Zu den systemstützenden Eigenschaften gehört die netzsicherheitsbasierte Primärregelung für Erzeugungsanlagen, Speicher und kontinuierlich regelbare Lasten. Sie ist die nationale Umsetzung des LFSM-O/U Betriebs, welche laut Connection Code Requirements for Generators (RfG) gefordert wird. Die netzsicherheitsbasierte Primärregelung ersetzt das „Fahren auf der Kennlinie“ im Über- und Unterfrequenzbereich.
Bei der netzsicherheitsbasierten Primärregelung handelt es sich wie der Name bereits verspricht um eine Primärregelung, die beim Überschreiten bzw. Unterschreiten des Frequenzbandes von 50 Hz ± 200 mHz aktiviert wird mit dem Ziel den Gradienten der Frequenz auf Null auszuregeln. Sie unterscheidet sich ganz wesentlich von der bisher in den TAR etablierten P(f)-Regelung („Fahren auf der Kennlinie“). Bei der Netzsicherheitsbasierten Primärregelung werden nämlich anders als bisher die Wirkleistungsstellgeschwindigkeiten der Erzeugungsanlagen auf eine definierte Schwungmasse abgestimmt. Bei konventionellen Kraftwerken und Anlagen mit netzbildenden Umrichtern handelt es sich hierbei um die eigene Schwungmasse. Netzfolgende umrichterbasierte Anlagen bringen selbst keine eigene Schwungmasse mit. Vielmehr benötigen sie für einen stabilen Betrieb die Schwungmasse des Systems – also jene anderer netzbildender Anlagen - auf welche die Netzsicherheitsbasierte Primärregelung abgestimmt werden muss.
Betrachtet man hierbei den geschlossenen Regelkreis aus der Frequenzleistungsregelung und der Schwungmasse, ergibt sich bei korrekter Auslegung für Kleinsignal- und Großsignalstörungen ein in sich stabiles System. In dieser Kombination weist die Anlage somit die Eigenschaft der Eigenstabilität (hinsichtlich der Frequenz bzw. des Wirkleistungsverhaltens) auf. Das bedeutet, dass die Anlage für gewisse Störungen in der Lage ist sich selbst zu stabilisieren hinsichtlich der Spannungs- und Frequenzgrenzen, die für sie gelten. Auch die Summe solcher Systeme ist dann insgesamt stabil, was eine wesentliche Grundlage darstellt für das Beherrschen von großen Störereignissen, wie beispielsweise dem System Split, im deutschen Verbundsystem. Benötigt eine netzbildende Anlage mit einer großen realen oder virtuellen Schwungmasse aufgrund ihres schnellen Regelvermögens lediglich einen kleinen Teil dieser für ihre Eigenstabilität, so kann sie den übrigen Teil ihrer Schwungmasse den netzfolgenden Anlagen im System zur Verfügung stellen, damit diese stabil betrieben werden können.
Auch das frequenzgesteuerte Ab- und Zuschalten von Bezugsanlagen wie Wärmepumpen und unidirektionale Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge gehört zu den systemstützenden Eigenschaften. Kann die Primärregelreserve und die Netzsicherheitsbasierte Primärregelung das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Last nicht schnell genug wieder herstellen, fällt die Netzfrequenz zu stark ab und gelangt außerhalb der festgelegten Betriebsgrenzen. Im Falle einer Lastunterdeckung, kann die Frequenz daraufhin den Grenzwert von 49,0 Hz unterschreiten. In solchen Fällen, kam bisher als sogenannte Letztmaßnahme des Systemschutzplans der automatische unterfrequenzabhängige Lastabwurf (UFLA) zum Einsatz. Hierbei kommt es zum Abwurf eines oder mehrerer Versorgungsgebiete auf Verteilnetzebene, wodurch der Leistungsbezug großflächig reduziert werden konnte. Aufgrund der hohen Durchdringung von EE-Anlagen im Verteilnetz, werden diese EE-Anlagen zukünftig aber dadurch ebenfalls vom Netz getrennt und ihre wertvollen Fähigkeiten gehen für die Stützung des Systems während der Störung wie auch für die Wiederherstellung des Normalbetriebs verloren.
Eine selektive und diskriminierungsfreie Abschaltung von Lasten wird demnach durch die UFLA zukünftig nicht mehr in allen Netznutzungsfällen möglich sein. Die UFLA bleibt aber eine essenzielle Maßnahme des Systemschutzplans. Ihre Wirkung soll deshalb erhalten werden über die Festlegung einer frequenzgesteuerten Ab- und Zuschaltung in den Technischen Anschlussregeln für nicht kontinuierlich regelbare Bezugsanlagen (bspw. Wärmepumpen und Ladeeinrichtungen), da diese zukünftig einen großen Einfluss auf die Systemstabilität haben werden.
Wo werden die Fähigkeiten eingeführt?
Niederspannung | Mittelspannung | Hochspannung | Höchstspannung |
- MinAnf* über TAR Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz ab ca. 2027
| - MinAnf* über TAR Mittelspannung ab ca. 2027
| - MinAnf* über TAR Hochspannung ab ca. 2027
| - MinAnf* über TAR Höchstspannung ab ca. 2027
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*MinAnf: Mindestanforderung