Illustration einer Kniegelenksprothese
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12.06.2025 Pressemitteilung

Prothetik, Exoskelett, Organ-on-a-Chip: Klee-Preis 2025 geht an Arbeiten mit hohem Nutzen für Patienten

Dr.-Ing. Sonja Ehreiser (RWTH Aachen) erreicht beim Klee-Preis 2025 den ersten Platz für ihre Dissertation zur besseren Versorgung von Patienten mit Knie-Prothesen. Platz 2 geht an Dr.-Ing. Lukas Bergmann (RWTH Aachen) für seine Doktorarbeit zu Exoskeletten, die Bewegungsintentionen erfassen und adaptiv unterstützen können. Für ihre Dissertation zu einem 3D-Biodruckprozess für ein Organ-on-a-Chip, das in der pharmazeutischen Forschung genutzt werden kann, geht Platz 3 an Dr.-Ing. Anna Moritz-Fritschen (TU Darmstadt).

(Frankfurt a. M., 12.06.2025) Gemeinsam mit der Stiftung Familie Klee schreibt die Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (VDE DGBMT) einmal im Jahr den Klee-Preis aus, um den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. 2025 wurden drei Arbeiten ausgezeichnet, die einen besonders hohen Nutzen für die Behandlung von Patientinnen und Patienten bergen. Im Fokus stehen mit Knie-Prothesen und Exoskeletten zwei medizintechnische Produkte, die direkt am Menschen zum Einsatz kommen, sowie mit dem Thema Organ-on-a-Chip Verbesserungen für die pharmazeutische Forschung.

Perfect Match: Größen und Passgenauigkeit von Knieimplantaten verbessern

Dr.-Ing. Sonja Ehreiser

Dr.-Ing. Sonja Ehreiser

| Fotohaus Preim GmbH Aachen

Der mit 5.000 EUR dotierte erste Platz geht an Dr.-Ing. Sonja Ehreiser (RWTH Aachen) für ihre Arbeit zur besseren Versorgung in der Knieendoprothetik. Der Ersatz des Kniegelenks zählt zu den am häufigsten durchgeführten Operationen weltweit, wobei immer mehr jüngere Patientinnen und Patienten die Behandlung benötigen. Bisher allerdings ist der Anteil unzufriedener Patienten nach der Operation relativ hoch. Sonja Ehreiser erklärt: „Das Knie ist ein Gelenk, das als Prothese sehr hohe Anforderungen erfüllen muss. Durch meine Arbeit möchte ich dazu beitragen, dass sich die Lebensqualität nach dem Eingriff verbessert.“ 

Ehreiser hat eine Datenbank mit über 85.000 Kniegelenken ausgewertet, um zu ermitteln, welche Größen Implantate haben müssten. Das bisher verfügbare Angebot an Standardimplantaten beruht auf relativ kleinen Datensätzen von wenigen hundert Patienten. „Passt man die Größen der Implantatsysteme an die Realität an, lässt sich eine um 19 bis 26 Prozent verbesserte Patientenabdeckung erreichen.“ Zudem stellt die Arbeit dar, wie sich die Passgenauigkeit mit Blick auf Form und Funktion durch eine individuelle Passform-Bewertung für Implantate optimieren lässt. Ehreiser leitet mittlerweile die KI-Entwicklung für orthopädische Planungssoftware bei mediCAD, hat das Projekt aber an eine Nachfolgerin am Institut weitergegeben.

Exoskelette mit Regelungstechnik: Bewegungsapparat unterstützen, nicht ersetzen 

Dr.-Ing. Lukas Bergmann

Dr.-Ing. Lukas Bergmann

| ANYbotics AG

Störungen des Bewegungsapparats infolge von Schlaganfällen betreffen weltweit viele Menschen, wobei konventionelle Therapien sehr aufwändig sind und viele Ressourcen erfordern. Robotische Rehabilitationssysteme können den Prozess unterstützen, müssen aber Patientinnen und Patienten ermöglichen, Bewegungen selbst zu initiieren. Dr.-Ing. Lukas Bergmann erläutert: „Die Forschung an Exoskeletten kann langfristig einen bedeutenden Beitrag zur Unterstützung von Menschen mit Störungen des Bewegungsapparats leisten. Fachlich spannend für mich dabei ist, dass die Regelungstechnik hier eine Anwendung findet, die einen sehr hohen Praxisbezug hat.“ 

Im ersten Teil seiner Arbeit beschreibt Bergmann das Hardwaredesign eines aktiven Exoskeletts mit Aktuatoren, das eine sichere Kopplung zwischen Mensch und Exoskelett ermöglicht. Dazu passend hat er einen kooperativen Regler entwickelt, der die Gelenkdrehmomente des Benutzers in Echtzeit schätzt und unterstützt. „Am Institut wurden neue Kollegen eingestellt, die den entwickelten Ansatz weiter verfolgen. Ich selbst habe mich beruflich bei ANYbotics in Richtung Robotik orientiert und mit meiner Frau ein Start-up gegründet, bei dem wir Regelungstechnik dazu nutzen, um motorisierte Fahrradanhänger für Kinder zu steuern.“

Organ-on-a-Chip mit 3D-Biodruck: Medikamente ohne Nebenwirkungen entwickeln

Dr.-Ing. Anna Moritz-Fritschen

Dr.-Ing. Anna Moritz-Fritschen

| Fotostudio Hirch (Darmstadt)

In der pharmazeutischen Forschung gilt es, die Komplexität menschlicher Organe in den derzeit verfügbaren Gewebemodellen abzubilden. Bei Tierversuchen oder klinischen Studien zeigen sich im nächsten Schritt jedoch häufig unerwartete Nebenwirkungen oder eine geringe Wirksamkeit der Medikamente, da die Modelle nicht genau genug sind. Dr.-Ing. Anna Moritz-Fritschen erklärt: „In meiner Dissertation habe ich einen 3D-Biodruckprozess entwickelt, mit dem man verschiedene Zelltypen und Matrixmaterialien mit hoher Ortsauflösung platzieren kann.“ Um innerhalb von 14 Tagen ein dreidimensionales, mit Kapillargefäßen versorgtes Krebsmodell zu erzeugen, hat sie menschliche Leberkrebszellen mit Blutgefäß- und Bindegewebszellen kombiniert. Dieses Modell wurde auf einen mikrofluidischen Chip integriert und an ein Pumpsystem angeschlossen, sodass auf dem so entstandenen Organ-on-a-Chip eine Versorgung der Zellen mit Nährstoffen und die Aufnahme von pharmazeutischen Wirkstoffen realitätsnah simuliert werden kann.

„Der Bedarf für diese Forschung ist immens“, stellt Moritz-Fritschen fest. „Die FDA (U.S. Food and Drug Administration) hat vor zwei Jahren erstmals Alternativen zu Tierversuchen zugelassen. Mit genauen Modellen vermeidet man Late Fails und damit hohe Entwicklungskosten für Produkte, die nicht erfolgreich sind.“ Um weiter in der medizinisch-pharmazeutischen Forschung tätig sein zu können, hat sie an der TU Darmstadt ihre aktuelle Arbeit als Gruppenleiterin mit Schwerpunkt Biomedical Devices aufgenommen.

Über die Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (VDE DGBMT) 

Die Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (VDE DGBMT) ist die wissenschaftlich-technische Fachgesellschaft für Medizintechnik in Deutschland. Sie wurde 1961 in Frankfurt am Main gegründet.  

Die DGBMT im VDE vernetzt Expertinnen und Experten aus allen Bereichen der Technikanwendungen in der Medizin und bearbeitet das gesamte Themenspektrum der Biomedizinischen Technik. Sie veranstaltet Tagungen und Workshops für Fachpublikum und ist Trägerin von zwei internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften: Biomedical Engineering / Biomedizinische Technik und Current Directions in Biomedical Engineering des Verlags Walter de Gruyter. Positionspapiere, Stellungnahmen und Expertenbeiträge beleuchten unabhängig und neutral aktuelle Themen. Außerdem verleiht die DGBMT Förderpreise für wissenschaftlichen Nachwuchs, für wissenschaftliche Exzellenz und Innovationen und für Patientensicherheit in der Biomedizintechnik. Nicht zuletzt vertritt sie die deutsche Biomedizinische Technik in internationalen Gremien. 

Mehr Informationen unter www.vde.com/dgbmt  

Über den VDE

Der VDE, eine der größten Technologie-Organisationen Europas, steht seit mehr als 130 Jahren für Innovation und technologischen Fortschritt. Als einzige Organisation weltweit vereint der VDE dabei Wissenschaft, Standardisierung, Prüfung, Zertifizierung und Anwendungsberatung unter einem Dach. Das VDE Zeichen gilt seit mehr als 100 Jahren als Synonym für höchste Sicherheitsstandards und Verbraucherschutz. 

Wir setzen uns ein für die Forschungs- und Nachwuchsförderung und für das lebenslange Lernen mit Weiterbildungsangeboten „on the job“. Im VDE Netzwerk engagieren sich über 2.000 Mitarbeiter*innen an über 60 Standorten weltweit, mehr als 100.000 ehrenamtliche Expert*innen und rund 1.500 Unternehmen gestalten im Netzwerk VDE eine lebenswerte Zukunft: vernetzt, digital, elektrisch.  
Wir gestalten die e-diale Zukunft. 

Sitz des VDE (VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik e.V.) ist Frankfurt am Main. Mehr Informationen unter www.vde.com

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Pressesprecherin
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Tel. +49 151 14600477
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09.10.2020

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