Turbinenfabrik (AEG)_01
2008/11 Norbert Gilson
14.11.2022

Turbinenfabrik (AEG)

Huttenstraße 12-16, 10553 Berlin-Moabit

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VDE Ausschuss Geschichte der Elektrotechnik

Die nach einem architektonischen Entwurf von Peter Behrens und Konstruktionsplänen von Karl Bernhardt errichtete große Montagehalle der Turbinenfabrik der AEG gilt als Schlüsselbau der modernen Industriearchitektur. Das Erscheinungsbild der Halle zeigt das Konstruktive unmittelbar und demonstriert damit den Bruch mit der bis dahin noch weitgehend üblichen Praxis, den konstruktiven Aufbau von Industriebauten hinter historisierenden Fassaden zu verstecken. Zudem demonstriert der wegweisende Industriebau, ähnlich wie die Bauten der unweit gelegenen »Fabriken Brunnenstraße« den Aufstieg der AEG zum Unternehmen von Weltgeltung.

Beschreibung

erbaut: 1908-09 / 1939 / 1957
Architekten: Peter Behrens (Entwurf), Karl Bernhardt (Konstruktion) / Jacob Schallenberger, Paul Schmidt / Georg Stasch

Die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) hatte im Februar 1904 die Union Elektricitäts-Gesellschaft AG (UEG) übernommen, deren Betriebsanlagen seit 1896 an der Huttenstraße in Moabit entstanden waren. Nach der Fusion nutzte die AEG das Grundstück, um hier ihre Turbinenfabrik aufzubauen. Kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert begann die Dampfturbine als leistungsfähiges Antriebsaggregat für Generatoren, die Dampfmaschine vom Markt zu verdrängen. Im Zuge der Fusionsverhandlungen über die UEG hatten sich die AEG und die amerikanische General Electric Co. über die gegenseitige Verwertung von Patenten auf dem Turbinensektor geeinigt. Damit fiel der AEG eine Schlüsselposition für die Produktion von Turbinen in den meisten europäischen Ländern zu.

Für die Montage der Turbinen wurden nach einem Entwurf von Peter Behrens eine geräumige Fabrikhalle mit einem Giebel zur Huttenstraße und der Seitenwand entlang der Berlichingenstraße errichtet. Die 123 m lange und 25 m breite Halle wurde ganz mit Hilfe der modernen Materialien des Industriebaus - Stahl, Beton und Glas - gestaltet. Die stählernen Stützen der Dreigelenkbinder-Konstruktion sind entlang der Berlichingenstraße nach außen vor die großen Glasflächen der Seitenwand gerückt (Fotos 4 bis 6). Die südliche Stirnseite zur Huttenstraße hin wird durch mächtige, gequaderte Eckpfeiler gebildet, die einen fünffach gebrochenen Betongiebel tragen. Das Giebelfeld zeigt das von Behrens entworfene sechseckige AEG-Signum und den Schriftzug »Turbinenfabrik« (Foto 3).

1939 wurde die Halle nach Norden hin auf eine Länge von 203 m erweitert. Zu diesem Zweck entwarfen Jacob Schallenberger und Paul Schmidt eine zweckmäßige, dem Erscheinungsbild des Bernhardtschen Entwurfs angeglichene Stahlrahmenkonstruktion (Foto 7).

Westlich der Turbinenhalle entstand 1957 ein siebengeschossiges Verwaltungsgebäude, mit dem die Lücke zwischen der Turbinenhalle und dem alten Verwaltungsgebäude der UEG geschlossen wurde. Der von Georg Stasch entworfene Stahlbetonskelettbau zeichnet sich durch seine zeittypische Rasterfassade und das überstehende Flugdach aus.

Nach der Auflösung der AEG übernahm die Siemens AG 1987 den Standort. In der Turbinenhalle und in dem sich zwischen Hutten-, Sickingen- und Berlichingenstraße erstreckenden Fabrikkomplex werden heute weiterhin Gasturbinen für Kraftwerke produziert.
 
Informationsstand: 31.12.2014
Schlagworte: Elektroindustrie; Geschichte der Elektro- und Informationstechnik; Energie
Stichworte: Moabit; Peter Behrens; Karl Bernhardt; Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft; AEG; Union Elektricitäts-Gesellschaft AG; UEG; Turbinenfabrik; Dampfturbine; Dampfmaschine; General Electric Co.; Georg Stasch; Jacob Schallenberger; Paul Schmidt; Siemens AG; Gasturbine

Quelle(n)

  • Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 2. Neue Länder - Berlin, Stuttgart 1998
  • Jörg Raach, Industriekultur in Berlin. Die 115 wichtigsten Bauten des Industriezeitalters, Berlin 2008
  • Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Denkmaldatenbank, Eintrag 09050365,T,002-004

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