke, die die Trennstelle zu den umliegenden Stationen bilden, mit Messtechnik ausgerüstet. Erste Ergebnisse, wie der RONT die Spannung im gesamten Netz bei verschiedenen Reglereinstellungen beeinflusst werden Ende dieses Jahres erwartet.

Momentan wird bei Stromnetz Hamburg GmbH noch die alte Bauweise des RONT eingesetzt. Dieser nutzt noch einen Oiltap L Schalter, währenddessen die neuen RONT mit Hybridschaltern arbeiten. Durch den neuen Schalter lassen sich die aktuellen RONT Modelle auch in den Standard-Kompaktstationen in Hamburg und Berlin einsetzen, was für den generellen Einsatz der RONT zwingende Voraussetzung war. Im Pilotversuch von Stromnetz Hamburg GmbH war die Baugröße nicht zwingend minimal zu halten, da das Hauptziel in der Erforschung der Auswirkungen verschiedener Regelparameter auf das Netz lag. Insgesamt konnten mit diesem Pilotprojekt bis heute schon zahlreiche Erfahrungen gesammelt werden.

Integration dezentraler Erzeugung [Niechziol]

In einem gerade abgeschlossenen zweijährigen Smart Grid - Projekt haben die Stromnetz Hamburg GmbH als Netzbetreiber und die LichtBlick AG den intelligenten Betrieb mehrerer ZuhauseKraftwerke an einem existierenden Ortsnetz umgesetzt.

Ziel des Projektes war es, mit Hilfe der Mini-BHKW einen netzgeführten Betrieb zu realisieren, um eine größtmögliche Entlastung des Transformators in der speisenden Station des Ortsnetzes zu erreichen und eine statistisch abgesicherte Datenbasis für umfangreiche Analysen zu schaffen.

In der ersten Projektphase wurde zuerst die Netzlast im Hochlastzeitfenster des Verteilungsnetzes gesenkt, um erst einmal den grundsätzlichen Einfluss und Funktionsfähigkeit eines abgestimmten Betriebs der Mini-BHKW auf die versorgende Ortsnetzstation nachzuweisen. Hierzu wurden an relevanten Knoten des Netzes messtechnische Erfassungen durchgeführt (Bild 3).

 

Bild 3:Smart Grid Projekt Lichtblick

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung des IAW der RWTH Aachen durch eine Diplomarbeit konnte ein synthetisches Einspeisemodell entwickelt werden. Hierdurch ist es prinzipiell möglich, auch ohne umfangreiche zusätzliche messtechnische Ausrüstungen bereits eine gut gestaffelte Steuerung der Mini-BHKW im Verbundbetrieb zu erzielen.

In der zweiten Projektphase wurden diese Erkenntnisse umgesetzt, um die gesamte Lastkurve am Netzstationstransformator mit den Mini-BHKW bestmöglich abzusenken. Sofern die Heizlast der wärmetechnisch versorgten Häuser keine gekoppelte Stromeinspeisung zuließ, wurden die Einsatzmöglichkeiten größerer Warmwasserwärmespeicher genutzt (Bild 4).

 

Bild 4: Smart Grid Projekt LichtBlick

Die möglichen wirtschaftlichen und betrieblichen Vorteile wurden von den Projektpartnern beleuchtet und das Projekt wurde ebenso der BNetzA vorgestellt.

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