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Freileitungsisolatoren - Stützen-Isolatoren

Luftleitungsisolatoren
neonnspb / stock.adobe.com

Autor(en):
Friedmar Kerbe

Beginnend mit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Elektrizität zur Haupttriebkraft der industriellen Entwicklung in Deutschland. Eng damit verbunden war die Entwicklung der Isolatoren. Mit dem Fortschreiten von der Schwachstrom- zur Starkstromtechnik und der Steigerung der Übertragungsspannung wuchsen auch die Anforderungen an die Isolatoren. Man unterscheidet: Schwachstrom-Isolatoren zur Isolierung von Leitungen für Telegrafen-, Telefon- und Signalanlagen; Niederspannungs-Starkstrom-Isolatoren für bis ca. 500 V betriebene Leitungen der Verteilungsnetze und Hochspannungs-Isolatoren für die Energie-Fernübertragung.
Gehörten Stützen-Isolatoren in Glockenform für die Telegrafie zu den ersten Isolatorentypen, so wurden für die Kraftübertragung ab den 1880er Jahren Ölisolatoren verschiedenster Konstruktion eingesetzt. Schließlich wurde mit Erfindung der Delta-Glocke (1897) und deren Weiterentwicklung zum Tridelta-Isolator und parallel dazu ab 1921 des Weitschirm-Isolators und ihrer Normung durch den VDE Ende der 1920er Jahre die Entwicklung der Stützen-Isolatoren abgeschlossen. Gleiches betraf die Entwicklung der Kappen- und Motor-Isolatoren als zwei wichtigen Typenvertretern der Hänge- oder Ketten-Isolatoren. Schließlich mit der Herausbildung des Langstab-Isolators ab Mitte der 1930er Jahre und seiner Weiterentwicklung nach dem 2.Weltkrieg in Konstruktion, Werkstoff, Herstellungs- und Verbindungstechnik wurde dieser Typ in Mitteleuropa zum vorherrschenden Freileitungs-Isolator im Hochspannungsbereich für 110, 220 und 380 kV.


Chronik:

1849  

Erster Freileitungs-Isolator in Glockenform von Werner Siemens für oberirdische Telegrafenleitungen /Jäger, 354f; Kerbe, 34/

1852  

Einführung einer Kopfrille am Isolator zur leichteren Befestigung eines Eisendrahtes; Vergrößerung der Halsrille und ausgekehlter unterer Glockenrand /Kerbe, 34f/

1855  

Zur Vermeidung häufiger Bruchschäden wird vorübergehend eine eiserne Glocke mit eingekittetem Porzellankörper verwendet /Kerbe, 34f/

1857  

Borggreve-Isolator als kompakter Porzellankörper /Weicker, 3/

1857  

Kommissions-Isolator aus Glas /Weicker, 3/

1857  

Porzellan-Doppelglocke von F.A.D. von Chauvin /Jäger, 78; Weicker, 3f/

1862  

Doppelglocken-Isolator nach Chauvin bei der preußischen Postbehörde eingeführt und später für Fernmeldeleitungen als Reichsmodell RM I bis III genormt (DIN VDE 8020 v. Juli 1925) /Rother, 73; Weicker, 4/

1867  

Doppelglocken-Isolator auf allen Linien der norddeutschen Telegraphen-Verwaltung eingeführt /Rother, 73/

1869  

Isolator nach franz. Patent 86 216 v. 24.6.1869 von Lenoir und Prudkomme als Vorgänger der Öl-Isolatoren /Weicker, 5/

1876  

Öl-Isolatoren nach engl. Patent 3534 v. 8.9.1876 von W. C. Johnson und S. E. Phillips /Weicker, 5/

1877  

Zweiteiliger Öl-Isolator nach DRP 155 v. 10.7.1877 nach Pieper /Weicker, 5/

1886  

Erstmaliger Einsatz der Öl-Isolatoren nach Pieper in der von der Maschinenfabrik Oerlikon gebauten Kraftübertragung von Kriegstetten nach Solothurn /Weicker, 6/

1891  

Einsatz von 12 000 Öl-Isolatoren (einteilig bzw. in Mehrkammer-Ausführung) aus der "Margarethenhütte", Großdubrau bei Bautzen, zur Drehstrom-Kraftübertragung unter 15 kV Betriebsspannung vom Kraftwerk Lauffen/Neckar zum Gelände der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt/Main /Kerbe, 35f/

1892  

Öl-Isolatoren (mit abnehmbarem Unterteil) der 33 km langen Kraftübertragungsleitung Tivoli - Rom; 5 kV Einphasenstrom; ab 1899 bis 1903 mit 10 kV Drehstrom betrieben /Weicker, 7/

1895  

Zylindrischer Dreimantel-Starkstrom-Isolator in Deutschland und der Schweiz für die ersten 10 kV-Anlagen /Weicker 1911, 360/

1896  

Paderno-Glocke der Porzellanfabrik Richard Ginori, Mailand, erstmals eingesetzt in der 13 500 V-Leitung Paderno-Mailand /Weicker, 7f/

1897  

Delta-Glocke nach DRP 110 961 vom 11.1.1898 der Porzellanfabrik Hermsdorf-Klosterlausnitz, der erste auf wissenschaftlicher Basis konstruierte Hochspannungs-Freileitungsisolator, der in den Folgejahren bis zum Tridelta-Isolator weiterentwickelt wurde /Kerbe 2002, 155f; Weicker, 8f/

1898  

Glas-Isolator der 40 kV-Anlage Provo, Utah, USA /Weicker, 14/

1902  

Rillen-Teller-Isolator der Siemens & Halske AG /Weicker, 13/

1902  

Mehrteilig zusammengesetzter Isolator nach V. G. Converse nach US-Patent 701 847/48 v. 10.6.1902 /Weicker, 22/

1903  

1903/1904 Zusammenglasierte zweiteilige Delta-Glocken in der ersten europäischen 40 kV-Anlage Gromo-Nembro /Weicker, 9/

1905  

Erste zusammengekittete zweiteilige Delta-Glocken der Porzellanfabrik Hermsdorf-Klosterlausnitz für eine 25 kV-Anlage in Südfrankreich /Weicker, 10/

1905  

Rillen-Isolator der Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. A.G., Selb /Weicker, 12/

1905  

Beznau-Isolator ("auf Schulter zusammenglasiert") für Spannungen bis 25 kV in der Schweiz /Weicker, 13/

1906  

Kammer-Isolator der Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. A.G., Selb /Weicker, 12/

1906  

Metallschirm-Isolator nach DRP 206 332 v. 15.5.1906 /Weicker, 16f/

1907  

Ambroin-Isolator, bestehend aus ein oder zwei aus Harzen hergestellten Unterteilen und einem aufgeschraubten Porzellan-Oberteil /Weicker, 13/

1910  

Zweimantel-Isolator nach Gustav Benischke /Jäger, 41; Benischke, 30f/

1918  

Faradoid-Isolator der Westinghouse Electric & Manufacturing Co. /Weicker, 16/

1920  

Normung der Delta-Isolatoren für Betriebsspannungen bis 35 kV durch den VDE /Weicker, 16/

1921  

Weitschirm-Isolator der H. Schomburg & Söhne AG, Großdubrau /Weicker, 16/

1924  

Massiv-Stützen-Isolator der AEG, als völlig "durchschlagsicher" bezeichnet /Weicker, 18/

1925  

Verstärkter Delta-Isolator nach H. Sieber, Kassel, zusammen mit der Hescho entwickelt /Weicker, 17/

1929  

Normung des Weitschirm-Isolators nach DIN VDE 8003 vom Januar 1930

1929  

Verstärkter Isolator genormter Form der Reihe VHD bzw. VHW nach DIN VDE 8004 und 8005 vom Januar 1930


[1] Argillon GmbH: Firmenprospekte, Redwitz 2005.

[2] Bay, C. H: Durchschlagsichere Isolatoren. AEG-Mitt. 1923, Nr. 8, 258f.

[3] Benischke, Gustav: Die Porzellan-Isolatoren. 2. Aufl., Berlin 1923, 30f.

[4] Draeger, Kurt: Über einige Fragen zur Isolierung von Hochspannungs-Freileitungen. Mitt.: der Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. A.G., Heft 13, Berlin 1928.

[5] Draeger, Werner: Persönliche Mitt. v. März 2007.

[6] Hecht, Alfred: Geschichtliche Entwicklung der Elektrokeramik. Ber. DKG 36 (1959) Heft 9, S. 309-318.

[7] Jäger, Kurt: Lexikon der Elektrotechniker. Berlin/Offenbach 1996.

[8] Kerbe, Friedmar: Die "DELTA-GLOCKE". Ein Hochspannungs-Freileitungs-Isolator und die Entwicklung des Werkstoffs Elektroporzellan. Proceedings of the XXth Internat. Congress of History of Science, Liege 1997, p. 155-163. Brepols Publishers n.v., Turnhout 2002.

[9] Kerbe, Friedmar: Keramik für die Elektrotechnik. In: Die Zündende Idee. Keramik in der Technik. Koblenz/Montabaur 1997, S. 34-38.

[10] Reitz, Lothar: Rosenthal Isolatoren GmbH. In: Geschichte der keramischen Hochspannungsisolatoren in Deutschland. DKG e.V. (Hrsg.), Fachausschussbericht Nr. 29, Köln 1991, S. 59-61.

[11] Rother, L.F.W. (Bearb.): Telegraphenbau. Ein Handbuch zum praktischen Gebrauch für Telegraphen-Techniker und Beamte. 3. Aufl., Berlin 1870, S. 69-98.

[12] Weicker, William: Die Leistungen der Porzellan-Industrie für die Elektrotechnik. Techn. Monatshefte. Zeitschrift für Technik, Kultur und Leben 2 (1911), Stuttgart, S. 359-365.

[13] Weicker, William: Streiflichter aus der Entwicklung der Elektrokeramik in den letzten 50 Jahren. Helois. Fach-Exportzeitschrift für Elektrotechnik und Funktechnik 50 (1944) Nr. 5, S. 27-33.

[14] Weicker, William: Zur Geschichte des Freileitungs-Isolators. In: Geschichtliche Einzeldarstellungen aus der Elektrotechnik 3. Band, Berlin 1932, S. 1-66.