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05.02.2024 Fachinformation

Die Verantwortliche Person gemäß MDR: Rechte und Pflichten

Die Verantwortliche Person oder Person Responsible for Regulatory Compliance (PRRC) sorgt für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften bei Medizinprodukten.

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Dr. Thorsten Prinz

Mit Inkrafttreten der EU Verordung über Medizinprodukte (MDR) hat der europäische Gesetzgeber die "Verantwortliche Person" oder "Person Responsible for Regulatory Compliance (PRRC)" eingeführt, die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortlich ist. Dies betrifft vor allem die Herstellung von Medizinprodukten und deren Überwachung nach dem Inverkehrbringen. Die MDR schreibt auch vor, dass die Verantwortliche Person Teil der Organisation des Herstellers sein und über eine bestimmte Mindestqualifikation verfügen muss.

Hersteller oder ihre Bevollmächtigten sowie ggf. Importeure müssen Namen, Anschrift und Kontaktdaten der Verantwortlichen Person in der EUDAMED-Datenbank registrieren. Die Verantwortliche Person darf nicht gleichzeitig verantwortliche Person beim Hersteller und beim Bevollmächtigten sein. Außerdem muss sie eine Nähe zum Hersteller haben, d. h. bei einem EU-Hersteller innerhalb der EU und bei einem Nicht-EU-Hersteller außerhalb der EU.

Wer muss eine Verantwortliche Person nach MDR benennen?

Maßgebend für die neuen Anforderungen an die Verantwortliche Person ist Artikel 15 MDR. Aus diesem geht hervor, dass ein Hersteller „mindestens eine“ Verantwortliche Person benennen muss. Folglich können auch mehrere Verantwortliche Personen benannt werden. In diesem Fall muss der Hersteller die Verantwortungsbereiche der jeweiligen Verantwortlichen Personen plausibel voneinander abgrenzen und dieses schriftlich dokumentieren.

Ist ein Hersteller nicht in der EU zugelassen, muss dessen Bevollmächtigter eine Verantwortliche Person bestimmen. Importeure oder Händler von Medizinprodukten müssen eine Verantwortliche Person benennen, wenn für sie die Pflichten eines Herstellers gelten. Diese Aspekte werden in Artikel 16 (Abs. 1) MDR ausgeführt.  

Welche Qualifikation muss eine Verantwortliche Person nach MDR haben?

Artikel 15 (Abs. 1) MDR führt aus, welche Qualifikation eine Verantwortliche Person haben muss. Demnach muss diese über das „erforderliche Fachwissen auf dem Gebiet der Medizinprodukte“ verfügen. Erfreulicherweise konkretisiert die MDR diese doch recht unbestimmte Formulierung. Demnach ist nachzuweisen:

  • Diplom, Zeugnis oder anderer Nachweis einer formellen Qualifikation durch Abschluss eines Hochschulstudiums oder eines von dem betreffenden Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannten Ausbildungsgangs in Recht, Medizin, Pharmazie, Ingenieurwesen oder einem anderen relevanten wissenschaftlichen Fachbereich sowie mindestens ein Jahr Berufserfahrung in Regulierungsfragen oder Qualitätsmanagementsystemen im Zusammenhang mit Medizinprodukten oder
  • 4 Jahre Berufserfahrung in Regulierungsfragen oder Qualitätsmanagementsystemen im Zusammenhang mit Medizinprodukten.

Die Formulierung „oder einem anderen relevanten wissenschaftlichen Fachbereich“ lädt zu der spekulativen Erörterung ein, welche Ausbildungsgänge hier in Frage kommen. In der Praxis wird der Hersteller seine Auswahl wohl letztlich begründen müssen und in plausiblen Bezug zu den jeweiligen Aufgaben der Verantwortlichen Person setzen.  

Welche Aufgaben hat die Verantwortliche Person nach MDR?

Artikel 15 (Abs. 3) MDR beschreibt, welche Aufgaben eine Verantwortliche Person „mindestens“ hat. Diese sind:

  • Prüfung der Produkte auf Konformität zum vorhandenen Qualitätsmanagementsystem vor ihrer Freigabe,
  • Erstellung bzw. stetige Aktualisierung der technischen Dokumentation und der EU-Konformitätserklärung,
  • Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus der Überwachung der Medizinprodukte nach dem Inverkehrbringen ergeben,
  • Erfüllung der Berichtspflichten, die sich aus den Vigilanz-Anforderungen ergeben,
  • Erklärung zur „Unbedenklichkeit“ von Prüfprodukten für klinische Prüfungen.

Die Vigilanz-Anforderungen werden in den Artikeln 87-91, MDR, konkretisiert. Es handelt sich insbesondere um:

  • die Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld,
  • die Meldung von Trends zur Häufigkeit oder des Schweregrades nicht schwerwiegender Vorkommnisse oder erwarteter unerwünschter Nebenwirkungen,
  • die Analyse schwerwiegender Vorkommnisse und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld,
  • Vorlage erforderlicher Unterlagen für eine Risikobewertung auf Verlangen einer zuständigen Behörde und
  • die Übermittlung von Sicherheitsanweisungen.

Mit Blick auf klinische Prüfungen muss die Verantwortliche Person erklären, dass das zu prüfende Produkt den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen entspricht und dass alle Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Prüfungsteilnehmer getroffen wurden (Anhang XV, Kapitel II, Abs. 4.1 MDR).

Die Verantwortliche Person muss den Berichtspflichten unter Verwendung der EUDAMED-Datenbank nachkommen.   

Wie muss eine Verantwortliche Person nach MDR in die Organisation eines Unternehmens eingebunden sein?


Zur Frage der organisatorischen Einbindung der Verantwortlichen Person kann der Leitfaden 2019-7 der Medical Devices Coordination Group der EU (MDCG) herangezogen werden. Demnach ist „organisatorische Einbindung“ so auszulegen, dass Verantwortliche Personen Angestellte des Herstellers sein müssen. Handelt es sich um mehrere Hersteller unter dem Dach einer Konzernstruktur, benötigt jeder einzelne Hersteller mindestens eine Verantwortliche Person.

Ausgenommen sind Kleinst- und Kleinunternehmen, d.h. solche Unternehmen, die weniger als 50 Personen beschäftigen und deren Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 10 Mio. € nicht übersteigt. Solche Hersteller müssen auf eine Verantwortliche Person „dauerhaft und ständig zurückgreifen können“. Das bedeutet, dass externe Dienstleister die Funktion der Verantwortlichen Personen für Klein- und Kleinstunternehmen vollständig übernehmen können – eine entsprechende vertragliche Regelung vorausgesetzt. Diese Ausnahme gilt auch für Bevollmächtigte von nicht in der EU zugelassenen Herstellern.  

Welche persönlichen Risiken sind mit der Funktion Verantwortliche Person nach MDR verbunden?

Die Funktion „Verantwortliche Person“ nach MDR führt möglicherweise dazu, dass Entscheidungen im Sinne von Produktsicherheit und Patientenschutz betrieblichen oder kaufmännischen Interessen des Herstellers entgegenstehen. Dieses Spannungsfeld kann zu einem erhöhten persönlichen Risiko für die Verantwortliche Person führen. Aus diesem Grund schreibt Art. 15 Abs. 5 der MDR vor, dass Verantwortliche Personen im Zusammenhang mit ihrer korrekten Aufgabenerfüllung nicht benachteiligt werden dürfen. Dies gilt sowohl für angestellte als auch externe Verantwortliche Personen.

Die durch die MDR vorgegebenen Aufgaben einer Verantwortlichen Person sind weitreichend. Es stellt sich daher die Frage, welche Haftungsrisiken entstehen, wenn z. B. Patienten zu Schaden kommen und dies auf Pflichtverletzungen Verantwortlicher Personen zurückzuführen ist. Im Rahmen der Produkthaftung haften Hersteller für Patientenschäden aufgrund von Produktfehlern. Ob im Schadensfall eine Verantwortliche Person eine persönliche Verantwortung trifft und welches Sanktionsmaß damit verbunden ist, werden die Gerichte im Streitfall erst noch klären müssen.    

Fazit

Die von der EU Medizinprodukteverordnung geforderte Verantwortliche Person hat mehr Aufgaben zu leisten und eine höhere Verantwortung zu tragen als der bisherige Sicherheitsbeauftragte gemäß §30 Medizinproduktegesetz. Der Verantwortlichen Person kommt eine weitreichende Verantwortung für die Einhaltung wesentlicher Regulierungsvorschriften über den gesamten Medizinprodukt-Lebenszyklus zu.

Neben der Auslegung der Qualifikationsvoraussetzungen und tatsächlichen Qualifizierung bzw. „Akquise“ geeigneter Fachkräfte, werden sich sowohl Hersteller als auch die Verantwortlichen Personen selbst mit Risikoabwägungen konfrontiert sehen. Auf jeweils nationaler Ebene stehen entsprechende juristische Auseinandersetzungen arbeits- und haftungsrechtlicher Art aus. 

Mit Blick auf den aktuell laufenden Übergang von Medizinprodukterichtlinien auf Medizinprodukteverordnung erläutert die MDCG Guidance 2021-25, dass Hersteller, die ihre Produkte ausschließlich gemäß Art. 120 (3) in Verkehr bringen ("Legacy-Produkte"), keine Verantwortliche Person benötigen. Wir empfehlen , sich zum aktuellen Stand in Sachen Verantwortliche Person auf dem Laufenden zu halten und mit der Umsetzung im eigenen Unternehmen rechtzeitig zu beginnen. Bitte sprechen Sie uns bei Fragen zum Thema an.

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Hand eines Arztes mit modernem PC-Interface
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15.08.2023

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