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22.07.2019

Ordnungsrahmen

Die Digitalisierung der Energiewende in vollem Gange

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Frank Borchardt

Politischer Rahmen

Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende“ im September 2016 gibt es in Deutschland erstmals eine rechtsverbindliche Verpflichtung zum breiten Einbau so genannter moderner Messeinrichtungen (digitale Stromzähler). Außerdem zeichnet es einen Weg vor, wann und wie intelligente Messsysteme (auch bekannt als Smart Meter) verpflichtend im Markt eingeführt werden. Darunter versteht der Gesetzgeber die Erweiterung der Zähler um ein Kommunikationsmodul (Smart-Meter-Gateway). Eine Steuerbox, mit der sich z. B. EEG-Anlagen oder große Verbraucher steuern lassen, kann ggf. integriert werden.

Vorausgegangen war eine fast fünfjährige Phase der politischen Diskussion. VDE FNN hat die Arbeiten an dieser neuen Infrastruktur von Anfang an begleitet und als neutrale Plattform für die Standardisierung eines interoperablen Messsystems mit austauschbaren Geräten gesorgt.

Das Gesetz legt unter anderem technische Vorgaben für intelligente Messsysteme (Smart Meter) fest. Datenschutz und Interoperabilität werden verbindlich geregelt. Auch Kleinerzeugungsanlagen (mehr als ein bis einschließlich sieben Kilowatt elektrischer Leistung) werden nun einbezogen. Betroffen sind nur Neuanlagen. Auch die Elektromobilität wird in den Änderungen stärker berücksichtigt. Das neue Messsystem kann ein wesentlicher Stützpfeiler bei der Bewältigung der Herausforderungen durch die Energiewende werden. Diese besteht vor allem in der besseren Handhabung der fluktuierenden Einspeisung der erneuerbaren Energien.

VDE FNN wird konstruktiv die Einführung interoperabler und austauschbarer intelligenter Messsysteme in Deutschland vorantreiben.

 

Messstellenbetriebsgesetz

Der Kern der Neuregelungen ist im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) enthalten. Dieses ersetzt die §§ 21 b bis § 21i EnWG und die Messzugangsverordnung vollständig. Folgeänderungen betreffen insbesondere

  • das Erneuerbare-Energien-Gesetz
  • die Anreizregulierungsverordnung
  • die Stromnetzzugangsverordnung
  • die Stromnetzentgeltverordnung sowie
  • die Messzugangsverordnung, die aufgehoben und deren Regelungen ebenfalls in das MsbG aufgenommen werden

Rollout: Einbauverpflichtung und Zeitplan

Der Rollout intelligenter Messsysteme wird stufenweise durchgeführt. Die Ausstattung von Verbrauchern und Erzeugern folgt nach Verbrauchsgrenzen bzw. der installierten Leistung unter Einhaltung definierter Preisobergrenzen.

Ausstattung von Verbrauchern:

  • Ab 2017: > 10.000 kWh/a
  • Ab 2020: 6.000-10.000 kWh/a
  • Ab 2020: < 6.000 kWh/a optional

Ausstattung von Erzeugungsanlagen:

  • Ab 2017: 7-15 kW
  • Ab 2020: > 100 kW

Soweit keine Ausstattung mit intelligenten Messsystemen vorgesehen ist und eine wirtschaftliche Vertretbarkeit vorliegt, erfolgt bis 2032 die Ausstattung mit modernen Messeinrichtungen.

Voraussetzung ist, dass mindestens drei voneinander unabhängige Unternehmen Smart-Meter-Gateways am Markt anbieten, die das BSI nach Schutzprofil und Technischer Richtlinie zertifiziert und für den Einsatzbereich freigegeben hat.

BSI: Schutzprofile und technische Richtlinien

Technische Mindestanforderungen tragen zur Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit bei. Die zum Gesetz zählenden verbindlichen Schutzprofile und technische Richtlinien werden vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erarbeitet.

Aktueller Stand:

Unterlagen und Informationen zum Smart-Meter-Gateway stehen auf den Internetseiten des BSI 


 

Bundesnetzagentur definiert Geschäftsprozesse

Aufgabe der Bundesnetzagentur ist es, die passenden Geschäftsprozesse zu definieren. Zunächst sollen Interimsprozesse eingeführt werden, später Standardprozesse. Dieses Vorgehen soll sicherstellen, dass neu einzusetzende Messtechnik, insbesondere intelligente Messsysteme, bereits ab Herbst 2017 in den wesentlichen Grundfunktionalitäten in die elektronische Marktkommunikation eingebunden werden können.

Eichrechtlicher Rahmen

Das gesetzliche Messwesen legt die Grundlage zur Gewährleistung der Messrichtigkeit und -beständigkeit im geschäftlichen Verkehr, bei amtlichen Messungen oder Messungen im öffentlichen Interesse. Dabei werden über 120 Millionen Messgeräte verschiedener Arten verwendet, wie z. B. Strom- und Wasserzähler, Waagen, Tankzapfsäulen, Geschwindigkeitsmessgeräte oder Taxameter.

Allgemeines

Am 1. Januar 2015 traten das neue Mess- und Eichgesetz (MessEG) und die Mess- und Eichverordnung (MessEV) in Kraft. Sie lösen das bisherige Eichgesetz und die Eichordnung ab. Damit soll das Mess- und Eichrecht modernisiert und zugleich das bestehende hohe Schutzniveau des deutschen Messwesens beibehalten werden. Ausgangspunkt war die Europäische Messgeräte-Richtlinie (MID – „Measuring Instruments Directive“), welche die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten zum Inverkehrbringen von Messgeräten zum Ziel hatte.

 

Damit gelten für europäisch und national geregelte Messgeräte künftig die gleichen Anforderungen, wenn sie auf den Markt gebracht werden. Die innerstaatliche Bauartzulassung und die Ersteichung von national geregelten Messgeräten werden durch eine Konformitätsbewertung ersetzt. Die Nacheichung von verwendeten Messgeräten bleibt im bisherigen Umfang den Eichbehörden der Länder und den staatlich anerkannten Prüfstellen vorbehalten.

Die Eichung ist die amtliche Prüfung eines Messgeräts in periodischen Abständen oder aus Anlass eines Fehlers oder eines Eingriffs in das Messgerät.

Regelermittlungsausschuss

Neu ist ein Regelermittlungsausschuss, der nach § 46 MessEG auf der Grundlage des Standes der Technik Regeln, Erkenntnisse und technische Spezifikationen für Messgeräte, für Verfahren der Konformitätsbewertung und für Personen, die Messgeräte oder Messwerte verwenden, ermittelt. Der Regelermittlungsausschuss ist bei der PTB eingerichtet, die den Vorsitz und die Geschäftsstelle führt.

Darüber hinaus gehören dem Ausschuss die zuständigen Behörden der Länder, Konformitätsbewertungsstellen, staatlich anerkannte Prüfstellen, Wirtschaftsverbände und Verbraucherverbände an. VDE FNN beteiligt sich hier aktiv mit Vertretern.

Als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie führt die PTB die Aufsicht über das Messwesen.

Konformitätsbewertung

Anstelle der bisherigen Kombination aus innerstaatlicher Bauartzulassung und Ersteichung führen Konformitätsbewertungsstellen beim Inverkehrbringen von Messgeräten eine Konformitätsbewertung durch.

Im Zuge der Konformitätsbewertung werden festgelegte Anforderungen in Bezug auf ihre Erfüllung geprüft und bescheinigt. Der Regelermittlungssauschuss legt die erarbeiteten technischen Spezifikationen als anerkannte Regeln der Technik fest.

Eine Konformitätsbewertung erfolgt in verschiedenen Phasen mit jeweils bestimmten zugehörigen Tätigkeiten. Die Verantwortung liegt beim Hersteller des Messgerätes, der nach Durchführung des Konformitätsbewertungsprogrammes jedes Messgerät kennzeichnen und die Konformitätserklärung ausstellen muss. 

 

Eichbehörden der Länder

Nach dem Inverkehrbringen der Messgeräte sind der weitere Umgang sowie die Einhaltung der Konformität Aufgabe des nationalen Rechts.

Die Durchführung oder Überwachung der Eichungen von Messgeräten, die aufgrund ihrer Verwendung eichpflichtig sind, liegt in der Zuständigkeit der Eichämter der Bundesländer (z. B. Marktüberwachungsmaßnahmen, Befundprüfungen). Diese sind organisatorisch dem Wirtschaftsministerium des Landes zugeordnet und an Richtlinien der PTB gebunden.

Die Eichaufsichtsbehörden koordinieren sich in der Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen. VDE FNN ist hier mit Vertretern aktiv.

Staatlich anerkannte Prüfstellen

Eine staatlich anerkannte Prüfstelle ist berechtigt, Messgeräte, die im geschäftlichen Verkehr eingesetzt werden, zu eichen. Die Prüfstellen unterstehen der Aufsicht der Eichbehörde. In Prüfstellen werden nur Messgeräte aus dem Bereich der Versorgungswirtschaft geeicht, wie Wasserzähler, Elektrizitätszähler, Gaszähler oder Wärmezähler. Außerdem führen die staatlich anerkannten Prüfstellen auf Antrag Befundprüfungen durch, um die Messrichtigkeit von Messgeräten zu begutachten. Eine weitere Aufgabe ist die Durchführung von Stichproben zur Verlängerung der Eichgültigkeitsdauer.

Die Prüfstellen in Deutschland sind durch zwei Buchstaben und eine Nummer gekennzeichnet. Der erste Buchstabe bezeichnet die Art des Messgeräts (W=Wasser, E=Elektrizität, G=Gas, K=Wärme), der zweite Buchstabe bezeichnet das Bundesland (A=Baden-Württemberg, B=Bayern etc.).

Rechtlich gesehen handelt es sich bei den Prüfstellen um "mit hoheitlichen Aufgaben beliehene Unternehmen", die bestimmte Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Sie haben die Befugnis, Verwaltungsakte zu erlassen, wie z.B. die Eichung von Messgeräten durchzuführen. Die Prüfstellen unterstehen der Kontrolle durch die Eichbehörde. Anerkennung, Bestellung des Leiters und der Stellvertreter, Betriebserlaubnis und Überwachung werden durch die Eichbehörde geregelt. Es muss sichergestellt sein, dass die Prüfstellen als organisatorisch selbstständige Einheit mit geeigneten Prüfräumen und Prüfmitteln ausgestattet sind und das fachkundiges und unabhängiges Personal vorhanden ist.

Mess- und Eichgebührenverordnung

In der Mess- und Eichgebührenverordnung (MessEGebV) werden seit Anfang 2015 Grund und Höhe der von den zuständigen Behörden zu erhebenden Gebühren und Auslagen (z. B. Eichung und Befundprüfung von Messgeräten) geregelt.

Als Ergänzung zum MessEG und zur MessEV rundet die Verordnung das Paket zur Modernisierung des Mess- und Eichrechts ab.

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