FNN-Aktivitäten
Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN) hat 2011 bereits in der VDE-Anwendungsregel "Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“ (VDE-AR-N 4105) das 50,2 Hz-Problem für Neu-Anlagen berücksichtigt. Die VDE-AR-N 4105 sieht für PV-Anlagen und alle weiteren regelbaren Erzeugungsanlagen für Frequenzen zwischen 50,2 Hz und 51,5 Hz ein sogenanntes Kennlinienverfahren zur Wirkleistungssteuerung vor. Dabei wird die momentan erzeugte Wirkleistung unter Berücksichtigung eines Gradienten von 40 % bei einem Frequenzanstieg gesenkt bzw. bei einem Frequenzabfall gesteigert.
Nicht regelbare Erzeugungsanlagen dürfen sich alternativ zum Kennlinienverfahren innerhalb des oben genannten Frequenzbereiches vom Netz trennen. In diesem Fall stellen die Hersteller eine Gleichverteilung der Abschaltfrequenz in maximal 0,1 Hz-Schritten für jeden Anlagentyp sicher. Zudem beschreibt die VDE-AR-N 4105 verbesserte Zuschalt- und Wiederzuschaltverfahren.
Bestandsanlagen & SysStabV
Die installierte Leistung von dezentralen Erzeugungsanlagen war durch den rasanten Zubau schon vor der Veröffentlichung der angepassten technischen Richtlinien systemkritisch. Um die von den Bestandsanlagen ausgehende Gefährdung der Systemstabilität abzuwenden, trat am 26.07.2012 die Systemstabilitätsverordnung (SysStabV) in Kraft. Die SysStabV regelt die Nachrüstung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie (PV-Anlagen) mit einer installierten Leistung von mehr als 10 kW, um einen Wegfall systemrelevanter Einspeiseleistung bei Überschreiten der Netzfrequenz von 50,2 Hz zu verhindern.
Am 14. März 2015 trat eine geänderte Systemstabilitätsverordnung (SysStabV) in Kraft. Diese regelt die Nachrüstung von Windenergieanlagen, Biomasse- und Biogasanlagen, KWK-Anlagen und Wasserkraftanlagen, damit
ein Wegfall systemrelevanter Einspeiseleistung bei Unterschreiten der Netzfrequenz von 49,5 Hertz (Hz) (sogenanntes 49,5-Hz-Problem) verhindert wird.
Hintergrund
Die für die Systemstabilität des europäischen Verbundnetzes maßgebliche Größe ist die Netzfrequenz von 50 Hz. Kleine Schwankungen um diesen Wert sind normal und unproblematisch. Kritisch wird es nur, wenn ein großes Ungleichgewicht zwischen Energieerzeugung und Energieverbrauch herrscht. In diesem Fall liegt die Netzfrequenz deutlich über oder unter dem Nennwert von 50 Hz.
Die älteren technischen Richtlinien forderten bei Erreichen und Überschreiten einer Netzfrequenz von 50,2 Hz eine unverzügliche Trennung der Anlagen vom Stromnetz. Zu Zeiten starker regenerativer Stromeinspeisung schalten sich so im Extremfall mehrere Gigawatt an Leistung abrupt ab. Der auftretende Leistungssprung kann die europaweit vorgehaltene Primärregelleistung soweit übersteigen, dass die Leistungsfrequenzregelung die Netzfrequenz nicht mehr stabilisieren kann. Die Folge davon wären weiträumige Stromausfälle.
Zudem kann ein näherungsweise zeitgleiches Wiederzuschalten der dezentralen Erzeugungsanlagen bei einer Frequenzerholung zu einem erneuten Überschreiten der Frequenz von 50,2 Hz und damit zu einem erneuten Abschalten der Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz führen ("Jo-Jo"-Effekt).
Zudem wurde in älteren technischen Richtlinien gefordert, dass sich bei einer Unterfrequenz von 49,5 Hz Windenergie-, Biomasse-, Kraft-Wärme-Kopplungs- und Wasserkraftanlagen automatisch vom Netz trennen sollten.