In den vergangenen Jahrzehnten stand den Anschlussnutzern ein gut dimensioniertes Verteilnetz zur Verfügung, wobei dieses stets auf den statistisch durchmischten Leistungsbezug traditioneller Haushalte ausgelegt wurde. Durch die Verkehrs-, Wärme- und Energiewende verändert sich jedoch das Verhalten der Anschlussnutzer. Daraus resultieren geänderte Anforderungen an das Stromnetz: einerseits durch den überproportionalen Ausbau dezentraler Erzeugungsanlagen, andererseits durch den Hochlauf der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, deren Zeitverlauf kaum konkret vorhersehbar ist.
Ziel des VDE FNN Impulses „Berücksichtigung von Flexibilitäten in der Netzplanung“ ist es, zwei Szenarien und deren Auswirkungen auf den Netzplanungsprozess aufzuzeigen, damit durch den Einsatz von Flexibilitätspotenzialen ein technisch-wirtschaftlich optimierter Verteilnetzbetrieb bereits im Planungsprozess angestrebt werden kann. Der Fokus des Dokuments liegt auf der Niederspannungsebene.
Da Investitionen in die Netzinfrastruktur mehrere Jahrzehnte greifen müssen, gilt es, zeitnah regulatorische Sicherheit zu schaffen. VDE FNN schlägt unter anderem die Definition einer Erheblichkeitsschwelle vor.
Das Wichtigste in Kürze
- In Szenario 1 wird angenommen, dass die Steuerung von Flexibilitäten nur übergangsweise bis zum erfolgten Netzausbau möglich ist. Das bedeutet, dass im Zielbild das Stromnetz auf Leistungsspitzen ausgelegt wird.
- Szenario 2 sieht in einem definierten Rahmen auch die langfristige Nutzung von Flexibilitäten im aktiven Netzbetrieb vor. Dadurch ist es im Rahmen der Netzplanung möglich, eine reduzierte Leistung für die Auslegung der Stromnetze zu Grunde zu legen.
- Die Voraussetzungen für beide Szenarien sind die Kenntnis einer Zielleistung bzw. des jeweiligen flexiblen Anteils je Netzanschluss, die Beobachtbarkeit des Netzes sowie die Steuerbarkeit der einzelnen steuerbaren Erzeugungsanlagen und Verbrauchseinrichtungen.
- Grundsätzlich ist es technisch möglich, auf einen Leistungsanstieg mit Netzausbau angemessen zu reagieren. Es bleibt aber großes Flexibilitätspotenzial ungenutzt, sodass es langfristig nicht wirtschaftlich tragfähig ist.
- Das Ziel sollte daher eine technische und wirtschaftliche Optimierung für effiziente Verteilnetze sein. Als Teil davon sollte eine bedarfsgerechte, zukunftsfähige Netzplanung darauf abzielen, Leistungsspitzen zu begrenzen und im Sinne der Nachhaltigkeit für möglichst hohe Jahresbenutzungsstunden zu sorgen.